Die Aktion hat Chancen, auf der Liste rechter Rohrkrepierer einen Spitzenplatz zu erobern. Im Saarland wollte die AfD, seit 2018 drittstärkste Kraft im dortigen Parlament, die eigenen Verschwörungstheorien zum Thema Gewaltkriminalität von Ausländern mit Fakten stützen. Zunächst ließ sich Fraktionsvize Rudolf Müller vom Innenministerium ein Lagebild "Stichwaffen- und Messervorfälle" erstellen. Zwischen 2016 und April 2018 wurden danach 842 Täter mit deutscher Staatsbürgerschaft ermittelt. Dann verlangte der frühere Lehrer, deren Vornamen publik zu machen, offensichtlich in der Erwartung, in dieser Statistik würden eingebürgerte Muslime versteckt.
Inzwischen steht die Hitliste im Netz, und republikweit hagelt es Hohn. Der "Volksverpetzer" etwa verspottet die Anfrage als "totalen Reinfall". Denn von Modeerscheinungen wie Kevin oder Justin abgesehen, ist kein einziger dort auftauchender Vorname nicht von guter alter deutscher Art. Im Saarland lebende und zu Messerstechereien neigende Männer heißen nicht Ali oder Yussuf oder Branko, sondern Michael, Daniel und Andreas. "Ihr habt einfach einen an der Waffel", schreibt ein Kommentator auf Facebook, "und es ist gut, dass das endlich auch immer mehr Leute merken." Neueste Umfragen stützen diese Einschätzung, auch für Baden-Württemberg. Im Südwesten haben bei der Landtagswahl vor drei Jahren 15,1 Prozent oder 810 000 Menschen die Völkischen gewählt. Noch im vergangenen September ermittelte Infratest dimap wiederum denselben Prozentanteil. In Halbjahresfrist ist er mittlerweile auf elf gesunken.
Noch wichtiger: Auch in den drei Ländern im Osten, in denen im kommenden September Landtage gewählt werden, ist der Trend zur angeblichen "Alternative für Deutschland" rückläufig. In Sachsen kam das Institut IM Field eben erst auf noch immer viel zu hohe 18 Prozent, aber immerhin fünf Punkte weniger als im Dezember. Carsten Hütter, der frühere Unteroffizier, der zehn Jahre in der CDU war und bei der Bundestagswahl dem damaligen Innenminister Thomas de Maizière beinahe den Wahlkreis Meißen abgenommen hätte, reagierte per Facebook auf den Abschwung: Mit einer Umfrage, die bei genauerem Hinsehen als vorgezogener Aprilscherz enttarnt wird, aber eben nur bei genauerem Hinsehen. 32 Prozent kriegt danach derzeit die AfD, 25 Prozent die CDU, 14 Prozent die Linke, elf Prozent die SPD, sieben die Grünen und sechs die FDP. Woraufhin übrigens sich 170 Kommentatoren zu Wort meldeten und davon mindestens vier Fünftel in Jubel ausbrachen – anstatt stutzig zu werden.
AfD im Abwärtstrend
In Brandenburg liegt die AfD nach Höchstständen von 23 Prozent inzwischen bei 19. In Thüringen – Bodo Ramelow (Die Linke) führt mit SPD und Grünen eine Dreier-Koalition an – hat die AfD schon mal an der Dreißig-Prozent-Marke gekratzt. Weil auch dieser Wert schrumpft, werden Dreier-Konstellationen der demokratischen Parteien wieder realistisch. In Hamburg, wo 2020 gewählt wird, würde die AfD nach heutigem Stand aus der Bürgerschaft fliegen. In Bayern zerlegt sich die rechte Truppe schon sechs Monate nach dem Einzug ins Maximilianeum, immer dem Muster entsprechend, das sich schon in so vielen Parlamenten gezeigt hat: Am Rand des politischen Spektrums sind Fanatismus und Einäugigkeit so ausgeprägt, dass sich der daraus resultierende Mangel an Kompromissbereitschaft über kurz oder lang gegen die eigenen Leute richtet. Deshalb sind auch im Freistaat die Umfragen so bemerkenswert schlecht und einstellig.
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Volkherr Zwey
am 03.04.2019