Zwischen dem Großflughafen-Projekt in der Bretagne und dem Tunnelbahnhof-Projekt in Stuttgart gibt es so manche Gemeinsamkeiten, und oft wurden die beiden Vorhaben in der Vergangenheit auch miteinander verglichen. Auf der einen Seite ein Befürworter-Lager, dessen Argumente von Zukunftsfähigkeit einer Region, wirtschaftlichem Aufbruch, Unmengen neuer Jobs und besserer Verkehrsanbindungen mitunter Heilsversprechen glichen, auf der anderen Seite eine zähe, langlebige Protestbewegung, die diesen Versprechen die ungeheuren Schäden für wertvolle landwirtschaftliche Flächen und unberührte Naturräume gegenüber stellte, die hinter "Unumkehrbar"-Argumenten vor allem mächtige Kapitalinteressen sah.
4000 Beamte für den Tag X
Die Flughafengegner unterlagen mit ihren Klagen immer wieder vor Gericht, bei einem Volksentscheid im Département Loire-Atlantique im Juni 2016 erhielten die Projektbefürworter rund 55 Prozent der Stimmen (rund 58 Prozent waren es im November 2011 in Baden-Württemberg bei der Volksabstimmung über die Landesbeteiligung an S 21). Polizeieinheiten zur Räumung des riesigen Protestcamps am "Tag X" standen Anfang dieses Jahres schon bereit, rund 4000 Beamte mit schwerem Gerät waren zusammengezogen worden. "Le fromage est mangé", hätte Winfried Kretschmann wohl gesagt, wäre er französischer Regionalpolitiker. "Der Käs' isch gesse."
Dass die Projektgegner in Frankreich am Ende doch siegten, lag nicht zuletzt daran, und hier kommen wir zu den Unterschieden, dass noch kein bisschen gebaut war und sie die Baufläche, rund 16 000 Hektar, bis zum Schluss besetzt hielten, auch nach gewaltsamen Polizeieinsätzen immer wieder zurückkehrten. "Zone à Defendre" (zu verteidigendes Gebiet) nannten sie die besetzte Fläche, sich die behördliche Abkürzung ZAD ("Zone d'Amenagement Differée", deutsch etwa "Fördergebiet") zu eigen machend.
Über Präsident Macrons Motivation, das Projekt nun doch noch zu beenden, mag neben den offiziellen Regierungsverlautbarungen munter gerätselt werden: Macrons Erfolg basiert stark auf Charisma, Symbolpolitik, kurzfristig wirkende Bilder und Worte. Daher wird gemutmaßt, dass er die Bilder scheute, die eine Räumung des riesigen Protestcamps mit Polizeigewalt mit sich gebracht hätte. Das wäre dann, so richtig man die Entscheidung finden mag, vor allem opportunistische Politik.
Hulot ist nicht Hermann
Ein anderer Interpretationsansatz geht dahin, dass sich der französische Präsident als Klimaretter inszenieren will, wozu der Bau eines Großflughafens, der dem extrem klimaschädlichen Flugverkehr Auftrieb geben soll, nicht recht passt. Eine Interpretation, zu der auch die Ernennung des bekannten Umweltaktivisten Nicolas Hulot zum Umweltminister passt, der schon lange als Gegner des Flughafens bekannt ist. Rücktrittsdrohungen Hulots bei einer Entscheidung für den Flughafen könnten eine Rolle gespielt haben, vielleicht hatte Hulot auch schon das Projektaus zur Bedingung seines Kabinettseintritts gemacht. An Rücktrittsdrohungen Winfried Hermanns, der vor seiner Zeit als Landesverkehrsminister wortmächtiger S-21-Kritiker war, kann man sich nicht erinnern.
5 Kommentare verfügbar
Peter Meisel
am 27.01.2018Als erfahrener Segler, werde ich die Segel reffen, Position bestimmen und die Luken schließen, denn ich erwarte ein Unwetter!
Diese…