Dennoch: Anders als der "Focus" suggeriert, wird die "SuedLink"-Trasse keine Vorgärten in Siedlungen durchschneiden. Die Verbindung zwischen Wilster und Grafenrheinfeld ist als Pilotprojekt für Teilerdverkabelung ausgewiesen. In Teilabschnitten sollen die Kabel unter der Erde verlaufen, etwa bei zu geringen Abständen zu Wohngebieten. An welchen Abschnitten auf Erdkabel zurückgegriffen wird, "ist Gegenstand der weiteren Planungen", heißt es bislang. Sicher ist, dass Verbuddeln viel kostet. "Abhängig von der Topografie ist Erdverkabelung vier- bis achtmal so teuer wie eine Freileitungstrasse", sagt die Sprecherin von TransnetBW. Auch ist der Eingriff in die Landschaft viel größer. Für die parallele Verlegung der beiden "SuedLink"-Leitungen muss ein bis zu 40 Meter breiter Korridor von Bäumen und Gebüschen gerodet werden. Im Anschluss an die Bauphase kann die Trasse in der Regel wieder landwirtschaftlich genutzt oder begrünt werden. Allerdings muss der Kabelgraben von tief wurzelnden Gehölzen freigehalten werden.
Auch Debatten über mögliche Gesundheitsgefahren durch elektrische und magnetische Felder, meist als Elektrosmog bezeichnet, sind häufig emotional gefärbt. In den 80er-Jahren deuteten epidemiologische Studien auf ein erhöhtes Leukämierisiko bei Kindern hin, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen wohnten. Seitdem sind die gesundheitlichen Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf den Menschen immer wieder Forschungsthema, bestätigt das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ). Bis erste aus wissenschaftlicher Sicht belastbare Ergebnisse vorlagen, vergingen jedoch rund 20 Jahre. "Forscher gehen im Moment davon aus, dass ein Krebsrisiko durch elektromagnetische Felder nicht nachgewiesen ist", sagt das DKFZ. Endgültige Entwarnung gibt das Heidelberger Zentrum jedoch nicht. "Die Forschung kann jedoch auch nicht als abgeschlossen bezeichnet werden."
Auch wurden Studien, die einen Zusammenhang von Gleichstrom und Leukämie im Kindesalter untersucht haben, bisher nicht durchgeführt. Gleichwohl stellt die deutsche Strahlenschutzkommission (SSK) in ihrer Empfehlung aus dem Jahr 2008 fest, dass "Gleichfelder grundsätzlich biologisch weniger effizient als Wechselfelder sind". Auch das Bundesamt für Strahlenschutz betont, dass biologische Effekte und damit unmittelbare gesundheitliche Wirkungen statischer Felder nur bei sehr hohen Magnetfeldstärken bekannt sind. "Bei den niedrigen Magnetfeldstärken in der Umgebung von HGÜ-Leitungen oder Konvertern sind daher keine gesundheitlich negativen Wirkungen zu erwarten", so das BfS.
Noch gibt es keine Bürgerinitiativen in und um Heilbronn
Am baden-württembergischen "SuedLink"-Ende in Leingarten blickt man der langen Leitung derweil gelassen entgegen. "Derzeit ist alles ruhig", schildert der parteilose Bürgermeister Ralf Steinbrenner die Stimmung in dem 11 000-Einwohner-Städtchen. Bürgerinitiativen gegen die Leitung haben sich bislang weder vor Ort noch im übrigen Heilbronner Unterland gegründet. "Das ist wie bei Stuttgart 21, solange noch nicht gebaut wird, interessiert es die wenigsten", meint der Schultes. Sobald die Pläne auf dem Tisch lägen – Netzbetreiber TransnetBW will Ende des Jahres einen Trassenentwurf veröffentlichen –, werde Protest hörbar werden, glaubt Steinbrenner.
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Winfried Plesch
am 09.06.2015