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Stadt der Gesichtslosen

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Sie fristen ein Schattendasein in Calais. Flüchtlinge aus ganz Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten sowie aus Asien stranden auf ihrem beschwerlichen Weg nach Großbritannien in der Stadt am Ärmelkanal. Unser Fotograf Chris Grodotzki hat ein Flüchtlingslager besucht, kurz bevor es von der Polizei geräumt wurde.

<link http: kontext.photoshelter.com gallery-show g0000ala2dywcswy external-link-new-window>Wilkommen im African Squat – ein Mann steht Wache vor der alten Möbelfabrik in Calais. Inzwischen hat die Polizei das Quartier geräumt.

Man sieht sie nur, wenn man weiß, dass sie da sind. Doch sie sind die Kehrseite unseres privilegierten Kontinents, die Kratzer im Bild des "in Vielfalt geeinten" Europa. Junge Menschen aus Eritrea, Palästina, dem Iran oder dem Sudan, die auf der Suche nach einem besseren Leben alles riskieren. Das kleine Häufchen derer, die es ins Herz der "Festung Europa" geschafft haben: geflüchtet vor den Diktatoren ihrer Heimatländer, Kriegen und Bürgerkriegen oder schlicht vor der Armut. Ohne Wasser oder Nahrung lange Tage durch die brennende Hitze der Sahara, über Grenzen und Zäune, via Boot über das Mittelmeer oder tagelang unter Lastwagen geklemmt.

Sie sind sechzehn und wirken wie dreißig – junge Männer, die viel zu schnell altern mussten. Sie haben sich in verfallenen Industriebaracken eingenistet oder in sogenannten Jungle Camps – improvisierten Zeltlagern in den Dünen. Frauen und Kinder sieht man unter ihnen kaum, die Bedingungen in Calais sind für die meisten zu rau. Denn in der Vorzeigestadt mit Fährhafen und Eurotunnel wird viel Wert aufs Image gelegt. So ist in der Stadt dauerhaft eine Kompanie der Bereitschaftspolizei-Einheit CRS stationiert, deren Hauptaufgabe es ist, Menschen anderer Hautfarbe in den öffentlichen Anlagen auf gültige Papiere zu kontrollieren und Razzien an den bekannten Aufenthaltsorten der "Sans Papiers" zu machen.

Die Fotogalerie konzentriert sich auf den "African Squat", eine hauptsächlich von Sudanesen und Eriträern besetzte, verfallene Möbelfabrik und ihre Bewohner. Eine dritte Welt mitten in der ersten, Menschen in menschenunwürdigen Situationen, fragwürdige Polizeimethoden, aber auch stille Helfer. So kommen einige junge Aktivisten aus Frankreich, Deutschland und Großbritannien, wann immer sie können, nach Calais, um die Flüchtlinge zu unterstützen und Polizeirazzien zu dokumentieren. Willkommen in Europa, im Land des Wohlstands und der Freiheit – für alle mit den richtigen Papieren.

Der "African Squat" und ein weiteres besetztes Gelände in Calais wurden Ende Juni von der CRS und der französischen Grenzpolizei PAF endgültig geräumt.

<link http: kontext.photoshelter.com gallery-show g0000ala2dywcswy external-link-new-window>WEITER ZUR FOTOGALERIE

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