Bei der Landung des Jets seien ihm "fast die Ohren rausgeflogen", berichtet Luc Śkaille. Denn als einziger in dem kleinen Flugzeug durfte er keinen Gehörschutz tragen – während sich einer der drei Polizisten neben ihm, der die zweite rechtswidrige Abschiebung des freien Journalisten binnen weniger Tage begleitete, gerade ein Sandwich schmecken ließ.
Śkaille wollte im Sommer 2019 über den G7-Gipfel in Biarritz berichten, hatte dafür einen Auftrag des Freiburger Senders "Radio Dreyeckland". Doch etwa zwei Wochen davor, am 8. August, geriet er in der Nähe der ostfranzösischen Stadt Dijon, wo er damals schon seit drei Jahren lebte, in eine Verkehrskontrolle. Er wurde 24 Stunden in Gewahrsam genommen. Schließlich eröffnete man ihm, dass er ein "Gefährder" sein soll, dass für die Zeit vor und während dem Gipfel ein Aufenthaltsverbot für ganz Frankreich gegen ihn vorliege, und verfrachtete ihn daraufhin gefesselt, mit Blaulicht, 160 Stundenkilometern und bewacht von behelmten Polizisten in schwerer Montur zu den deutschen Kollegen nach Kehl. Dort habe man seinen Fall offenbar nicht ganz so ernst genommen, berichtet Śkaille im Gespräch mit Kontext. Denn in Empfang genommen wurde er von einem Beamten im Feierabendmodus, "mit Sandalen, einem blumigen Hawaii-Hemd und einem bauschigen Schnauzer".
Sollte er vor dem 29. August, also vor dem Ende des Gipfels, wieder nach Frankreich einreisen, so wurde dem Journalisten angedroht, dann drohe ihm eine Haftstrafe von drei Jahren. Śkaille ließ den Vorfall juristisch prüfen, mit einer Anwältin konnte er eine Eilentscheidung vor dem Pariser Verwaltungsgericht erstreiten. Und bekam recht: Das Vorgehen der französischen Behörden und das Aufenthaltsverbot waren illegal und dem Betroffenen wurde eine Entschädigung von 1.000 Euro zugesprochen. Also ging es zurück nach Frankreich, erst nach Dijon und schließlich ins Baskenland – wo Luc Śkaille am 21. August erneut festgenommen und ein zweites Mal abgeschoben wurde. Diesmal ging es per Jet nach Stuttgart, wo er, mit einem schweren Rucksack beladen, nicht am Terminal für Fluggäste rausgelassen wurde, sondern an dem für die Feuerwehr, ein paar Kilometer weiter an der Autobahn. "Ich durfte dann erst einmal eine gute Stunde herumspazieren", sagt er.
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am 08.12.2021Der Hauptverantwortliche für die Polizeigewalt und Pressezensur beim G20-Gipfel in Hamburg ist seit heute Bundeskanzler. Noch Fragen?