Bruno Helmle bestritt später, derlei Äußerungen jemals gemacht zu haben. Die Angelegenheit war ihm so peinlich, dass er das Protokoll der Sitzung vom 20. Juli 1970 nachträglich ändern ließ. Die nachweislich gefallenen Äußerungen Helmles und Eyermanns sind in dem geänderten Protokoll nicht einmal mehr sinngemäß enthalten. Während Helmle versuchte, die Vorwürfe abzubiegen, fiel ihm Eyermann in den Rücken. In einer Pressemitteilung an den "Südkurier" vom 31. Juli 1970 bestätigte er die in der Sitzung gefallenen Sätze. Gesagt habe er sie aber nur, um die Verwaltung unter Druck zu setzen, "die Stadt von den Gammlern zu befreien".
Eyermann ließ keine Gelegenheit aus, die Ressentiments gegen sogenannte Gammler und Hippies weiter zu schüren. Für den 7. und 8. August 1970 stand wieder ein Rockkonzert an, und der NPD-Mann ließ in hoher Auflagenzahl ein Flugblatt in der Konstanzer Innenstadt verteilen, auf dem seine Meinung über die jugendlichen Pop- und Rockfans deutlich wurde: "… der Bürger muss sich gegen das arbeitsscheue und asoziale Gesindel der Berufsgammler auflehnen". Im gleichen Flugblatt bezeichnete Eyermann den DGB als "Schutzpatron der Gammler".
Das Ortsblatt "Südkurier" unternahm nichts, um die fehlgeleitete Diskussion in vernünftige Bahnen zu bringen. Den üblen Hasstiraden und Gewaltaufrufen Walter Eyermanns wurde kaum etwas entgegengesetzt. Die Kluft, die sich da auftat zwischen angeblich sauberen und anständigen Bürgern und den "langhaarigen, asozialen Elementen" wurde sogar noch bewusst durch verfälschte Berichterstattung vertieft. Angeblich, so der Südkurier am 21. Juli 1970, sei ein Konstanzer Bootsführer von einem "Gammler in den See gestoßen" worden. Einige Tage später stellte sich heraus, dass es der Bootsführer war, der einen "Gammler" an den Haaren gepackt und ihn in den See geworfen hatte.
Obwohl es am 7. und 8. August 1970 ununterbrochen regnete, kamen etwa 10.000 Jugendliche zu dem Open-Air-Konzert. Die ursprüngliche Absicht der Veranstalter, das Festival im Bodensee-Stadion durchzuführen, stieß auf massiven Protest großer Teile der Bevölkerung und des Konstanzer Gemeinderats. Also stellte man den Veranstaltern das Klein-Venedig direkt am Bodensee zur Verfügung. Das Konzert verlief friedlich, es kam zu keinen nennenswerten Vorfällen. Nach dem Festival blieben einige Jugendliche in der Stadt und nächtigten am Blätzleplatz oder im Konstanzer Stadtgarten. Wo sollten sie auch sonst hin? Die Stadt reagierte und beauftragte die Polizei, den Blätzleplatz in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken und mittels Wasserstrahl von den herumliegenden Schlafsäcken und Jugendlichen zu "reinigen".
Der Mord an Martin Katschker
0 Kommentare verfügbar
Schreiben Sie den ersten Kommentar!