So nah und doch so fern: 450 Kilometer ist die deutsch-französische Grenze lang, 180 davon die mit Baden-Württemberg. Doch das Wissen über den 40-jährigen Gründer von "La République en Marche" (LREM) diesseits des Rheins ist eher geprägt von Einäugigkeit, Schönfärberei und der ebenso populären wie schrägen Vorstellung, dass einer irgendwie doch recht haben muss, wenn seine Reformagenda so lang und so einschneidend ist.
Allen voran geht Macron nun auch in Sachen Staatsbahn. In nur 20 Tagen wollte der Präsident seine Reform des staatlichen Eisenbahnwesens durchpeitschen. Die Ausgestaltung sei noch nicht beendet, schob seine Verkehrsministerin Elisabeth Borne allerdings während der zweiten Streikwelle gegen das Vorhaben nach. Vorbild ist auf jeden Fall die Deutsche Bahn, der Bahnverkehr soll nach EU-Vorgaben insgesamt für Konkurrenz geöffnet werden. Ab wann, ist wieder unklar. Auch die Verschärfung der Arbeitsbedingungen für Neu-Eingestellte, die nicht mehr von den traditionell weitreichenden Privilegien profitieren dürfen, könnte abgeschwächt werden. Wobei es bleibt, ist, dass das mit rund 50 Milliarden Euro verschuldete Unternehmen profitabler werden muss. Schulden übrigens, die erstens schon das Ergebnis mehrerer Reformen und zweitens nicht zuletzt deswegen aufgelaufen sind, weil – politisch vernünftig und gewollt – Verkehr von der Straße und aus der Luft auf die umweltverträglichere Schiene umgelenkt wurde.
Neo-, nicht sozialliberal
Beifall jedenfalls spenden viele dem Hausherrn im Pariser Elysée. Von Winfried Kretschmann, der sich für seinen Europadialog ausdrücklich den selbsternannten Impulsgeber zum Vorbild genommen hat, bis zu Martin Schulz, dem untergegangenen Stern der Sozialdemokratie. Parteiübergreifend werden der Tatendrang des Franzosen gerühmt und seine Weltläufigkeit – weil er Reden auf Englisch hält. Und dann gibt es da noch dieses große Missverständnis – zu finden in "FAZ", "Handelsblatt" und taz –, bei dem früheren Wirtschaftsminister des sozialistischen Präsidenten François Hollande handele es sich um einen "Sozialliberalen".
2 Kommentare verfügbar
Andromeda Müller
am 15.04.2018Jetzt kommt er mal ausnahmsweise nicht so gut weg , dieser "visionäre Europäer" .