Um die Energiewende in seiner Heimat voranzutreiben, will Andreas Markowsky hoch hinaus. Seit der Jahrtausendwende baut der Chef der Freiburger Ökostromgruppe kirchturmhohe Windräder auf den Gipfeln des Südschwarzwalds. Inzwischen produzieren dort 30 seiner Rotoren CO2-frei Strom. Doch das bislang größte Projekt des Windkraftpioniers stockt: Die Pläne für ein 200 Meter hohes Windrad nahe dem Freiburger Hausberg Schauinsland, das einen ganzen Stadtteil der Breisgaumetropole klimaschonend mit Strom versorgen könnte, liegen auf Eis. Wegen eines Wanderfalkenpaars, das seit Jahren in der Nähe nistet, freilich ohne bislang Nachwuchs aufgezogen zu haben. "Wir hätten schon längst einen Ersatzhorst weiter entfernt eingerichtet", verzweifelt der Planer. Darf er aber nicht. Die Behörden prüfen seit Jahren, ob Tier und Technik sich vertragen.
Das langwierige Verfahren ist kein Einzelfall, sagen Projektplaner. Und es hat Folgen: Während bundesweit Windenergie boomt und jährlich Tausende neuer Anlagen ans Netz gehen, herrscht im Südwesten der Republik Flaute. 1766 neue Rotoren wurden im vergangenen Jahr in Deutschland errichtet, mit 455 die meisten in Schleswig-Holstein. In Baden-Württemberg nahmen dagegen nur sieben Anlagen den Betrieb auf, so wenig wie in keinem anderen Flächenland. Selbst im "windkraftkritischen" Nachbarland Bayern wurden 154 Windmühlen fertiggestellt.
Bundesweit sind derzeit 24 867 Anlagen mit 38 115 Megawatt Leistung am Netz. Doch im Südwesten kommt bislang kaum heimischer Windstrom aus der Steckdose. Zwischen Main und Bodensee drehen sich nur 393 Windräder mit einer Leistung von 560 Megawatt, die ein mageres Prozent des Stroms liefern. Bei Windenergie belegt das "Musterländle" den vorletzten Platz unter den Flächenstaaten. Nur im kleineren Saarland drehen sich weniger Windmühlen (113), ebenso in den Stadtstaaten Bremen (84), Hamburg (54) und Berlin (2). Spötter dichteten den offiziellen Werbeslogan von Baden-Württemberg schon um: "Wir können alles. Außer Windkraft."
Die Schwäbische Alb ist die Wiege der Windkraft
Dabei steht die Wiege der modernen Windkraft hier: In den 50er-und 60erJahren entwickelte der Flugingenieur Ulrich Hütter an der Universität Stuttgart die ersten Windkraftanlagen in Leichtbauweise mit Propellerflügeln aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Auf einem Testfeld auf der Schwäbischen Alb erprobte er die Vorbilder heutiger Rotoren. Heute ist die Energieform für die hiesige Wirtschaft ein lohnendes Geschäftsfeld. Zu den mehr als 300 Zulieferbetrieben gehört der Heidenheimer Technologiekonzern Voith, der anspruchsvolle Rotorenantriebe fertigt. Die Anlagen sind auch für Dienstleister ein Exportschlager. Das Projektbüro Sowitec, zu Hause in Sonnenbühl auf der Schwäbischen Alb, plant weltweit Hunderte Windkraftprojekte.
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Tillupp
am 18.05.2015