Der Winter kann kommen. Kalte Füße kriegen die Bewohner des Teninger Ortsteils Oberhof dann nicht. Denn Ende Oktober wurde in der Gemeinde 20 Kilometer nördlich von Freiburg ein neues Nahwärmenetz feierlich eingeweiht. Bollernde Öfen und rauchende Schornsteine gehören damit im Quartier der Vergangenheit an: 176 Haushalte, ein Schulzentrum sowie zwei Kindergärten beziehen jetzt klimafreundliche Wärmeenergie, die von einer bereits existierenden Biogasanlage am Ortsrand kommt. Bislang verpuffte deren Abwärme nutzlos, jetzt strömt sie über das frisch verlegte Leitungsnetz in Wohn- und Klassenzimmer. Als zweite Wärmequelle dient eine bestehende Holzhackschnitzel-Heizung der Schule. Deren Brennstoff liefert ein Sägewerk in der Nähe. Das stellt sicher, dass bis zu 95 Prozent der Rohstoffe zur Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Quellen der Region stammen. Nur in Spitzenzeiten schaltet sich ein Gaskessel zu, der noch mit fossiler Energie befeuert wird. Drei Pufferspeicher gleichen Angebot und Nachfrage aus, indem sie überschüssige Wärme zwischenspeichern.
"Als wir das Schulzentrum energetisch sanierten, mussten wir überlegen, was wir Sinnvolles mit der überschüssigen Wärme der dann zu großen Heizungsanlage anfangen", schildert Teningens Bürgermeister Heinz-Rudolf Hagenacker, was den Ausschlag für das Projekt gab. Ökologisch am sinnvollsten verwerten lassen sich Wärmeüberschüsse im benachbarten Ortsteil Oberhof, ergaben Untersuchungen: Dort nutzten weit über 90 Prozent der Hauseigentümer fossile Energieträger, vor allem Gas oder Erdöl. Das Durchschnittsalter der Heizanlagen lag bei 17 Jahren. Auch die kommunalen Liegenschaften, die 8,5 Prozent des örtlichen Primärenergiebedarfs beanspruchen, hatten Heizungssysteme mit Modernisierungsbedarf. Folglich bot das Nahwärmeprojekt die Chance, die Energiewende vor Ort kräftig voranzutreiben: 295 000 Liter Heizöl und 1058 Tonnen klimaschädliches CO2 können jährlich eingespart werden, so die Klimabilanz.
Zwar sind Nahwärmenetze keine neue Erfindung. Üblicherweise nehmen jedoch nur Energiekonzerne oder Stadtwerke das Realisierungsrisiko auf sich, das hohe Investitionen und lange Amortisierungszeiträume bedingen. Typischerweise werden Nahwärmenetze deshalb auch in Neubaugebieten realisiert, wo Aufwendungen und Einnahmen besser kalkulierbar sind. Die 11 700 Einwohner zählende Gemeinde Teningen wagte dennoch den Schritt. Vom Umweltmionister Franz Untersteller gab's dafür im Dezember 2014 eine Auszeichnung; Teningen ist einer von 13 Gewinnern des Wettbewerbs Klimaschutz mit System.
Der Gemeinderat stellte andere Großprojekte wie die Rathaussanierung hintenan und bewilligte zwei Millionen Euro für den Bau von Verteilnetz und Übergabestationen. Bund und Land schossen 400 000 Euro aus Klimaschutzprogrammen zu. "Wir machen Energiewende zielgerichtet und nicht wie andere Gemeinden, die lieber ihr Strom- oder Gasnetz rekommunalisieren", betont Bürgermeister Hagenacker. Auch weil die Südbadener lange hätten warten müssen: Ein Rückkauf der örtlichen Energienetze ist frühestens in zehn Jahren möglich.
Als Betreibergesellschaft wurde die Nahwärmeversorgung Teningen GmbH gegründet. Das Besondere: Die Gesellschaft arbeitet bürgerorientiert und nicht in erster Linie gewinnorientiert. Zudem übernahm die Beratungsfirma endura kommunal, die mit Projektplanung und -entwicklung beauftragt wurde, 24 Prozent der Gesellschafteranteile der Teningen GmbH. Das Freiburger Unternehmen hatte also großes Interesse am Erfolg des Projekts.
1 Kommentar verfügbar
Blender
am 26.11.2015Das geht nur solange, bis TISA in Kraft ist. Danach kommt irgend ein "Investor", der der Meinung ist, dass dieses Projekt nicht ordnungsgemäß ausgeschrieben wurde und er deshalb Anrecht auf Entschädigung in…