Die ersten beiden sind ebenfalls Unterzeichner der "Erfurter Resolution", die eine Zusammenarbeit mit noch radikaleren Kräften nicht ausschließt. Alle vier fallen immer wieder auf durch verbale Ausfälle und/oder sorgen für Schlagzeilen. Sänzes Rottweiler Kreisverband postete im Juli: "Frontex sofort beenden. Je mehr Migranten ersaufen, desto eher begreifen selbst afrikanische Ziegenhirten, dass es sich nicht lohnt, nach Europa aufzubrechen. Sollen sie ihren 'Staat' säubern, bis sie ein 'normales Leben' führen können. Die frz. Revolution hat es vorgemacht." Die Verantwortlichen – der 55-jährige Abgeordnete ist auch Kreisvorsitzender – redeten sich heraus mit dem Hinweis, der für die Seite zuständige Administrator sei im Urlaub.
Die AfD müsse sich von Antisemitismus, Rassismus und Extremismus abgrenzen, hatte Meuthen vor der Wiedervereinigung immer wieder verlangt: "Wer nicht in der Lage ist, rassistische oder antisemitische Äußerungen zu erkennen und zu unterlassen, schädigt seine Partei und gehört schon gar nicht auf Führungspositionen." Und seine neue ABW-Fraktion (Alternative für Baden-Württemberg) wurde kurz nach der Spaltung sogar noch deutlicher. Das Gleiche "gilt für jeden, der nicht willens ist, missverstandene Aussagen klarzustellen, von ihnen zweifelsfrei abzurücken und aufrichtig um Entschuldigung für jenen Schaden zu bitten, den er anderen mit solchen Aussagen zugefügt hatte".
Getrennt marschieren, gemeinsam zuschlagen
Meuthen hätte also einiges aufzuräumen gehabt beim Mediationsprozess vor dem internen Friedensschluss – und danach erst recht. Von Räpple zum Beispiel muss ihm die – auf Facebook öffentlich gemachte – Begründung bekannt gewesen sein, mit der der "Psychologische Berater" und "Heilpraktiker für Psychotherapie" bereits im Juni sein Abo der rechten Wochenzeitung "Junge Freiheit" kündigte; die habe sich "in letzter Zeit immer mehr in Richtung Mainstream entwickelt". Als Auslöser nannte Räpple die Berichterstattung "gegenüber meinem geschätzten Fraktionskollegen Dr. Wolfgang Gedeon". Und weiter: "Sollten sie wider Erwarten wieder den Pfad des halbwegs unideologischen, neutralen Journalismus begehen, werde ich sicher wieder Leser und Abonnent." Die Internetwächter von "Netz gegen Nazi" erinnern, dass die Junge Freiheit über Jahre unter Beobachtung mehrerer Verfassungsschutzämter stand, gerade wegen ihrer "Scharnierfunktion zwischen dem rechtskonservativen und dem rechtsextremen Spektrum".
Natürlich weiß der alte und neue Fraktionschef Meuthen, dass Parteifreundin Christina Baum eine Beobachtung der "Identitären Bewegung" durch den Verfassungsschutz ablehnt, wo durchaus viele Mitarbeiter mit einschlägigem Hintergrund beschäftigt sind. In Plenarsitzungen des Parlaments bekommt er wie alle anderen Anwesenden – Abgeordnete, Zuhörer, Medienleute – mit, mit welchen Zwischenrufen sich seine Mitfraktionäre hervortun, auch die Heilbronner Unternehmerin Carola Wolle. Selbst dass Heinrich Fiechtner Kontakte zur Pegida in Baden-Württemberg pflegte, dürfte ihm kaum entgangen sein. Die "Autonome Antifa Freiburg" und die Blogger von "Keine Alternative" veröffentlichten einen Brief, in dem der Göppinger Landtagsabgeordnete und Stuttgarter Gemeinderat erwartet, dass "wir wahrscheinlich eine Weile noch getrennt marschieren müssen, um gemeinsam zuzuschlagen und das Land zu ändern".
Anstatt mäßigend Einfluss zu nehmen, änderte Meuthen nach und nach die eigene Wortwahl. Seine Reden und Reaktionen werden schärfer. Und die seiner Stellvertreter ohnehin: "Weshalb", gießt Sänze nach der Verhaftung des mutmaßlichen Täters von Freiburg Öl ins Feuer, "sollen wir diesen Mord einfach hinnehmen und weitermachen, als wäre nichts geschehen?" Und Gögel kritisiert "eine Jubelpresse, die Rechtsbrüche gravierendsten Ausmaßes als vermeintlichen humanen Imperativ beklatscht und sich in moralischem Dünkel zum Richter über ein aufbegehrendes Staatsvolk machen will, von dessen Erträgen sie lebt".
Glaubwürdige Zeugin einer Entwicklung stramm nach rechts
Claudia Martin, die Dissidentin, ist nicht zuletzt deshalb glaubwürdige Kronzeugin dieser Entwicklung, weil sie sich bis eben durchaus beteiligt hat an der abermals verschärften Gangart. Schon im Wahlkampf wetterte sie gegen die "verantwortungslose Asyl- und Einwanderungspolitik", die "gewissenlose Abschaffung eines leistungsstarken Bildungssystems" und dagegen, dass "durch Selbstüberschätzung und grenzenlose Machtansprüche, fernab von den wirklichen Bedürfnissen der Menschen, der Politik vielfach Maß und Bodenhaftung verloren gegangen" seien.
1 Kommentar verfügbar
chr
am 22.12.2016Das sind…