Aus Ivo Gönners Schatten zu treten, wird für seine Nachfolger kein leichtes Unterfangen. Denn der langjährige Ulmer OB genießt parteiübergreifenden Respekt und gilt als einer der profiliertesten Lokalpolitiker des Landes. Ungeachtet der Gefahr, sich in Gönners Fußstapfen einmal um die eigene Achse drehen zu können, ohne mit den Zehen anzustoßen, bewerben sich fünf Kandidaten um den Job. Drei davon mit Chancen: Die Grünen-Stadträtin Birgit Schäfer-Oelmayer, Gönners Parteigenosse und Landtagsabgeordneter Martin Rivoir und Finanzbürgermeister Gunter Czisch (CDU). Die Unterstützung ihrer Parteien ist ihnen offiziell sicher, zumal das Votum am 29. November als ein Indikator für die kommende Landtagswahl gilt.
Noch bevor sich die letzten Schwaden des standfesten Rauchers filterloser Kippen aus dem historischen Rathaus verzogen haben, scharren seine potenziellen Nachfolger mit den Füßen. Seitdem Gönner seinen letzten Schwur auf die Stadtverfassung aus dem Jahr 1397 geleistet und sich damit noch einmal verpflichtet hat, "für die ganze Bürgerschaft einzustehen und das Beste der Stadt nicht nur zu suchen sondern auch mitzuhelfen es zu finden", haben sich OB-Kandidaten in Stellung gebracht. Abgesehen von der Piratin Anja Hirschel und einem "Partei"-Mitglied, besitzen sie samt und sonders Lokalkolorit und sind seit vielen Jahren in der Stadtpolitik aktiv. Auch wenn ihnen der jeweilige Partei-Stallgeruch anhaftet, demonstrieren sie jene Überparteilichkeit, die sich für das Amt eines Oberbürgermeisters geziemt.
Vor allem die Herren des Trios haben in Vergangenheit eher zum Schulterschluss mit dem Stadtoberhaupt geneigt als zur Distanz oder gar Dissonanz. Gunter Czisch schon allein von Amts wegen. Er führt seit 2000 die Geschäfte des Ulmer Finanzbürgermeisters und war an nahezu allen kommunalen Projekten der vergangenen 15 Jahre beteiligt. Seine Kandidatur war für die politische Szene in Ulm keine Überraschung. Für die CDU ist es eine lang ersehnte Chance, nach einem knappen Vierteljahrhundert einmal wieder ein Stadtoberhaupt aus den eigenen Reihen stellen zu können. Seit Gönners erstem Wahlsieg waren alle Versuche, den OB-Sessel zu erobern, kläglich gescheitert.
Der 52-jährige Hobbyschlagzeuger Czisch hat bislang politisch nicht aufs Blech gehauen. Er gilt als solider, akribischer Verwaltungsfachmann, als einer der bedachten Töne. Er führt seine Kandidatur auf innerorganische Prozesse zurück: "Bauch, Herz und Verstand" hätten ihn motiviert, sich zur Wahl zu stellen. Angetrieben von der Liebe zur lebendigen Stadt und seiner Tätigkeit ist er davon überzeugt, in seiner Person Rüstzeug und Qualifikation für das Amt zu vereinbaren.
Von SPD-internen Querelen um Martin Rivoir ist nichts mehr zu hören
Sein Konkurrent von der SPD, Martin Rivoir, fühlt sich tief verwurzelt in der Stadt. Und das nicht erst, seit er als lockiger Juso-Jüngling durch die Studentenkneipen zog und um Mitglieder warb: "Ulm ist meine Heimatstadt, ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich lebe diese Stadt!" Sie nur zu verwalten, sei seine Sache nicht. Der 55-jährige Elektrotechniker sieht sich eher als Gestalter, wobei er betont, dass man Ulm "nicht neu erfinden" müsse: "Ulm steht gut da, bietet vielfältigste Arbeitsplätze, sehr gute Ausbildungsangebote, eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur und beste Lebensqualität. Die Stadt ist für die Zukunft gut gerüstet", lässt er wissen, sein Motto: "Ulm verstehen".
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