Weitere zehn Monate später wechselte der Eigentümer das Centermanagement aus. Der Designsupermarket ist inzwischen schon wieder Geschichte. "Goodbyeourloves!", lautet der letzte Eintrag auf der Facebook-Seite vom September 2016. Dafür gibt es im Gerber Upstairs nun nachhaltigen Edelkaffee, Barfußschuhe, Wohnaccessoirs aus Kopenhagen, Naturkosmetik, einen veganen Laden mit Nischenprodukten und Krimskrams für Liebhaber.
Wohin mit dem Versicherungsgeld? Investiert in Shoppingmalls
Und nach wie vor Pop-Up-Boxen, für alle, die ausprobieren möchten, wie ihre Ware an diesem Ort ankommt. Bereits seit acht Monaten ist das Traditionsgeschäft Korbmayer da. Für eine Woche im Januar hat ein Startup aus Rotterdam und Esslingen den Store genutzt, um auf seinen Online-Handel mit Schreinermöbeln aufmerksam zu machen. Jetzt hat eine Modeschule ein Pop-Up-Atelier eröffnet.
Einige Schaufenster sind dicht. Demnächst eröffne ein neuer Laden, steht dort zu lesen. Dass es nicht mehr sind, hat nicht viel zu sagen. Denn bevor der Manager die halbe Mall leer stehen lässt, wird er die Läden lieber billig vermieten, etwa an junge Designer, die zwar kein Geld haben, aber Kundschaft ins Haus locken. Ohnehin bringen Aldi und Edeka unten oder H&M auf gleich zwei Etagen viel mehr Geld in die Kasse. Aber lohnt sich das Geschäft für den Betreiber der Mall? 250 Millionen Euro hat die Württembergische Lebensversicherung in das Einkaufszentrum investiert. Das muss wieder reinkommen.
Warum reißt Deutschlands älteste Lebensversicherung, 1833 gegründet als Allgemeine Rentenanstalt Stuttgart (ARA), ihren Hauptsitz ab, um für 250 Millionen eine Shoppingmall zu errichten? Lange Zeit schienen Lebensversicherungen ein bombensicheres Geschäft zu sein. "Gesichertes Einkommen bis ins hohe Alter", warb die ARA früher. Ganz so sicher waren sich die Einleger freilich nicht immer gewesen. Bereits fünf Jahre nach der Gründung, seinerzeit in Form eines Vereins, kam es zum Streit.
Versicherer werden steinreich und die Renten mager
"Unsicherer Gewinn der Theilnehmer bei großem Vortheile der Direktoren", schreibt 1838 der Tübinger Staatswissenschaftler Robert von Mohl in einer Untersuchung zu dem Fall. "Tausende also verlassen sich darauf, hier eine sichere Unterkunft für ihre Kapitalien und eine reichliche Auskunft für ihr eigenes höheres Alter oder eine Versorgung für Kinder und Witwen gefunden zu haben", so beschreibt Mohl treffend die Erwartungen der Einleger, die offenbar enttäuscht wurden. Der Fall der ARA kam vor Gericht. Die Kläger erhielten Recht.
In jüngerer Zeit profitierten die Lebensversicherungen lange Zeit von einem unschätzbaren Vorteil. Während die gesetzliche Rentenversicherung nach dem Umlageverfahren organisiert ist, also alles, was die Versicherten einzahlen, direkt an die Rentner weitergereicht und damit niemals Kapitalien angesammelt werden kann, arbeiten die privaten Versicherungen immer mit ihrem Kapital. Ein Konstruktionsfehler, der dazu führt, dass die Renten immer magerer werden und die Versicherungen immer reicher.
Noch nie ist in Deutschland eine Versicherung pleite gegangen. Steigt das Risiko, erhöhen die Versicherer die Prämien. Zusätzlich sind sie noch bei der Munich Re, wie sich die Münchner Rück heute lieber nennt, rückversichert. Da kann nichts schiefgehen. Und natürlich verbietet ihnen niemand, Gewinn zu machen. Und so entsteht ein drängendes Problem: Wohin mit dem Geld?
5 Kommentare verfügbar
Fred Heine
am 13.02.2017Die Menschheit ist gerettet!