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Würde und Bürde

Würde und Bürde

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Politiker, heißt es, sollen an Würde gewinnen, wenn ihre Positionen immer wichtiger werden. So gesehen müssten Winfried Kretschmann und Nils Schmid in ihrem Würde-Wert mächtig zugelegt haben. Das Editorial.

Kann jemand seine Würde verlieren, wenn er als illegal definiert wird, wenn er also ohne Papiere in Deutschland lebt, sozusagen ohne Identität? "Ich bin ein Geist", sagt Yassin, der seit 15 Jahren in Stuttgart ein Schattenleben führt. Susanne Stiefel hat den Algerier begleitet – und dabei Stuttgart mit seinen Augen gesehen. Mit den Augen eines Menschen, der nicht auffallen will, weil er nicht auffallen darf.

Es sind Bilder, die berühren und gleichzeitig aufrütteln. Der Weinstädter Fotograf Uli Reinhardt hat in den vergangenen Jahren in vielen Ländern dieser Welt Menschen um ihre Würde kämpfen sehen. Menschen, die erniedrigt werden, in Armut leben oder am Ende ihres Lebens stehen. Seine Fotos erzählen, bei aller existenzieller Dramatik, von der inneren Kraft, mit schlimmen Widrigkeiten des Lebens umzugehen.

Politiker, heißt es, sollen an Würde gewinnen, wenn ihre Positionen immer wichtiger werden. So gesehen müssten Winfried Kretschmann und Nils Schmid in ihrem Würde-Wert mächtig zugelegt haben. Doch die Hauptprotagonisten der neuen grün-roten Regierung in Baden-Württemberg dürften den politischen Alltag, der bald beginnt, häufig eher als Bürde erleben. Das meint zumindest ein ehemaliger Politiker, der Übung in so was hat. Dieter Spöri, in Zeiten der Großen Koalition in Stuttgart SPD-Wirtschaftsminister, formuliert in seinem Beitrag für die Kontext:Wochenzeitung eine klare Ansage: Nur durch äußerste und eiserne Koalitionsdisziplin könne und werde die neue Regierung bestehen. Die größten Bürden für seine Junior-Genossen und deren grüne Partner hat er natürlich auch benannt: Stuttgart 21, die EnBW und die Hardliner in der SPD.

Derweil nimmt das Stuttgarter Drama immer mehr Form an. Womit jetzt nicht die Regierung gemeint ist, sondern die neue Produktion von Regisseur Volker Lösch am Staatsschauspiel. Sabine Weissinger, die im Bürgerchor mitwirkt, schildert ihre Erfahrungen in einem ungewohnten Metier.

Zum internationalen Tag der Pressefreiheit sind am Dienstag Journalisten in Stuttgart auf die Straße gegangen. Josef-Otto Freudenreich hat sie begleitet und ihre Stimmungslage eingeordnet: Der Warnstreik ist die pure Notwehr gegen die Übergriffe der Verleger.

Für die Presse im In- und Ausland ist es natürlich das zentrale Thema: die Tötung des Al-Qaida-Chefs Osama bin Laden in Pakistan durch amerikanische Spezialeinsatzkräfte. In den USA gab es wilde Jubelszenen ob der gelungenen Rache am "Terrorfürsten", der für den Tod tausender Menschen verantwortlich war. Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte Präsident Barack Obama. Ist das rechtsstaatlich korrekt? Rainer Nübel schildert an zwei Fällen im deutschen Südwesten, wie im "Krieg gegen den Terror" rechtsstaatliche Prinzipien mitunter außer Kraft gesetzt werden.


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