Der Trend geht schon länger nach unten. Gerade noch 50 junge Leute will der Festo-Konzern in diesem Jahr an seinen Standorten in Esslingen und im Saarland eine Ausbildungsstelle bieten. Vor drei Jahren waren es noch 112. Seitdem sank die Zahl, doch so wenig wie nun angekündigt waren es noch nie. "Und dass in einer wirtschaftlich starken Phase", sagt Kaja Helbig, Betriebsratsvorsitzende in Esslingen.
Tatsächlich erscheint die Entwicklung wenig nachvollziehbar, denn dem Hersteller von Steuerungs- und Automatisierungstechnik, international ein Big Player in diesem Bereich, gehe es gut, so Helbig. Weltweit halte Festo die Anzahl der Ausbildungsplätze bei 500. Die reduzierten Plätze in Deutschland gehen also nach China, Indien, Ungarn. "Diese Verlagerung lässt uns Schlimmstes befürchten", sagt Max Czipf, Jugendsekretär der IG Metall Esslingen. Nämlich, dass der Konzern seine Zukunft nicht in erster Linie in Deutschland sieht. Dafür spricht auch ein anderer Trend: In den vergangenen Jahren, so Helbig, seien KollegInnen, die Festo verlassen haben, nicht ersetzt worden. So habe man am Standort Esslingen in den vergangenen Jahren etwa 500 Arbeitsplätze verloren.
"Das stinkt gewaltig", sagt Marcel Diaw, Vorsitzender des Konzernbetriebsrates bei einer Online-Pressekonferenz. "Zumal uns schon aktuell Fachleute fehlen." Ihn irritiert zudem, dass der Vorstand von Festo auf die Proteste der Belegschaften in Esslingen (5.000 Beschäftigte) und im Saarland (2.600 Beschäftigte an drei Standorten) kaum reagiere. "Das ist ungewöhnlich." Man habe von der Firmenspitze ein Bekenntnis zum Standort Deutschland gefordert. Passiert ist bislang nichts. Dass qualifizierte MitarbeiterInnen sowohl jetzt als auch in Zukunft benötigt werden, zeige ein Blick auf die Altersstruktur. "Auch bei uns werden in den nächsten Jahren viele Mitarbeiter der geburtenstarken Jahrgänge ausscheiden." Die Frage laute also: Was will der Konzern global gesehen? Doch eine Antwort gibt es nicht, auch eine entsprechende Kontext-Anfrage ließ die Pressestelle von Festo unbeantwortet.
Weniger Ausbildung, weniger Bewerber
Ausbildungsstellen zu reduzieren, erscheint angesichts des Rufs nach Fachkräften aus nahezu allen Branchen ziemlich irrational. Von Arbeitgeberseite wird gerne angebracht, dass es zu wenig qualifizierte BewerberInnen gebe. Und tatsächlich scheint Corona SchulabgängerInnen zu bremsen. So konstatierte die Agentur für Arbeit Baden-Württemberg im November vorigen Jahres, dass zum 30. September 10.174 Stellen unbesetzt geblieben sind – deutlich mehr als im Jahr davor. Offenbar verschieben viele junge Leute ihre Ausbildung. Was wiederum bedeutet, dass in den nächsten Jahren deutlich mehr Ausbildungsplätze benötigt werden.
0 Kommentare verfügbar
Schreiben Sie den ersten Kommentar!