Der Südwesten steht in der laufenden Tarifrunde aber nicht nur deshalb im Fokus. Es geht auch um eine Blaupause für andere Länder. Baden-Württemberg ist reich, sieht sich selber auf den konsequenten Weg zur Schuldenbremse 2020, soll anderen vormachen, wie der Spagat gelingen kann zwischen Sparen und mehr Geld ausgeben für Löhne, Gehälter und Pensionen. Kretschmanns Vorvorgänger Günther Oettinger hat Verhandlungen wie diese gerne mit einem Pokerspiel verglichen. Keine Seite will sich in die Karten schauen lassen. Zwei weitere Treffen haben die Tarifparteien vereinbart. "Wenn nach der dritten Runde Mitte März kein diskutables Angebot auf den Tisch kommt, drohen eine Urabstimmung und ein Arbeitskampf vor Ostern", unkt Klaus Dauderstädt, der Bundesvorsitzende des Beamtenbunds. Sein Stellvertreter, Baden-Württembergs Landesvorsitzender Volker Stich, prophezeit Grün-Rot einen "aufflammenden Konflikt" schon in wenigen Wochen.
Immerhin führen die Arbeitnehmervertreter eine nicht von der Hand zu weisende Begründung für ihr Verlangen nach einem satten Plus ins Feld: Die Einkommensschere in den Ländern hat sich nicht nur im Vergleich zur freien Wirtschaft weit geöffnet, sondern zum Bund und den Kommunen ebenfalls, die ihren Beschäftigten inzwischen rund vier Prozent mehr zahlen. "Jammern auf hohem Niveau" nennt das Kretschmann. Der Satz fiel erstmals im Sommer 2010, als der Grüne vergleichsweise drastisch klarmachen wollte, dass "ausgeschlossen ist, einen Haushalt mit über 40 Prozent Personalkosten zu sanieren, ohne den Beamten ans Fell zu gehen". Selbst bei einer Nullrunde werde "die Welt nicht untergehen".
Kretschmann und Stich sind sich nicht grün
Das Echo darauf wurde immer lauter und unfreundlicher, der Regierungschef blieb unbeeindruckt. Manchmal zitierte er sogar den ehemaligen CDU-Finanzminister Gerhard Mayer-Vorfelder mit dessen Spruch "Soldaten kann man anschreien, Zahlen nicht" und hoffte auf "mehr Einsicht in die Notwendigkeiten und eine konstruktivere Haltung" im Beamtenbund. "Der Naive" titelte der "Spiegel" einmal.
Kretschmann und Stich sind sich nicht grün und werden es auch nicht mehr werden. Der eine sieht sich in die Rolle des Buhmanns geschoben, spätestens seit ihn 2012 in der Stuttgarter Liederhalle 2500 Beamte niederbrüllten, -pfiffen und -tröteten. Der andere vertritt nicht nur die Angelegenheiten der 240 000 Staatsdiener im Südwesten. Stich spielt mit der Opposition über Bande: Heftig gemunkelt wird, er wolle mit von der Partie sein, vielleicht sogar am Kabinettstisch, falls es in einem Jahr zum Wechsel nach dem Wechsel kommen sollte.
Dazu heizen CDU und FDP den Schlagabtausch an, und das bereits seit der vergangenen Tarifrunde. Damals schon mit der unverhohlenen Aufforderung an Baden-Württembergs Beamtenschaft, doch zum Protest gegen die Sparmaßnahmen der Koalition auf die Straße zu gehen und Rabatz zu machen. Dies wäre in eigenen Regierungszeiten sicher in die Nähe des abendländischen Untergangs gerückt worden. Besonders gern locken die bürgerlichen Parteien mit vollmundigen Versprechungen, Einschnitte wie etwa die Absenkung der Eingangsbesoldung wieder rückgängig zu machen. Das Verhältnis zwischen Beamtenschaft und Regierung sei komplett zerstört, freute sich der CDU-Landtagsabgeordnete Joachim Kößler kürzlich und gab im Überschwang sogar eine ironische Selbsteinschätzung zu Protokoll: "Wir haben 58 Jahre gebraucht, bis wir Vertrauen eingebüßt haben, Grün-Rot ist schon in 58 Monaten erfolgreich gewesen."
4 Kommentare verfügbar
Heinz Greiner
am 22.02.2015Bei einer Basis die oft ein Mehrfaches des gesetzlichen Rentners ist .
Auf Pump versteht sich . Und auf Kosten der staatlichen…