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Das unheimliche Schweigen der AfD

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Medien verbreiten Bilder von einem freundlichen Deutschland, das Flüchtlinge mit offenen Armen empfängt. Angela Merkel sagt: "Wir schaffen das." Doch längst nicht alle Deutschen freuen sich über die vielen Flüchtlinge. Bislang nutzt die AfD die Situation nicht für sich, doch das taktische Warten hat bald ein Ende, kommentiert unser Autor.

Flüchtlinge auf Bahnhöfen, auf Autobahnen, auf allen Kanälen aller Medien. Freiwillige Helfer in ungeahnter Zahl, winkende Menschen, Willkommenskultur – diese Bilder, diese Stimmung verbreiten Presse, Funk und Fernsehen. Doch allen ist klar: Das ist vermutlich nicht die Mehrheit der Deutschen.

Die aktiven Helfer sind natürlich nur eine relativ kleine Gruppe, immerhin zum Glück unvergleichbar mehr als die rechtsextremen Brandstifter. In der Gesamtbevölkerung denkt bestenfalls die Hälfte positiv über Flüchtlinge. Die anderen, die zumindest große Minderheit der Skeptiker, bleibt außen vor.

Dies wäre eigentlich die Stunde der AfD, zumal in Baden-Württemberg, wo im nächsten März gewählt wird. Der rettende Strohhalm, an dem sich die schon fast totgesagten Rechtspopulisten sogar in den Stuttgarter Landtag hangeln könnten. Bislang freilich hört man von denen hierzulande nichts oder jedenfalls nicht viel. Keine Versammlungen, keine Demonstrationen – jedenfalls nicht im Westen der Republik.

Vielleicht sind die verbliebenen AfDler noch mit dem Wundenlecken nach ihrer jüngst vollzogenen Parteispaltung beschäftigt, oder – weit eher wahrscheinlich – sie warten noch ein wenig, bis die Stimmung kippt.

Die AfD wartet auf Zwischenfälle

Unter den häufig etwas älteren Herren der AfD sind sicher manche, die in ihrer Jugend begeistert "Landser"-Hefte gelesen haben; Geschichten von den Heldentaten deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Wie die sich von den Panzern der Sowjetarmee überrollen ließen, um den Feind dann von hinten mit der Panzerfaust zu erledigen.

So lässt sich die AfD jetzt auch von der öffentlichen Meinung, von A wie ARD bis Z wie ZDF, überrollen und wartet auf die ersten Zwischenfälle, auf kriminelle Handlungen oder einfach auf noch mehr Flüchtlinge. Spätestens dann, wenn auch B wie "Bild" aus der ohnehin merkwürdigen medialen Einheitsfront ausschert und den grummelnden Stammtischen Zucker gibt.

Schon jetzt gibt es Anzeichen, dass diese Rechnung aufgehen wird. Angela Merkels Umfragewerte (etwa beim ZDF-"Politbarometer") sinken zum ersten Mal seit vielen Jahren, der CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf ist schon fast auf CSU-Linie angelangt. Und die AfD wird bereits in diesen Tagen, ohne größere Aktionen, ohne eine einzige halbwegs bekannte Figur, bei der jüngsten Umfrage zur Landtagswahl bei fünf Prozent gesehen.

Nicht auszudenken, wenn es tatsächlich irgendwo Randale zwischen Einheimischen und Flüchtlingen gäbe; das wäre Kretschmanns Fukushima.

Für die AfD scheint die Zeit des Wartens ohnehin zu Ende zu gehen. Sie rüstet für eine "Herbstoffensive". Plakate und Flyer sind schon gedruckt. "Asylchaos und Eurokrise stoppen", heißt es da; die beiden Reizthemen des Jahres zu einem griffigen, aber politisch ziemlich sinnlosen Slogan verdichtet.


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6 Kommentare verfügbar

  • margarete52
    am 06.10.2015
    Antworten
    das die AfD sich ganz weit rechtsaußen bewegt ist inzwischen unstrittig. Jeder und Jede kann das ohne jedes Problem feststellen.
    Der Herr Reschl ist offenbar kein AfD Freund. Das geht aus dem Artikel klar hervor. Er äußert jede Menge Vermutungen, warum die AfD so handelt wie sie es momentan tut.…
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