Mit der Verve eines trotzig mit dem Fuß aufstampfenden Kindes wies dies im Namen der Stadt Stuttgart der grüne Baubürgermeister Peter Pätzold zurück. Nein, oberirdisch verbleibende Gleise seien absolut undenkbar, der Städtebau habe auf den frei werdenden Flächen Vorrang. Das war schon deswegen bemerkenswert, weil Pätzold ähnlich entschieden, damals noch als bekennender S-21-Gegner, im Jahre 2011 für schnellere Stadtentwicklungsmöglichkeiten warb – bei Beibehaltung der oberirdischen Gleise . Doch bemerkenswert war nicht nur die Flexibilität der oberen Stuttgarter Grünen (OB Fritz Kuhn sekundierte bei Gelegenheit), sondern auch, dass sie hier mit einigen ihrer Parteifreunde auf Bundes- und Landesebene über Kreuz lagen. Denn Hermanns Ministerium war für oberirdische Lösungen ebenso offen wie Matthias Gastel, der grüne Verkehrsexperte im Bundestag.
Die betonharte Position der Stadt Stuttgart mag dazu geführt haben, dass Hermann am 16. Juli im Stuttgarter Gemeinderat dann einen Plan präsentieren ließ, der bereits einen unterirdischen Kopfbahnhof, im rechten Winkel zum geplanten S-21-Bahnhof enthielt, also quasi eine Tieferlegung einiger der bestehenden Kopfbahnhofgleise. Begründung: Für die von der Bundesregierung im Rahmen einer Mobilitätswende anvisierte Verdopplung der Fahrgastzahlen bei der Bahn reiche S 21 in der bisherigen Form auf keinen Fall.
Das Erstaunliche: Der Einladung, die Idee eines solchen Ergänzungsbahnhof zu erörtern, folgte die Bahn ohne größeres Murren. Und so tagte am 22. Juli zum ersten Mal eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Land, Stadt, Region und Bahn. Ergebnisse waren damals für Spätsommer bis Herbst angepeilt, doch daraus ist nichts geworden. Es zieht sich. Bei der letzten Sitzung des S-21-Lenkungskreises am 11. November nannte Hermanns Ministerialdirektor Uwe Lahl als Ziel vage das Frühjahr, Stuttgarts OB Fritz Kuhn wiederum sprach von noch einem halben Jahr, was auf Mai hinauslaufen würde. Und auch auf eine neuerliche Kontext-Anfrage beim Verkehrsministerium kurz vor Weihnachten hieß es von der dortigen Pressestelle reichlich unkonkret, Ergebnisse werde es erst im kommenden Jahr geben.
Warum es sich so zieht, beantwortete das Ministerium folgendermaßen: Es müssten "zunächst vertiefte Nachfrageprognosen erstellt werden, um den langfristigen Infrastrukturbedarf bestimmen zu können". Das heißt im Klartext: Wie viele Menschen werden in Zukunft die Bahn nutzen – und hier gibt es ja bereits die Zielvorgabe der Verdopplung – und wie viele und wie geführte Gleise, was für eine Bahninfrastruktur braucht man dafür? Also schlicht eine Wiederholung oder Vertiefung von Hermanns Vorstoß. Und eigentlich eine Grundüberlegung, die man sich ganz am Anfang bei S 21 hätte machen können – wäre es je wirklich um ein Verkehrs-, und nicht um ein Immobilienprojekt gegangen.
1 Kommentar verfügbar
Dorothea Geiges
am 01.01.2020Danke für diesen Artikel!
Danke für den letzten Satz darin..... kurz und bündig!
Alles Gute für 2020 allen OBENBLEIBERN!