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Alle Macht den Besen

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Schweigen ist Gold: Gegenüber Machthabern und Mandatsträgern, die nah an der Grenze zum Wahnsinn herumpöbeln, wäre im Grunde alles besser – wenn es nur die Klappe hält.

Merz, Spahn, AKK? Die Mehrheit der Wahlberechtigten hätte sich im Rennen um den Parteivorsitz der CDU lieber einen Besen gewünscht. Berichtet zumindest der "Postillon am Sonntag" (PamS), und der muss es wissen, liefert das Informationsangebot doch ehrliche Nachrichten, und das schon seit 1845.

Soldat in Afghanistan mit Kindern

Heißer Feger

Ausgabe 396, 31.10.2018
Von Minh Schredle

Ein politisches Erdbeben erschüttert Tübingen. Wer ist der bessere Oberbürgermeister, wollte eine superseriöse Facebook-Umfrage wissen, Boris Palmer oder ein Besen mit Augen? 93 Prozent der Befragten stimmten für das Kehrwerkzeug.

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Auch im schönen Tübingen konnte sich ein heißer Feger laut einer Facebook-Umfrage der Partei Die Partei gegen den grünen Amtsinhaber Boris Palmer durchsetzen. 93 Prozent der Abstimmenden hätten sich lieber einen Besen mit Augen als Oberbürgermeister gewünscht. Seitdem gibt es sogar eine Facebook-Fanpage für den OB der Herzen.

Als der PamS allerdings einige Wochen später exklusiv enthüllte, dass ein Kehrwerkzeug ebenfalls glänzende Aussichten hätte, CDU-Vorsitzender zu werden, musste der Tübinger Besen einige seiner Anhänger enttäuschen. "Leute", kommentierte er im Netz, "ich kann nicht alles machen." Der Ausgang ist bekannt: Ein Besen trat nicht an, und so blieb den 1001 CDU-Deligierten am 7. Dezember nur die Wahl zwischen schlecht, schlechter und Super-GAU.

Beste Wahl: meistens der Besen

Nach Informationen des "Postillon" hätte sich ein Kehrwerkzeug auch im Rennen um die US-Präsidentschaft gegen Hillary Clinton und Donald Trump durchgesetzt. Im Vergleich zu dem cholerischen Egomanen, der nun das Oval Office okkupiert, wäre alles, was schweigt, wahrscheinlich die bessere Wahl gewesen. Ein Goldfisch, ein Gänseblümchen oder meinetwegen ein riesiger, verrosteter Anker.

Zudem hat sich der Besen mit Augen aus Tübingen das Attribut Hoffnungsträger zumindest eher verdient als Olaf Scholz oder Philipp Amthor. Das Problem: Es gibt ihn eben nur einmal. Allerdings, erläutern seine irdischen Fürsprecher im Gespräch mit Kontext, habe er eine Menge Verwandte, die ebenfalls auf Macht aus seien. Im Sinne der bewährten Familien-Clan-Logik könnte er denen eine Menge Posten zuschachern. Übrigens: "Auch Pinsel werden, wenn sie mal groß sind, zu Besen."

Von einem Mangel an Alternativen kann also keine Rede sein. Putin, Trump, Erdogan, Kim Jong-un und Mohammed bin Salman - ließen sich die nicht vielleicht doch durch eine Kehrschaufel ersetzen? Oder dieser Macron in Frankreich? Die Gelbwesten wären bestimmt dabei ...

So absurd es klingen mag: 19 Jahre lang wurde die 900-Seelen Gemeinde Talkeetna in Alaska von "Major Stubbs" regiert - einer schwanzlosen Manx-Katze. Weil die 1997 zur Wahl stehenden Menschen niemanden überzeugen konnten, setzte sich Stubbs in einer Kampfabstimmung durch. Und war, eine Rarität in diesen Zeiten, ein allseits beliebter Politiker. Als Stubbs im vergangenen Jahr verstarb, bekundeten ehemalige Untertanen ihre Trauer: "Du bist eine bemerkenswerte Katze, und wir werden dich sehr vermissen. Wir haben die Zeit genossen, die wir mit dir verbringen durften."

Hierzulande verhindert jedoch die urdeutsch-humorbefreite Spießbürgerbürokratie Vergleichbares, weil sie nur menschliche Kandidaten zulässt. Wir wussten es eh schon lange: Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten.


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1 Kommentar verfügbar

  • Jue.So Jürgen Sojka
    am 26.12.2018
    Antworten
    Tja, es sollte halt zuerst das große Ganze über dem Kleinhirn in Anwendung genommen werden, bevor Worte, und dann wohlmöglich auch noch als Schwall, sich aus den Mündern ergießen.
    OB Rommel würde dieser Tage 90 geworden sein – einer seiner Sprüche hier angewandt:
    [i]Der Mensch neigt dazu, das, was…
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