Fabian Gramling ist Jahrgang 1987 und glühender Tiefbahnhof-Befürworter. Der aufstrebende CDU-Infrastrukturexperte im baden-württembergischen Landtag war noch in der Grundschule, da warben die Grünen, darunter der heutige Verkehrsminister des Landes und Fritz Kuhn, inzwischen Stuttgarts Oberbürgermeister,für eine ernsthafte Prüfung von Alternativen zum von Anfang an zweifelhaften Projekt. Und sie fanden, dass die behaupteten Kapazitäten der unterirdischen Station nüchtern und redlich verglichen werden müssten mit denen im existierenden Kopfbahnhof. Was nie geschah. Nach ersten Machbarkeitsstudien, die viele Eisenbahnexperten nicht überzeugten, war 1994 eine Leistungsunteruntersuchung gefolgt, die dem Projekt bescheinigte, mit vier Bahnsteigen "wirtschaftlich optimal bemessen zu sein".
Stimmt nicht, sagen die GegnerInnen schon lange. Und die renommierten Schweizer VerkehrsberaterInnen der SMA legten aktuell noch einmal nach. Ihre Berechnungen belegen, dass ausgerechnet der von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) versprochene Attraktivitätssprung der DB hin zum deutschlandweiten Halbstundentakt im künftigen Bahnknoten, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt möglich sein wird – trotz aller Nachbesserungen seit der Schlichtung vor bald neun Jahren. Aus dem von der SMA vorgelegten sogenannten Zielfahrplan ergibt sich, dass Fahrzeiten im Extremfall länger werden als heute und viele Anschlüsse nicht funktionieren. Wer etwa von Würzburg nach Zürich fahren will, muss in Stuttgart nach den derzeitigen Planungen 58 Minuten warten, zwischen Tübingen und Karlsruhe sind es 27 Minuten.
Es ging regelmäßig hart zur Sache, wenn im Landtag solche, schon in frühere Jahren überaus konkrete Kritik diskutiert und mit Zahlen und Daten, mit Fakten und Vergleichen belegt wurde. Die VerkehrspolitikerInnen von CDU, SPD und FDP wiegelten grundsätzlich ab - in der 14. Legislaturperiode zwischen 2006 und 2011 war S21 Thema in rund 50(!)Plenardebatten. Und heute twittert Gramling allen Ernstes: Der Verkehrsminister habe "die Pflicht S21 zu fördern anstatt es madig zu sprechen (sic!). Mit konstruktiver Haltung hätte man unnötigen Ärger und Zeitverlust sparen können – und dem Willen der Bürger gerecht werden".
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Thomas A
am 02.07.2019