"Sehr ernst" nehme das Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) "seine Rolle als Ratgeber von Politik und Praxis", informiert der Wirtschaftswissenschaflter Klaus F. Zimmermann in der Jubiäumsbroschüre von 2013, die 15 Jahre IZA und 60 Jahre Klaus F. Zimmermann feierte. Wenngleich der Mann, der dem Institut seit Gründung 1998 bis Anfang 2016 als Direktor vorstand, mit zahlreichen Talenten glänzen kann: Bescheidenheit gehört nicht dazu. So vermochte das IZA laut Zimmermann, "die ihm zugedachte Rolle als Speerspitze des arbeitsökonomischen Fortschritts (...) rasch mit großem Erfolg aus(zu)füllen."
Welches Menschenbild das international renommierte und einflussreiche Institut dabei pflegt, wird etwa an den Forderungen für eine "familienfreundlichere Arbeitswelt" deutlich. "Erhebliche Humankapitalressourcen junger Frauen werden bislang missachtet", ist dort zu lesen, und das, weil viele Mütter nach Ansicht des Instituts noch nicht genug Lohnarbeit leisten. Daher zeigen die Experten die "erheblichen Beschäftigungspotenziale" auf, die sich verwirklichen ließen, wenn sich die Regierung endlich um den "Nachholbedarf hinsichtlich arbeitnehmerorientiert flexibilisierter Arbeitszeiten" kümmern würde. Ein bemerkenswerter Kunstgriff ist es, ein angeblich flexibilisiertes, sprich: dereguliertes, Arbeitsrecht als Interesse der Beschäftigten zu präsentieren. Ähnlich argumentiert auch Christoph M. Schmidt (<link https: www.kontextwochenzeitung.de politik weniger-ist-mehr-5632.html internal-link-new-window>Kontext berichtete), der als Vorsitzender der sogenannten Wirtschaftsweisen die Bundesregierung berät, die Arbeitszeiten ebenfalls deregulieren möchte, und ein "Research Fellow" des IZA ist - was sich wörtlich als Forschungs-Kumpel übersetzen lässt, aber einen wissenschaftlichen Mitarbeiter meint.
Verfolgtes Ansinnen: "politische Kurskorrektur"
Davon gibt es inzwischen 1 300 beim IZA, das sich selbst als "weltweit agierender und bestens vernetzter Think Tank" bezeichnet. Die Einrichtung zeigt sich nicht nur stolz auf ihre Kontakte, sondern auch ihren Einfluss. So veröffentlichte das IZA, wie es in seinen eigenen Worten heißt, 2002 ein "detalliertes Arbeitsmarktprogramm zu allen relevanten Reformfragen" und zeichnete damit nach eigener Einschätzung eine "politische Kurskorrektur für Deutschland vor", der "die Politik in einigen Teilen später gefolgt ist." Außerdem beschreibt eine Broschüre des Instituts, wie "auf Initiative des IZA" im Jahr 2013 "rund 300 namhafte Ökonomen" in der Debatte um die Agenda 2010 einen öffentlichen Aufruf unterzeichneten, "mit dem Ziel, die Reformkräfte breit zu unterstützen." Diese Initiative zähle "bis heute zu den eindrucksvollsten Stellungnahmen der deutschen Wirtschaftswissenschaftler im politischen Reformprozess", schreibt das IZA, "und verhallte nicht ungehört".
2 Kommentare verfügbar
Andromeda Müller
am 01.02.2019Und was ist mit der angesprochenen Dunkelziffer und der redaktonellen präventiven Selbstzensur ?