Zwangsgeld heißt, die Landesregierung wird jetzt 10 000 Euro bezahlen?
Es sieht so aus. Es ist eindeutig, dass die zugesagten, immer wieder verschobenen Leistungen nicht erbracht wurden. Beide Verfahren hängen natürlich miteinander zusammen. Im Fall der Bürger am Neckartor geht es um Feinstaub, bei uns um Stickstoffdioxid-Belastung. Beides sind Schadstoffe, die aus Dieselmotor-Abgasen herrühren.
Die ersten Fahrverbote gibt es bereits in Hamburg, wo zwei kurze Strecken gesperrt wurden. Hier in Stuttgart würde das Verbot das gesamte Innenstadtgebiet betreffen.
Exakt. Hier geht es um die Umweltzone von Stuttgart und die ist identisch mit der Innenstadt. Die zonale Beschränkung der Dieselfahrzeuge müsste unserer Meinung nach bereits im Herbst beginnen. Aber sei's drum. Erster Januar nächsten Jahres und drei Monate später, damit könnten wir leben. Womit wir nicht leben können, ist, dass man die betroffenen Fahrzeuge wieder einfahren lässt. Das Bundesverwaltungsgericht hat gesagt, spätestens bis zum 1. September nächsten Jahres müssten eben auch die Euro-5-Fahrzeuge zonal dazu kommen. Man könnte sie jetzt schon auf bestimmten Strecken aussperren. Auch das haben wir beantragt. Richter Kern hat vergangene Woche zum Ausdruck gebracht, dass es überhaupt nicht in Frage kommt, wenn es keine Festlegungen zu Euro-5-Fahrverboten im Luftreinhalteplan geben würde. Jetzt ist die Landesregierung am Zug, sie hat zwei Wochen Zeit.
Dann stellt sich ja die Frage, wie man dass kontrolliert? Man sieht nicht jedem Auto von außen an, welche Norm es erfüllt. Ist die blaue Plakette, die bislang von allen CSU Verkehrsministern bundesweit verhindert wurde, nicht zwingend nötig?
Wir haben ja die blaue Plakette miterfunden und jahrelang dafür gekämpft. Aber wenn wir sie nicht durchbekommen, dann müssen wir halt über die in den Fahrzeugpapieren enthaltenen Informationen gehen. Schauen Sie, wenn Sie eine Geschwindigkeitskontrolle haben, dann kucken Sie auf das Kennzeichen und bekommen sofort die ganzen Daten.
Mit der Plakette wäre das einfacher.
Wir hätten es auch gerne anders gehabt. Nur geht es nicht so, wie es sich Herr Dobrindt überlegt hat. Nach dem Motto: Ich verweigere die blaue Plakette, und damit gibt es keine Dieselfahrverbote. Wir können doch den Menschen, die jetzt in Deutschland leiden, nicht die saubere Luft verweigern.
Warum ist das so schwierig? Beim Feinstaub hat es doch auch geklappt.
Unter Rot-Grün ist es sogar gelungen, einen Bundeskanzler dazu zu bewegen, die Automobilindustrie zu zwingen, vorzeitig den Partikelfilter zu verbauen. Offensichtlich haben sich die Herrschaften geschworen, das passiert uns nicht nochmal. Nach der grünen Plakette ist eben keine Verschärfung mehr gelungen. Wir haben ungefähr acht Jahre dafür gekämpft, dass die nächste Plakettenstufe endlich in die Verordnungen rein geschrieben wird. Doch die Autoindustrie und Teile der Politik haben dies bis heute verhindert. Und so bleibt uns nur Plan B übrig, dass wir eben über die Fahrzeugpapiere oder die Daten in der Zulassungsstelle die Kontrolle vornehmen.
Halten Sie es für möglich, dass die Automobilindustrie sich gezwungen sieht, eine Hardwareaufrüstung vorzunehmen, damit nicht auch alle Euro-5-Normautos von dem Fahrverbot betroffen sind?
Nein, ganz klare Antwort. Ich habe gerade die letzten Tage ein paar Informanten angerufen. Eine besonders schöne Aussage war: Der Block der Automobilindustrie steht wie Beton. Er ist eher noch härter geworden. Und das hängt damit zusammen, dass man keine Respekt vor der Politik hat. Es gibt übrigens ein Kontaktverbot zum Verkehrsministerium für die Umwelthilfe beim Thema Dieselabgas. Ich darf keine offiziellen Gespräche mit den Ministerien führen, obwohl ich Mitglied der Arbeitsgruppe 1 im Bundesverkehrsministerium bin.
Herr Zetsche darf doch auch mit den Ministern reden ...
6 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 25.04.2019Zeit Online veröffentlicht um 13.22 Uhr Prozess am BGH: Deutsche Umwelthilfe darf weiter abmahnen…