Es soll, berichten Insider, am Ende gar nicht so schwer gewesen sein, den Ministerpräsidenten davon zu überzeugen, endlich aktiv zu werden. Seine Grünen sind in der Demoskopie abgestürzt seit Jahresbeginn, in einigen Umfragen liegen sie nur noch zwei oder drei Prozentpunkte über der Fünf-Prozent-Schwelle für einen Wiedereinzug in den Bundestag. Unter diesen Umständen musste selbst Kretschmann begreifen, dass der Wahlerfolg vom März 2016 im kommenden September wenig wert sein könnte. Seit Mitte Januar, als die rot-grüne Landesregierung von Schleswig-Holstein ein sogenanntes Konsultationsverfahren unter den Ländern zur Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan initiierte, hatte er sich vom schwarzen Koalitionspartner treiben lassen und gebetsmühlenhaft die Zuständigkeit der Bundesregierung beschworen. Vergangene Woche schrieb er dann doch einen Brief an Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), mit der Bitte um Stellungnahme.
Spät genug. Zu spät für die, die bereits zur Sammelabschiebung vorgesehen sind. Und zu spät für jene, die nicht verstehen können, was aus ihren Grünen geworden ist. Zwar kann der Landesverband immer neue Mitgliederrekorde vermelden. Zugleich gibt es aber entsetzte E-Mails, viele Unterstützergruppen vor Ort sind verzweifelt. Denn straffällig gewordene abgelehnte Asylbewerber und alleinlebende junge Männer, die abgeschoben werden sollen, machen nur den kleineren Teil des Problems aus. In vielen Regionen im Land beschäftigen sich afghanische Familien mit der existenziellen Frage, ob sie nicht von sich aus ausreisen sollen, um einer Wiedereinreisesperre zu entgehen und über die deutsche Botschaft in Kabul zu versuchen, mit einem Visum zurück nach Baden-Württemberg zu kommen. Die Chancen auf Erfolg sind gering. Doch je größer die Verzweiflung, desto stärker die Hoffnung auf einen Strohhalm.
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Rolf Steiner
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