Im Wohnzimmer von Landwirt Alfred Kaltenbach herrscht dicke Luft an diesem Septembertag 2017. Vierzehn gestandene Bauern sitzen am runden Holztisch, mit verschränkten Armen, misstrauisch, abwartend. Wenn es Probleme gibt, kämpft eigentlich jeder für sich. Aber Alfred Kaltenbach, 64, Landwirt in Kleinstadelhofen bei Ostrach hat sie heute zusammengetrommelt. Es geht um die Zukunft ihrer Höfe. Allesamt bewirtschaften sie mittelgroße und kleine Betriebe. So wie Alfred Kaltenbach. Er hält 40 Mastrinder und 25 Milchkühe. Er kennt jede einzelne Kuh und ruft sie mit Namen, wenn er sie von seinen Weiden holt. Aber von der Milchwirtschaft allein können Betriebe dieser Größe nicht mehr existieren. Das Gespenst des Höfesterbens sitzt jedem im Nacken. Und jetzt soll sechs Kilometer von hier ein 1000-Kühe-Stall gebaut werden.
Dieser Schritt in Richtung Industrialisierung der Landwirtschaft treibt die Anwesenden nicht erst seit gestern um. Dass die sogenannte "Agroindustrie" vor ihrer Nase ganze Landstriche verändert, ärgert sie seit Langem. Auch ohne 1000-Kühe-Stall. Jeder am Tisch klagt über Schäden, die er durch diese Entwicklung hinnehmen muss. In der Öffentlichkeit will keiner von ihnen namentlich genannt werden. Weil sie soziale Anfeindungen für sich und ihre Familien fürchten. Einer zieht sein Laptop hervor. Er ist Mitte vierzig, moderner Haarschnitt, die Felder seines Hofes bewirtschaftet er nach ökologischen Richtlinien. Er klickt Fotos an. Jungpflanzen in zartem Grün ersaufen regelrecht in Gülle. Verärgert erklärt der Biolandwirt, dass auf seinem Nachbargrundstück einfach zu viel Gülle ausgefahren wird. Die tonnenschweren Spezialfahrzeuge graben sich bei jedem Wendemanöver tief in seine Biofelder. Mit einem 1000-Kühe-Stall, so die Befürchtung, wird das alles noch schlimmer.
4 Kommentare verfügbar
Kornelia .
am 13.11.2018Freiheit für die Güter! (Kotz)
Ich war ja immer schon dafür: den kleinen…