Staatsrätin Gisela Erler kritisiert denn auch, dass es in dem Gesetzentwurf zwar "zahlreiche Vorschläge für mehr Information" gebe, aber "leider keinen Ausbau der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung." In einem Brief an das Bundesverkehrsministerium vom 17. Juli bittet sie deshalb, "bei allen von Ihnen identifizierten beschleunigungsbedürftigen Bauvorhaben" eine frühe sowie während der Planungs- und Bauphase fortlaufende Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Eine frühe Beteiligung der Bürger verzögere die Verfahren nicht, so Erler, sondern helfe im Gegenteil dabei, "grundlegende Fehler zu vermeiden und Planungen zu verbessern".
Dies sagen auch die Umweltverbände BUND, Nabu, DUH und DNR: "Frühzeitige und umfassende Beteiligung beschleunigt Planungen", heißt es <link https: www.duh.de presse pressemitteilungen pressemitteilung external-link-new-window>in einer gemeinsamen Pressemitteilung, in der sie den Gesetzentwurf scharf kritisieren. Als "konstruktiven Ansatz" bezeichnen sie zwar "die Ausweitung der elektronischen Öffentlichkeitsbeteiligung", doch dies könne "über die Mängel des Gesetzes nicht hinwegtäuschen".
Weniger Bürgerbeteiligung: Erörterungstermin kann wegfallen
Einer der Mängel, und eine klare Verminderung von Bürgerbeteiligung, ist dabei: Der öffentliche Erörterungstermin bei Planfeststellungsverfahren soll in Zukunft wegfallen können. Dies schaffe "neue Akzeptanzprobleme" und sei "gerade mit den Erfahrungen von Stuttgart 21 abzulehnen", heißt es in einer Stellungnahme des Deutschen Naturschutzrings (DNR) und des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen (UfU).
Sich den Erörterungstermin zu sparen, dürfte für Behörden vor allem bei einem weiteren kontrovers bewerteten Punkt des Gesetzentwurfs relevant sein: Zur Beschleunigung von Bauprojekten soll künftig schon vor Abschluss des Genehmigungsverfahrens erlaubt sein, mit ersten Vorbereitungsmaßnahmen zu beginnen – etwa mit Beseitigung von Gehölz, archäologischen Grabungen und Kampfmittelbeseitigung. Der renommierte Wettbewerbsrechtler Clemens Antweiler sieht das sehr kritisch. Wenn "die Anhörung der betroffenen Öffentlichkeit", nicht vorgesehen sei, dann würden solche Vorbereitungsmaßnahmen "ohne Durchführung eines fairen Verwaltungsverfahrens erlaubt", so der Düsseldorfer Jurist, der <link http: www.nachhaltig-links.de images dateienj2 planungsbeschleunigung-stellungnahme.pdf external-link-new-window>im Auftrag der Linken-Fraktion im Bundestag ein Gutachten zu dem Gesetzentwurf erstellt hat.
Das EBA bekommt mehr Kompetenzen – auf Kosten der Länder
In einigen Fällen liegen aber auch Kritiker des Gesetzes mal mehr, mal weniger weit auseinander. Etwa bei dem Ziel, Doppelprüfungen zu vermeiden. So soll bei Schienenprojekten künftig das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) nicht mehr nur Planfeststellungsbehörde, sondern auch für das vorgelagerte Anhörungsverfahren zuständig sein. Letzteres übernahmen bislang Behörden der Länder, in Baden-Württemberg die Regierungspräsidien. <link https: www.bund.net fileadmin user_upload_bund publikationen mobilitaet mobilitaet_stellungnahme_gesetz_beschleunigung_planungs_und_genehmigungsverfahren_verkehrsbereich.pdf external-link-new-window>Der BUND begrüßt dies in einer Stellungnahme vom 20. Juni ausdrücklich; denn wenn "die bisherige Aufteilung auf 33 Mittelbehörden in den Ländern" aufgegeben werde, könne "eine deutliche Beschleunigungswirkung erwartet werden".
5 Kommentare verfügbar
Charlotte Rath
am 07.08.2018In Stuttgart kann man die Erfolge bisheriger Planungsbeschleunigungen besichtigen, unter anderem bei der mittlerweile 18. Planänderung in dem in 8 Salamischeibchen unterteilten S-21-Vorhaben während laufender Bauarbeiten. Besonders durchdacht wirken so oft…