Wenigstens diese Überzeugungsarbeit hätte der hessische Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident Tarek Al-Wazir (Grüne) schon mal leisten können, seit die AfD im vergangenen Jahr in den Wiesbadener Landtag einzog: den Schwarzen klar machen, dass die bei ihnen so beliebte Gleichsetzung von rechts- und linksaußen reichlich simpel ist. Und obendrein unklug, weil sie der größten aktuellen Bedrohung, einem rüden Nationalismus, der die Grenzen zu Hass und Gewalt verletzt, in die Karten spielt. Aber nichts da. Selbst nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke bleibt die CDU bei ihrer Haltung. Dementsprechend stehen unter einer gemeinsamen parlamentarischen Entschließung nur CDU, Grüne, SPD und FDP. Dass die AfD ausgegrenzt bleibt, ist allen gemeinsam wichtig. Die Linke musste einen eigenen Antrag einbringen, weil die CDU jene Zusammenarbeit weiter ablehnt. Und um die AfD außen vor zu halten, ist auch die Linke ausgeschlossen aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium.
Hessen ist anders. Die parlamentarischen NSU-Untersuchungsausschüsse im Bund und in den Ländern, bisher 13 an der Zahl, wurden in der Regel fraktionsübergreifend eingesetzt. In Wiesbaden hatte die schwarz-grüne Landesregierung 2014, ohnehin reichlich spät nach der Enttarnung des NSU drei Jahre zuvor, lediglich eine "Expertenkommission" installiert. Parallel nutzten aber SPD und Linke das Minderheitsrecht der Opposition und setzen den Untersuchungsausschuss durch. Nach den Wiesbadener Regeln besetzen in einem solchen allerdings grundsätzlich die Regierungsfraktionen den Vorsitz, mit all den Möglichkeiten, Abläufe zu lenken, ZeugInnenauftritte zu gestalten, bis hin zum Recht, zeitlich unbegrenzt Fragen zu stellen.
Einem modernisierten, weil effizienteren Untersuchungsausschussgesetz nach dem Beispiel anderer Länder verweigert sich die hessische CDU bis heute beharrlich. Ein weiteres Thema, bei dem die Grünen keine Erfolge in der Überzeugungsarbeit vorzuweisen haben. Selbst Absurditäten verweigerte sich der kleinere Regierungspartner nicht, etwa, einen Sachverständigen für Linksextremismus in den NSU-Ausschuss zu laden. Und gekämpft gegen die allgegenwärtige Zurückhaltung der VertreterInnen der einschlägigen Behörden wurde ebenso nicht wirklich. Kein Wunder, dass Nancy Faeser, die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, als dieser Tage im Landtag über den ersten rechtsterroristischen Polit-Mord diskutiert wurde, ihrer Hoffnung Ausdruck verlieh, dass "alle hessischen Kräfte die Arbeit des Generalbundesamtwalt unterstützten". Sie sage das nicht ohne Grund, denn sie habe in diesem Haus "auch ganz andere Erfahrungen machen müssen".
Aus "lückenloser Aufklärung" ist nichts geworden
Nach den Vorstellungen der Linken müssten zu dieser Unterstützung auch Antworten auf Fragen gehören, die schon vergeblich im hessischen NSU-Ausschuss gestellt worden waren. Die Linken-Abgeordnete und -Fraktionsvorsitzende Janine Wissler erinnert daran, dass ihre Fraktion schon seinerzeit mehr über Stephan Ernst, den vormals geständigen Mörder Lübckes (mittlerweile hat er sein Geständnis widerrufen), in Erfahrung bringen wollte. Dass er einer der "besonders gewaltbereiten Neonazis aus Kassel" war, habe man gewusst. "Wir hielten für möglich", so Wissler, "dass er zum NSU-Unterstützer-Umfeld gehört." Die Antworten des Landesamts für Verfassungsschutz, ohnehin nur übermittelt unter Ausschluss der Öffentlichkeit, seien aber leider recht dürftig gewesen. Immerhin ist bekannt, dass Akten zu Ernst noch vorhanden sind. Und das ist das keine Selbstverständlichkeit angesichts des Massenschredderns nach dem Auffliegen des NSU im Winter 2011/2012.
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