Das müsse sie auch gar nicht, wiederholte Bahnanwalt Peter Schütz in der Messehalle seine bekannte Argumentation, es gebe hierzu keine Regeln und Vorgaben, eine solche Simulation durchzuführen – was, erstaunlich genug, auch nicht falsch ist. Das Problem sei, fand Schütz, dass die Kritiker hier ihre eigenen Maßstäbe setzten, dass sie skandalisierten, dabei erfülle die Bahn alle Anforderungen, alles sei vom Eisenbahnbundesamt (EBA) genehmigt. Frank Distel von der Schutzgemeinschaft Filder verwahrte sich gegen den Vorwurf des Skandalisierens und bohrte weiter. Warum die Bahn nicht darauf eingehe, dass ein Worst-Case-Szenario im Tunnel nicht beherrschbar sei? Und ob man denn nicht aus dem ICE-Brand bei Montabaur gelernt habe? "Das sind nicht unsere Standards, die wir uns hier irgendwie schön saufen, sondern europaweit geltende", gab Schütz genervt zurück.
Warum keine Brand-Simulation?
Für eine bestechend einfache Erklärung sorgte dann irgendwann Florian Bitzer von der DB-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU): Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Zug im Tunnel einfach liegen bleibe, ohne zu brennen, "ist mit Abstand größer als ein Brandereignis." Daher werde nur ein eine Panne ohne Brand, also ein Kaltereignis, simuliert, so Bitzer. Eine Antwort, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muss.
So hitzig manche Wortwechsel waren, konnten sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Fildererörterung in Bezug auf ihre Bedeutung für S 21 eher als Kaltereignis gedeutet werden kann. Oder wahlweise auch als Phantomveranstaltung. Denn die dort erörterte Trassenführung der Gäubahn von der Rohrer Kurve zum Flughafen auf der S-Bahn-Strecke – die sogenannte "Antragstrasse" – gilt wegen ihrer vielen Mängel und der im vergangenen Jahr vom Bund lancierten Alternative eines Gäubahntunnels schon länger als so gut wie tot, als planerischer Zombie. Aber auch die Untoten können ja mitunter unangenehm werden, wie man aus dem Kino weiß.
Heiß erwartet wurde jedenfalls, was die Vertreter der Bahn zur Gäubahntunnel-Idee sagen, die Steffen Bilger, CDU-Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, im Juni 2020 aus dem Hut gezaubert hatte. Und zur Idee von Landesverkehrsminister Winfried Hermann, die Gäubahn über die alte Panoramastrecke an einen neu zu bauenden unterirdischen Ergänzungskopfbahnhof anzuschließen.
Bahn bescheinigt ihren Plänen Zukunftsfähigkeit
Was den Bilger-Tunnel angeht: Den findet die Bahn als Idee zwar im Prinzip nicht schlecht, er scheide aber wegen der erheblichen Mehrkosten aus – so die nicht jemand anderes als die Bahn komplett übernehme. Und abgesehen davon brauche man ihn auch gar nicht, weil die bisherige Planung ja so gut und ausgereift, so "überlegen" sei. Wie die gesamte S-21-Planung. Er halte fest, "dass wir keinen Antrag vernommen haben, der für uns in irgendeiner Form die Planung infrage stellt", sagte PSU-Vertreter Bitzer am Donnerstag. "Wir können feststellen, dass die Gäubahnführung über den Flughafen zukunftsträchtig ist. Nur diese Führung ermöglicht deutlich mehr Fahrgäste und eine Anbindung an den Deutschlandtakt."
3 Kommentare verfügbar
Arnold Weible
am 06.05.2021Das Projekt Stuttgart 21 wird genauso wie damals die These, dass die Erde im Mittelpunkt der Welt stehe, mit Klauen und Zähnen gegen alle rationalen Argumente verteidigt.
Und wie damals geht es nicht um Wahrheit, sondern…