KONTEXT:Wochenzeitung
KONTEXT:Wochenzeitung

Hören ja, aber nicht erhören

Hören ja, aber nicht erhören
|

 Fotos: Joachim E. Röttgers 

|

Datum:

Das Gehörtwerden hat sich Winfried Kretschmann (65) offenbar einfacher vorgestellt. Der "Floh der Besserwisserei" sei auf die Zivilgesellschaft übergesprungen, sagt der grüne Ministerpräsident im Gespräch mit Kontext und beklagt, dass sich Teile des Protests "fanatisieren". Das bezieht er auf Stuttgart 21, den Nationalpark und die Akzeptanz der sexuellen Vielfalt an Schulen. "Dieser Käs", so Kretschmann, "ist noch nicht gegessen". Er habe nicht vor, das Land zum "größten Debattierklub aller Zeiten" zu machen.

Herr Kretschmann, hat Sie das Regieren verändert?

Ich hoffe, in der Substanz nicht. Das wäre ja schlimm nach zweieinhalb Jahren. Ich hoffe, dass ich noch nicht verbogen bin. Nicht verändert hat sich meine innere Orientierung, die sich bei mir seit meiner linksradikalen Zeit herausgebildet und weiterentwickelt hat. Aber richtig ist, dass ich durch das Regieren eine andere Rolle habe. Ich versuche diese Rolle auszufüllen, ohne mich habituell groß zu wandeln,­ außer natürlich, dass ich älter werde. Aber dieses Schicksal teile ich mit dem ganzen Universum.

Würden Sie nicht manchmal lieber in Laiz im Wald spazieren gehen, als von einem Termin zum anderen zu hetzen?

Eine schöne Vorstellung. Aber der politische Alltag produziert Erwartungen, die ich erfüllen muss. Jede andere Sichtweise hebe ich mir besser für die Pensionierung auf. Solange man in der Vita activa ist, muss es schon das Leben sein, das man möchte. Ich bin ein politischer Mensch und mache Politik aus Überzeugung und Leidenschaft. Es vergeht zwar fast kein Tag ohne Ärger. Aber so ist der Zustand der modernen Demokratie.

Das klingt nicht euphorisch.

Realistisch. Wer so lange Politik macht wie ich, den darf das nicht verwundern. Was mich stört, sind diese vielen sterilen Aufgeregtheiten, die die Mediengesellschaft produziert. Themen, die nur an diesem einen Tag interessant sind, aber da mit aller Macht und Härte durchschlagen, und nach drei Tagen redet keiner mehr darüber. Da darf man sich nicht mitreißen lassen, deshalb versuche ich mir auch so etwas wie Kreativitätszeitfenster zu schaffen. 

Wie reagieren Sie auf diese Aufgeregtheiten?

Besonnen. Eines habe ich in der Regierung sehr schnell gelernt. Das Wichtigste ist, keine Fehler zu machen. Erst danach geht es darum, etwas Gutes zu tun. Und dann gibt es noch Hürden, von denen Oppositionspolitiker wirklich wenig Ahnung haben. Die evidenteste Wahrnehmungsänderung ist die zwischen Können und Wollen. In der Opposition glaubt man immer: Die Regierung will nicht. Jetzt in der Regierungsverantwortung erlebe ich: Man kann nicht. Ich dachte wirklich, weil ich ewig in der Opposition war: Windkraft, erste Landtagssitzung, da stellen wir die Weichen, und das läuft dann. Wir sind zwar auf einem guten Weg, nach zwei Jahren aber dennoch nicht ganz fertig mit den Grundlagen des Ausbaus. Es dauert alles sehr lange.

Das heißt, der Ministerpräsident kann seinem Kabinett keine Beine machen?

Bei der Umsetzung des Windkraftausbaus sind die Regionalverbände und Kommunen zuständig ...

... und grundsätzlich? 

Bin ich ein sehr großer Anhänger der Achtung von Zuständigkeiten in der Politik. Das ist zwar ungewohnt. Aber das mache ich, und davon lasse ich mich auch nicht abbringen. Ich mische mich nicht immer ein.

Auch nicht, wenn es darum geht, uralten Forderungen der Grünen zum Durchbruch zu verhelfen, beispielsweise eine Wahlrechtsänderung zugunsten der Frauenbeteiligung im Landtag auf den Weg zu bringen?

Auch dann nicht. Fragen des Wahlrechts sind Sache des Parlaments, nicht der Exekutive. Ich habe mich auch als Wahlkreisabgeordneter nie in kommunale Angelegenheiten eingemischt. Bürger und Bürgerinnen tun sich schwer damit, die haben ein bestimmtes Problem, das wollen sie gelöst haben. Es ist schwierig, wenn mir Menschen ihre großen Sorgen mitteilen. Aber Zuständigkeiten beachten, das gehört zur guten Ordnung der Dinge, ohne die eine Demokratie nicht funktionieren kann.

Was dazu führen kann, dass Erfolge gelegentlich anderen, zum Beispiel dem Koalitionspartner, zugeschrieben werden.

Eine Regierung zu führen, in der die Koalitionspartner gleich stark sind, ist nicht einfach. Dazu noch ist es für die Sozialdemokraten eine neue Erfahrung, dass Grüne den Ministerpräsidenten stellen. Das ist nicht zu vergleichen mit einer Koalition mit einem kleinen Koalitionspartner und erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl. Und ich stehe als MP ohnehin ganz vorne im öffentlichen Raum, insofern ist es in der Wahrnehmung nicht einfach für einen Koalitionspartner, der im Kern gleich stark ist. Es gehört zu meinen Hauptaufgaben, den Laden zusammenzuhalten.

Nun sind Sie Regierungschef und müssen auch so nebenbei 58 Jahre CDU-Politik im Land aufarbeiten, nicht zuletzt die Ära Mappus. Hätte es für diese Aufgabe nicht mehr Engagement gebraucht? Eine Art Gauck-Behörde, um der Hinterlassenschaften Herr zu werden?

Nein. Das wäre völlig überzogen. Da ging es um die Aufarbeitung einer Diktatur. Und das ist etwas ganz anderes als die Aufarbeitung von Fehlern in der Demokratie.

Es wurde in dieser Demokratie aber gelogen, manipuliert und demokratische Entscheidungsprozesse umgangen, beispielsweise beim EnBW-Deal.

Wir haben mehrere Untersuchungsausschüsse, die sind das geeignete Format zur Aufarbeitung. Sie sind ein Garant dafür, dass die Demokratie in der Lage ist, sich selber zu reinigen. Ich bin übrigens ganz anderer Meinung als der geschätzte Kollege Joschka Fischer, der einmal gesagt hat, Untersuchungsausschüsse sind erstens ein Kampfinstrument, zweitens ein Kampfinstrument und drittens ein Kampfinstrument. Das sind sie natürlich auch, aber ich würde sagen viertens. Denn erstens, zweitens und drittens dienen sie der Aufklärung. In diesem Geist muss man da herangehen.

Und warum entsteht dann der Eindruck, dass die Grünen, was die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen angeht  zur EnBW, zum Schwarzen Donnerstag und jetzt aktuell zum NSU , zögerlich sind?

Ich weiß nicht, wie Sie zu diesem Eindruck kommen. Das Gegenteil ist der Fall. Die erneute parlamentarische Untersuchung des Polizeieinsatzes hat die Fraktion von jenem Moment an unterstützt, in dem über das Auftauchen neuer E-Mails berichtet wurde, die die Vermutung einer politischen Einflussnahme auf den Polizeieinsatz bestärkten.

Die Länder Thüringen und Bayern haben einen NSU-Untersuchungsausschuss installiert, Baden-Württemberg nicht. Und gerade hier gäbe es doch einiges aufzuklären.

In diesem Fall hat das Land alle Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Verfügung gestellt und schon damit für eine lückenlose Auswertung aller Bezüge zu Baden-Württemberg gesorgt. Darüber hinaus haben wir beim LKA die Ermittlungsgruppe Umfeld eingerichtet, die systematisch alle neuen Erkenntnisse mit früheren Ermittlungen abgleicht. Ein eigener Untersuchungsausschuss im Land würde daher zum jetzigen Zeitpunkt keine neuen Erkenntnisse bringen. Das kann sich allerdings schnell ändern, und ich bin mir sicher, dass die Fraktion der Grünen hier nicht zum Jagen getragen werden müsste.

Profitiert die Opposition nicht indirekt von dieser Zurückhaltung?

Nein. Dauernde Alarmstimmung und hypertrophes Aufeinanderlosdreschen ist doch nicht das, was den Leuten gefällt. Nehmen wir den Wahlerfolg der CDU bei den Bundestagswahlen. Der liegt doch an einem Politikstil, der den Eindruck vermeidet, als wären alle Beteiligten permanent in einer Worst-Case-Situation. Den Stil der Opposition in unserem Landtag muss man einfach hinnehmen, der ist schrill, aber das halten die doch selber nicht für wirklich erfolgversprechend.

Dann muss es Schnittmengen geben zwischen der Mutti der Nation und dem Landesvater von Baden-Württemberg?

Ich habe mich mit dem Begriff Landesvater außerordentlich schwergetan, aber irgendwann habe ich ihn angenommen. Dahinter steckt der Wunsch nach Besonnenheit in einer Zeit, die die Leute als krisenhaft empfinden. Besonnenheit ist eine der Kardinaltugenden. Besonnenheit, Mut, Gerechtigkeit und Klugheit, diese vier Tugenden sind nicht umsonst auf den öffentlichen Raum gemünzt. Wenn die Zeiten anders sind, haben die Leute auch gerne mal politische Boxkämpfe, wollen wissen, wer der Gewinner ist. Aber die Zeiten sind nicht so.

Wird Besonnenheit in der Politik belohnt?

Was wird schon belohnt? Ich habe gelernt, dass man sich davon freimachen und seinen inneren Überzeugengen folgen muss und die Dinge so unter die Leute bringen muss, dass sie sie verstehen und für gut halten. Niemand ist frei von Taktik, ohne Taktik kann niemand Politik machen ...

... und sind Wahlen nicht zu gewinnen.

Ich habe mir vorgenommen, an die nächsten Wahlen erst ein halbes Jahr davor zu denken, weil ich glaube, dass es ein großes Missverständnis unter Politikern gibt: Zu viele tun so, als wären sie nicht für diese eine, sondern schon für die nächste und übernächste Legislaturperiode gewählt. Das ist die falsche Haltung. Politikerinnen und Politiker müssen sich immer wieder neu den Wählern und Wählerinnen stellen und werden nicht belohnt für das, was man getan hat, sondern für glaubwürdige Versprechen in die Zukunft. Die sind aber nur glaubwürdig, wenn man das Geschäft in der Zeit, für die man gewählt war, gut und ehrlich gemacht hat. Sonst glaubt einem keiner mehr.

Gibt es am Wahltag nicht doch auch den Lohn für gute Politik?

So ist Demokratie nicht. Die gute Politik wird eingepreist und gehört nach kürzester Zeit zum Normalzustand. Am Wahltag wird abgewählt oder gewählt für die nächsten Versprechen in der nächsten Legislaturperiode.

Da hängt Stuttgart 21 aber sehr quer in der Landschaft. Hätten die Grünen der Glaubwürdigkeit wegen nicht mehr Kante zeigen müssen?

So klar wie bei Stuttgart 21 war die Kante sonst gar nirgends. Und die Klarheit der Kante hieß: Es regieren hier zwei Parteien in einer Koalition, deren Führung in dieser sehr wichtigen Frage vollkommen konträrer Meinung ist. Das Harte besteht darin, dass, wenn eine Regierung solch eine Volksabstimmung einleitet, sich diese Regierung am Ende auch daran halten muss. Das zeigt die Härte der direkten Demokratie. 

Wenn aber die Grundlagen der Entscheidung falsch sind? Wenn wichtige Befürworter wissentlich die ihnen schon bekannten Kostensteigerungen verschleiert haben? Wäre die Volksabstimmung nicht anders ausgegangen, wenn in der Broschüre die Wahrheit gestanden hätte?

Aber es wird überhaupt nicht über Wahrheit und Lüge abgestimmt. Das behaupten manche Stuttgart-21-Gegner. Ich habe kürzlich eine Führung im Neuen Schloss gemacht, und da hat mich eine Stuttgart-21-Gegnerin gefragt: Können Sie als ehemaliger Ethiklehrer es verantworten, gegen die Wahrheit zu verstoßen? Am Tag der Deutschen Einheit kam eine Frau und hielt mir in einer demonstrativen Geste, so wie man dem Vampir das Kreuz hinhält, das Buch "Wahrheit und Lüge in der Politik" von Hannah Arendt entgegen. Ich muss dann darauf hinweisen, dass in der Politik nicht die Wahrheit über die Lüge entscheidet, sondern Mehrheiten über Minderheiten. Alles andere wäre ein großes Missverständnis. Das heißt nicht, dass die Mehrheitsentscheidung der Weisheit letzter Schluss ist. Aber etwas Besseres hat noch niemand erfunden. Und das heißt: Die Narren von heute können die Helden von morgen sein oder die Obernarren. Gott sei Dank!

Heute wissen wir, dass den Verantwortlichen bekannt war, dass die Kosten zu niedrig angesetzt waren, schon zum Zeitpunkt der Volksabstimmung. Stuttgarts OB Fritz Kuhn sagt, dass er kein Vertrauen in die Bahn habe. Wie sieht es mit Ihrem Vertrauen aus?

Die Bahn hat in der Vergangenheit viel Vertrauen verspielt, das sie jetzt mit großer Mühe wieder aufbauen muss. Die Bahn ist hier in der Bringschuld.

Was alles nichts daran ändert, dass die Gegner recht hatten.

Die Gegner, also auch wir, haben, auf die Mehrkosten hingewiesen. Wie sich ex post herausgestellt hat, sogar relativ präzise. Aber die Menschen haben uns mehrheitlich nicht geglaubt. Abstimmungen sind Entscheidungen darüber, ob den Vortragenden Glauben geschenkt wird. Auch nach hundert Stunden Schlichtung haben uns die Menschen – eine Million sollen die Schlichtung im Fernsehen angesehen haben – nicht geglaubt, wie die Volksabstimmung gezeigt hat.

Was aber die Landesregierung nicht daran hindern müsste, Feststellungsklage zu erheben.

Das nicht. Aber erstens wäre der Ausgang äußerst ungewiss und mit hohen Risiken verbunden. Das ist Konsens. Und zweitens gibt es dafür in der Landesregierung keine Mehrheit.

Sie räumen ein, dass das unbefriedigend ist?

Aber nicht zu ändern. Weil Sachentscheidungen künftig anders laufen sollen, machen wir doch die Politik des Gehörtwerdens. Die Bürgerschaft soll in Zukunft nicht mehr das Gefühl bekommen, dass da eine Sache schon hinter den Kulissen vorentschieden worden. Wir machen diesen großen Schritt nach vorn durch die frühe Einbeziehung. Woraus aber nicht folgt, dass wir alle Menschen überzeugen können. Das hat uns die Nationalpark-Debatte gezeigt. Hier habe ich mich gewundert, dass uns die Opposition die härteste Frage nie gestellt hat: warum wir die Leute, die vor Ort dagegen gestimmt haben, nicht haben überzeugen können.

Eine Legislaturperiode ist kurz und die laufende schon deutlich mehr als zur Hälfte herum. Wird die Politik des Gehörtwerdens eine Floskel bleiben müssen?

Mein Eindruck ist, dass in der Breite der Bürgerschaft diese sehr wichtigen Stiländerungen positiv wahrgenommen werden. Das ist einer der Gründe, warum die Landesregierung gute Noten bekommt. Sogar von der Mehrheit der CDU-Wähler und Wählerinnen. Ich gebe zu, dass diese Stiländerung im Kontrast zu meinem Vorgänger auch leichter darstellbar ist. Die Leute sehen, dass es nach 58 Jahren und auch nach Stuttgart 21 höchste Eisenbahn war, dass sich im Umgang etwas ändert ...

... und zugleich werden aber auch Enttäuschungen produziert.

Gott sei Dank habe ich das schon im Wahlkampf gesagt, dass "gehört" nicht "erhört" heißt und ich nicht die Absicht habe, Baden-Württemberg zum größten Debattierklub aller Zeiten zu machen. Die Bürgerinnen und Bürger werden beteiligt, und dann entscheiden die von der Verfassung vorgegebenen Organe. Aber die Erfolge können sich sehen lassen. Die Planungsleitfäden liegen auf dem Tisch, ebenso der Konsens über die Verfassungsänderung zum Volksentscheid. Jetzt ist es unsere Aufgabe, sachlich zu sortieren: Wo führt Partizipation zu einer Entscheidung, die vor Ort fällt? Und wo führt Partizipation zu einer repräsentativen Entscheidung in den Parlamenten? Niemand kann erwarten, dass nach zwei Jahren Grün-Rot alle im Land auf dem Schirm haben, wie die Politik des Gehörtwerdens in ihren Einzelheiten läuft. Die Verhältnisse von repräsentativer zur direkten Demokratie zu ordnen ist kein einfaches Unterfangen.

Die Schwierigkeiten damit fallen Ihnen immer wieder auf die Füße.

Bei der Debatte um die Musikhochschulen haben wir das gemerkt. Die Menschen sind nicht gewohnt, dass ein Vorschlag ein Vorschlag ist und keine Vorentscheidung. Diese Erfahrung treibt mich deshalb um, weil die Reaktionen viel zu oft durch die Decke schießen. Wie auch bei der Debatte um den Nationalpark. Man hatte den Eindruck, als wollten wir im Nordschwarzwald ein Atomkraftwerk bauen. Teile des Protests fanatisieren sich und erschweren den Dialog ungemein. Deshalb müssen wir die richtigen Formate finden, so dass die Auseinandersetzung sich in einer möglichst rationalen Atmosphäre bewegt. Dieser Käs ist noch nicht gegessen. Manchmal könnte man glauben, der Floh der Besserwisserei ist von den Behörden auf die Zivilgesellschaft übergesprungen. Bei mir daheim in Laiz stand eine Mobilfunkgegnerin auf der Treppe und hat mich anagitiert. Und irgendwann hab ich sie gefragt: "Wieso glauben Sie eigentlich, dass ich mich noch nie mit dem Thema beschäftigt habe?" Das ist diese Haltung: Jetzt sagen wir euch Politikern überhaupt erst einmal, was Sache ist. Aktuell läuft auch die Debatte um die Sexualaufklärung in Bildungsplänen so: Sofort bestimmen Extrempositionen den Diskurs.

Und zuweilen liefert die Regierung der Opposition die Steilvorlagen.

Das muss man aushalten. Wenn ich die Opposition ernstnehme mit den Zwischenrufen gegen die Politik des Gehörtwerdens, dann müssten wir ja eine Konsensdemokratie haben. Es ist aber schlechterdings illusionär und nicht einmal wünschenswert, dass immer alle einer Meinung sind. Die CDU-Fraktion – die sitzt ja direkt vor mir, wenn ich auf der Regierungsbank sitze – versucht andauernd, diesen Begriff zu karikieren. Es stimmt, wir sind in der Koalition ein lernendes System, und wir machen auch nicht alles gut. Aber diese Debatten werden von der Opposition so fundamentalistisch betrieben, wie ich das einer Partei, die 58 Jahre regiert hat, nicht zugetraut hätte. Manchmal denke ich: Wie könnt ihr so reden, beispielsweise über den Schuldenabbau oder den Länderfinanzausgleich? Andererseits muss man verstehen, dass die CDU zum ersten Mal in der Opposition und damit in einem schwierigen Findungsprozess steckt, und davon darf man sich nicht aus dem Konzept bringen lassen.

In zwei Jahren tobt der Landtagswahlkampf. Die CDU diskutiert schon die Kandidatenfrage. Sie sagen, wenn es die Gesundheit zulässt, treten Sie nochmal an. Falls die Gesundheit es nicht zulässt: Wen sehen Sie als Nachfolger oder Nachfolgerin?

Gesundheit ist immer die Voraussetzung. Ich trete noch mal an, wenn meine Partei das wünscht, und den Eindruck habe ich bisher durchweg. Für den Fall der Fälle eine Nachfolgedebatte anzuzetteln wäre nicht nur unprofessionell, sondern geradezu dilettantisch. Zudem bin ich kein Monarch, der seine Kronprinzessin oder seinen Kronprinzen bestimmt.


Gefällt Ihnen dieser Artikel?
Unterstützen Sie KONTEXT!
KONTEXT unterstützen!

Verbreiten Sie unseren Artikel
Artikel drucken


27 Kommentare verfügbar

  • Liane
    am 31.01.2014
    Antworten
    @Kommentator:
    haben Sie den HInweis-Artikel auch zu Ende gelesen?
    die ganze Institutionen- Gesellschaft ist gen Rechts/konservativ gerutscht worden...
    deswegen finde ich diese "Links" Phobie absolut dämlich und verherrend.
    (direkt nach der Wahl: SPD und Grün seien ZU links..... ja wo denn?)
Kommentare anzeigen  

Neue Antwort auf Kommentar schreiben

KONTEXT per E-Mail

Durch diese Anmeldung erhalten Sie regelmäßig immer Mittwoch morgens unsere neueste Ausgabe unkompliziert per E-Mail.

Letzte Kommentare:






Die KONTEXT:Wochenzeitung lebt vor allem von den kleinen und großen Spenden ihrer Leserinnen und Leser.
Unterstützen Sie KONTEXT jetzt!