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Die Polizei, dein Freund und Falschparker

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Mal kurz auf dem Radweg parken und einen Döner holen. Das macht die Polizei nicht, sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach. Das wird Stuttgarts Radler nicht beruhigen. Denn die fotografieren in schöner Regelmäßigkeit das blaue Park and Buy.

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Obacht Radler, wenn ihr in Stuttgart bei Rot über die Ampel fahrt. Dann kommt die Polizei, stellt ihr Auto quer und fragt, ob euch die Verkehrsregeln nicht geläufig sind? Sollte darauf ein "Nö", womöglich ein Grinsen folgen, empfindet das die Ordnungsmacht als nicht lustig, sondern als Attacke ("Aha, ironisch sind wir auch noch") und kündigt eine Anzeige an. Wegen Beamtenbeleidigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt oder sonstigem Gesetzesbruch? Das wird nicht näher ausgeführt. Macht aber auch nichts, die polizeiliche Post kommt nicht, nochmals Glück gehabt.

Der Vorgang zeigt ein wenig, wie es um das Verhältnis der beiden Populationen im Straßenverkehr bestellt ist. Es könnte zugewandter sein, stellte sich zumindest heraus, als wir in einer der vergangenen Ausgaben ein Foto veröffentlichten, das gleich drei parkende Streifenwagen auf einem Radweg zeigte. Das komme häufiger vor, haben wir von diversen LeserInnen bei der Gelegenheit erfahren. Dann nämlich, wenn die Insassen beispielsweise mal eben zum Kaffee-, Döner- oder Geldholen gehen, so behaupten zumindest die Fotografen, die offenbar mit Argusaugen unterwegs sind, um die Staatsgewalt des unrechtmäßigen Park and Buy zu überführen.

Thijs Lucas hat auch schon davon gehört, was nicht weiter verwundert, weil er der Zweiradsache sehr verbunden ist. Der 32-jährige Ingenieur für Fahrzeugtechnik hat vor zwei Jahren das alternative Radforum Zweirat in Stuttgart gegründet, das in kurzer Zeit viele Anhänger gefunden hat <link https: www.kontextwochenzeitung.de schaubuehne roter-teppich-fuer-alle-radler-5318.html _blank external-link>(Kontext berichtete). Dem gebürtigen Bremer, der 2012 in die Stadt zwischen Hängen und Würgen gelangt ist, fiel alsbald auf, dass im Rathaus Radfahren als Luxus einer Minderheit gesehen wird. Das Maximum hier sei, so verriet Lucas einst "Zeit online", Schutzstreifen "auf die Straße zu pinseln". Und die wiederum müssten dem heiligen Blechle jederzeit zur Verfügung stehen. Er habe, berichtet der Sprecher des Radentscheids, einmal einem Polizisten gesagt, er möge ein auf dem Radweg parkendes Auto abschleppen lassen. Worauf der geantwortet habe: "Wo soll der denn sonst parken?!"

Nun ist Thijs Lucas kein Kampfpedaleur, der notorisch oder ideologisch Vorfahrt einfordert. Er schafft beim Daimler in der Entwicklung von Elektroautos, bewegt ein normales Velo mit 24 Gängen und glaubt, dass auch sein Arbeitgeber über mehr Radler im Betrieb glücklich wäre: "Weil sie nicht mehr wissen, wohin sie noch Parkhäuser bauen sollen". Und er ist verbindlich in der Wortwahl. Also "kein Polizei-Bashing", aber bitteschön "mehr Sensibilität" für das Verkehrsmittel Fahrrad, und nicht nur penibel werden, wenn das Rücklicht nicht brennt.

Wie es sich gehört, hat Kontext die Bildergalerie der blauen ParksünderInnen an die Polizei geschickt und um Aufklärung gebeten. Die kam von Stefan Keilbach, der dreifach kompetent ist: als Sprecher, Bürgerreferent und Fahrradfahrer. In seiner ersten Funktion betont er, dass die Fotos aus einer nicht dargestellten Gesamtsituation "herausgegriffen" seien. Man habe zu berücksichtigen, dass es Einsätze gebe, die eine "Verkehrsbehinderung rechtfertigen". Andererseits erwarte er von seinen Beamten ein "ordnungsgemäßes Halten und Parken", wenn das "Einkaufen des Vespers" anstehe. Da müsse "geschickter" geparkt werden. Als Bürgerreferent bittet er alle Stuttgarter, auch aufgrund der beengten Verhältnisse in der Stadt, um Verständnis dafür, wenn das Dienstfahrzeug einmal auf dem Rad- oder Gehweg oder einer Sperrfläche abgestellt werden müsse. Niemand würde verstehen, wenn die Polizei einen "langen Fußmarsch" zurück legen müsste, bevor sie zum "nächsten Hilfeschrei" eilen könne.

Als Radler, der jeden Tag zur Arbeit strampelt, bei Wind und Wetter, wie er – Jahrgang 1961 – betont, habe er alles Verständnis dieser Welt. Viele Kolleginnen und Kollegen täten es ihm im Übrigen nach. Ein Polizist darf sich "nicht hinstellen, wo er gerade will", sagt Keilbach, "gell, da sind wir uns einig". Ja, antworten wir, "nö", darf er nicht.


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2 Kommentare verfügbar

  • Schmitz
    am 10.12.2020
    Antworten
    @Andromeda Müller
    Du schreibst sooo einen Müll. Kein Polizist hat irgendwelche Vorgaben!
    Hier und da wird ein Auge drauf geworfen wenn etwas aus dem Ruder läuft so wie es sein sollte.
    Der Quatsch mit den Vorgaben so und so viel ist einfach nur Schwachsinn.
    Ich wüsste gern woher so ein scheiß…
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