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Trumps Luftnummer

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Donald Trump will Präsident der USA werden. Doch hochfliegende Pläne hatte der pöbelnde Milliardär auch schon in Deutschland: Ein Trump-Tower sollte am Himmel über Stuttgart kratzen. Im Schwabenland ist man froh, dass das Trumm eine Luftnummer blieb.

Wie sich die Zeiten ändern. Früher brachte es ein Tellerwäscher in Amerika schon mal zum Millionär. Heute schickt sich ein pöbelnder Milliardär an, ins Weiße Haus in Washington einzuziehen. Im November dürfen die Amerikaner zwischen dem Exzentriker und Hillary Clinton von den Demokraten wählen. Doch Trumps Karriere führte nicht nur steil nach oben. In Stuttgart scheiterte der heute 70-jährige Immobilienmagnat kläglich.

Es war im Frühjahr 2001, als Trump in der baden-württembergischen Landeshauptstadt mächtig Staub aufwirbelte. Auf dem Pragsattel, dem nördlichen Tor zu Stuttgarts Talkessel, sollte ein gigantischer Wolkenkratzer in den Himmel wachsen: der Trump-Tower, 220 Meter hoch und 250 Millionen Euro teuer. Es wäre das bis dato höchste Gebäude Süddeutschlands geworden. Doch der Turm blieb ein Wolkenkuckucksheim. Nach quälendem Hin und Her machte der Stuttgarter Gemeinderat Anfang 2003 Trump und seinen Geschäftspartnern einen Strich durch die Rechnung. Aus Sorge, das Megaprojekt könnte kurz nach Platzen der Dot.com-Blase als gigantische Bauruine enden, verweigerte er den notwendigen Bebauungsplan. "Auch städtebaulich passte das Ding einfach nicht zu Stuttgart", sagt CDU-Stadtrat Philipp Hill, der damals das Projekt ablehnte, rückblickend.

Hinter den kühnen Pragsattel-Plänen stand die TD Trump Deutschland AG mit Sitz in Berlin. An der Mitte 2000 gegründeten Gesellschaft hielten der Multimilliardär aus New York sowie kaum minder schillernde Investoren aus hiesigen Gefilden Anteile: der Hamburger Klinikkettenbesitzer Ulrich Marseille sowie Hans-Herman Tiedje, Ex-Chefredakteur von "Bild" und "Bunte" wie auch ehemaliger Kohl-Berater. "Trumps Name hat schon damals in Öffentlichkeit und Medien gewirkt", vermutet Matthias Hahn, dass der Immobilien-Tycoon vom Hudson River dem Projekt nur einen zugkräftigen Namen verleihen sollte. Hahn, damals Baubürgermeister in Stuttgart, hat sich davon nicht blenden lassen. 

Die Hymne wurde gerade noch verhindert, sagt man

"Als Tourist hatte ich mir Trumps New Yorker Hochhaus schon angeschaut", erzählt Hahn. Doch während ihn das glamouröse Foyer des Wolkenkratzers an der Fifth Avenue durchaus beeindruckte, wuchsen zu Hause schnell die Zweifel am schwäbischen Hochhauspedant. "Jedes Mal, wenn wir nachgefasst haben, griffen wir ins Leere", schildert er, dass die Investoren kaum Sicherheiten bieten konnten. Sechzig Prozent vermietete Fläche war die Bedingung, an deren Erfüllung die Stadt ihre Zustimmung knüpfte. "Angeblich wollte der Südwestrundfunk ein Sendestudio in der obersten Etage einrichten", erinnert sich Hahn an ein Gerücht, das damals unter vielen durch die Stadt waberte. Doch weder Trump noch seine deutschen Kompagnons konnten liefern. Stattdessen hielten die Projektierer Verwaltung und Politik im Schwabenland stets hin.

Noch gut erinnert sich der Bürgermeister an das offensive Auftreten der Investoren: "Die waren anwaltlich hochkarätig vertreten, haben alle Fraktionen des Gemeinderats intensiv bearbeitet." Dem Investor Marseille begegnete Hahn erstmals zum Abschluss des Architekturwettbewerbs. Der Klinikbetreiber verkündete die siegreichen Entwürfe vor 150 handverlesenen Politikern, Managern und Journalisten in der extra angemieteten Staatsgalerie. "Dabei sei es der Stadtspitze im Vorfeld gerade noch gelungen zu verhindern, dass Marseilles Ehefrau Estella-Maria die amerikanische und die deutsche Nationalhymne sang, hieß es", beschrieb die "Stuttgarter Zeitung" das Event, zu dem Donald Trump nicht auftauchte, sondern nur seinen Assistenten nach Stuttgart einflog. "Wir wollen von allem nur das Beste", verkündete George Ross, der damalige Vizepräsident von "The Trump Organisation". Und Stuttgart sei schon deshalb der richtige Standort für das "höchste Gebäude südlich der Mainlinie", weil in der "weltoffenen Stadt das Geldverdienen eine Tugend ist".

Was der Vize des Milliardärs damals nicht sagte: Trumps Hochhauspläne waren kurz zuvor bereits in Berlin und Frankfurt am Main unter kuriosen Umständen gescheitert. In der Bundeshauptstadt, wo ein Trump Tower am zentralen Alexanderplatz in den Himmel hätte wachsen sollen, erwies sich angeblich eine Höhenbeschränkung auf 150 Meter als unlösbares Problem – unter 200 Meter machte es der Hochhauskönig nicht. Dabei hätte das Projekt dem seit dem Regierungsumzug leer gefegten Berliner Wohnungsmarkt gut getan, wo Besserverdiener aus Mangel an standesgemäßen City-Immobilien bereits nach "jwd" ausweichen mussten, wie Springers "Welt" klagte: "Der Grunewald ist nicht für jeden ein Traumstandort – es ist ruhig, aber man muss sich um den Garten kümmern, für Leistungsträger oft eine Horrorvision, und das Leben brummt im Stadtzentrum. Als Alternative kommt nur ein Hochhaus mit herrlichem Rundblick auf die Stadt in Frage, gepaart mit höchstem Wohnkomfort und Service, nach Art eines Trump Towers", outete sich das Blatt im November 2000 als Trump-Fan.

Während TD Trump Deutschland in Berlin über fehlende Höhenmeter klagte, unterbreitete flugs "Mainhattan" grenzenlosen Freiraum nach oben. "Frankfurt will Berlin Trump Tower klauen", titelte im November 2000 empört der "Berliner Kurier": "Oberbürgermeisterin Petra Roth war in New York, traf sich dort mit Millionär Donald Trump – und bot ihm heiß und innig ihre Stadt als Bauplatz für den deutschen 'Trump-Tower' an", berichtete die Zeitung. Mit großer Geste habe der Immobilien-Tycoon damals seine deutschen Gäste an der Fifth Avenue empfangen, sich in seinem Büro im 60. Stockwerk des Trump-Towers an die riesige Fensterfront gestellt und über Manhattan Richtung Süden gedeutet, zu den Zwillingstürmen des World Trade Centers, die damals noch standen, erzählte die längst pensionierte Oberbürgermeisterin jüngst in der "FAZ". Für Frankfurt habe Trump ein Hochhaus der Superlative versprochen, den größten Büroturm des Kontinents, den "Trump-Tower Europe". "Ja, und dass er schöne Frauen liebt, das hat er auch gesagt", blieb Roth von der Audienz beim Multimilliardär im Gedächtnis.

Auch wenn Trump noch während des einstündigen Gesprächs mit Roth nach seinem Projektentwickler schicken ließ und ein paar Monate nach dem Treffen sogar selbst in die Mainmetropole kam und im Römer vorbeischaute – gebaut hat er nicht. Weder am Main noch an der Spree. In Berlin verklagte Mitgesellschafter Ulrich Marseille den Mitgesellschafter aus Amerika sogar wegen Untätigkeit. Nur um kurz darauf die besagten Hochhauspläne beim damaligen Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster auszurollen.

EX-OB Schuster war ein Trump-Turm-Fan

Die Tower-Tingelei durch Deutschland hätte den schwäbischen CDU-Schultes eigentlich misstrauisch machen sollen. Tat sie aber nicht, aus Gründen, die wohl im psychologischen Kontext liegen. Schuster jedenfalls entpuppte sich als größter Förderer des schwäbischen Turmprojekts, das Stadträte, Architekten und Bürger mehrheitlich ablehnten. Im Stuttgarter Rathaus erzählt man bis heute kopfschüttelnd, wie der OB sich und den Turm in Szene setzte. Etwa in der "SWR-Landesschau", wo Schuster, wohl in Unkenntnis der eigentlichen Gestenbedeutung, mit ausgestreckten Mittelfingern auf das bestehende und künftige Wahrzeichen der Stadt, sprich Fernsehturm und Trump-Tower, deutete. "Größenwahn" bescheinigen viele noch heute dem Ex-OB.

Gern hätte Kontext Schuster, der derzeit der Telekom-Stiftung in Bonn vorsteht, zu seinen Kontakten zum Multimilliardär interviewt. Doch Schuster reagiert nicht auf Anfragen. Ein direktes Treffen mit dem Tycoon ist öffentlich nicht belegt, wohl auch, weil der OB weder schön noch weiblich ist. Überliefert ist nur ein Brief Trumps an Schuster vom Juli 2002, in dem er seine Hoffnung auf einen schnellen Baubeginn des Schwabenturms ausdrückte. Auch Trump verweigerte jegliche Auskunft, was seine Pläne im "Ländle" betrifft. Mehrfache E-Mail-Anfragen an die PR-Abteilung von "The Trump Organisation" blieben unbeantwortet.

Längst ist auch die TD Trump Deutschland AG telefonisch nicht mehr erreichbar. Unter den hiesigen Gesellschaftern machte Ulrich Marseille noch die meisten negativen Schlagzeilen. Der Hamburger Klinikchef, der zeitweise auch als Politiker der rechtskonservativen Schill-Partei auftrat, soll in betrügerische Deals verwickelt gewesen sein, um seine Klinikkette vor dem Konkurs zu retten, wie die "Wirtschaftswoche" Anfang 2013 berichtete. Im August 2014 nahm er sein Unternehmen überraschend von der Börse. Das Delisting erfolgte ohne Beschluss der Hauptversammlung und ohne Pflichtangebot an die freien Aktionäre. Die Folge: Der Kurs verlor gut ein Drittel an Wert. "Börse online" vermutete, dass Hauptaktionär Marseille damit versuchte, preiswert an die Aktien des Streubesitzes zu kommen, um später seine ganze MK-Gruppe zu höheren Preisen verkaufen zu können. Marseille und Tidjen machen bis heute weiter gemeinsame Geschäfte. Etwa in der von Tidjen gegründeten Beratungsagentur WMP, in der sie neben anderen VIPs wie Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und Ex-Bundesfinanzminister Hans Eichel im Aufsichtsrat sitzen.

Dabei hätte ein Stuttgarter Trump-Tower durchaus zur Erfolgsgeschichte werden können. In Trumps Heimat jedenfalls, wo der Präsidentschaftskandidat mittlerweile rund zwei Dutzend große Hochhaus- und Hotelprojekte realisierte, explodierten zuletzt die Preise für Trump-Immobilien. Im vergangenen Mai wechselte ein 135-Quadratmeter-Appartment im 41. Stock im Chicagoer Trump International Hotel & Tower für die Rekordsumme von 1,64 Millionen Dollar (1,46 Mio. Euro) den Besitzer. Das entspricht über 10 800 Euro pro Quadratmeter. Die Verkäufer hatten für das Ein-Zimmer-Loft im September 2014 noch 1,22 Millionen Dollar (1,1 Mio. Euro) bezahlt. Nicht nur Immobilienexperten vermuten, dass der momentane Trump-Hype in den USA den Rekordpreis beförderte.

Zur Trump-Euphorie im Schwabenland hüllt sich das offizielle Stuttgart vornehm in Schweigen. Weder Oberbürgermeister Fritz Kuhn noch Baubürgermeister Peter Pätzold (beide Grüne) wollen zu früheren und heutigen Aktivitäten des Milliardärs etwas sagen. Freimütiger äußert sich Pätzolds Vorgänger Hahn: "Ich hoffe, Trump bleibt uns als US-Präsident erspart."


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13 Kommentare verfügbar

  • Demokrator
    am 27.06.2016
    Antworten
    Na, "Müller", wieder nur gegen die Kritiker keilen, wenn einem die Argumente ausgegangen sind?

    http://omec.us/ddg/lohnschreiber-regeln.html
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