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Die Solidarität der taz

"Wir sind stolz auf die KollegInnen"

Die Solidarität der taz: "Wir sind stolz auf die KollegInnen"
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Die Berichterstattung über Marcel Grauf, schreibt uns die Chefredakteurin der taz, war ein "Dienst an der Demokratie". Dafür könnte sie Kontext bis heute jeden Tag Danksagungen und Glückwünsche von Berlin nach Stuttgart schicken.

Oft steckt die demokratische Aufklärung nicht im allgemeinen Adjektiv, sondern in der ganzen Fülle schmutziger Details. Es ist ein Unterschied, ob wir ahnen oder auch zu wissen meinen, dass in der AfD und für die AfD Leute mit menschenverachtenden, rassistischen und demokratiefeindlichen Einstellungen arbeiten – oder ob wir Auszüge aus 17.000 ausgedruckten Seiten Chatprotokolle bekommen, die das illustrieren. Der Beleg, das Zitat, das Beispiel: Das ist es, was wir brauchen, um zu sehen und in gewisser Weise zu fühlen, wie sich Menschenverachtung, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit ausbuchstabieren und warum wir sie also bekämpfen müssen.

Es ist deshalb sehr wertvoll und generell großartig, dass Kontext die Chatprotokolle des Mitarbeiters zweier AfD-Landtagsabgeordneten veröffentlicht hat. Es war ein Dienst an der Demokratie, für den wir den Kontext-KollegInnen bis heute jeden Tag Danksagungen und Glückwünsche aus Berlin nach Stuttgart schicken könnten.

Umso besser, dass wir auch Marcel Graufs Namen nennen können, weil das Oberlandesgericht Karlsruhe im Februar 2019 meinte, sonst gerieten ja andere AfD-Mitarbeiter, die gemäßigter gesonnen seien, möglicherweise gleich mit unter Verdacht. Eine Begründung, die wir für die Debatte darüber, welchen Rechtsextremisten wir wann mit vollem Namen bezeichnen dürfen, gern im Kopf behalten.

Es war übrigens der Karlsruher Richter, der die Adjektive menschenverachtend, rassistisch und demokratiefeindlich gewählt hatte, um die Auslassungen Graufs im Facebook-Chat zu beschreiben. Da ist einer, der im herbeigesehnten Bürgerkrieg "auf Leichen pissen und auf Gräbern tanzen" will. Und wer meint, solch ein Zitat – es soll hier das einzige bleiben – sei doch jetzt aber unfair aus dem Zusammenhang gerissen, der bekommt eben bei Kontext den Zusammenhang geliefert, und der ist ausführlicher und ja: ekelerregender, als sich das die Leserin wünschen wird.

Die taz weiß, dass es journalistisch auch öde und abstumpfend sein kann, Rechtsextreme auf diese Weise zu beschreiben. Wir haben dann manchmal unsere ideelle Leserin im Kopf, die vielleicht mit den Augen rollt und seufzt: Leute, ich weiß das doch, warum füllt ihr denn Spalte um Spalte mit sowas, kein Mensch braucht das, um zu begreifen, dass das Widerlinge sind.

Doch, wir brauchen das, wir brauchen das genau so, wir brauchen die Details, und wir brauchen sie aus den Foren und von den Plattformen, die heutzutage eben der Ort sind, an dem die rechtsextreme, gefährliche Suppe zusammengebraut wird. Und wir sind stolz auf alle KollegInnen, die sich durch den finanziell und juristisch erstarkten Apparat der AfD nicht davon abschrecken lassen, all das aufzuschreiben und zu berichten.

Die taz hofft sehr, dass es auch im neuen Verfahren in Frankfurt RichterInnen gibt, die das so oder so ähnlich sehen. Viel Glück und Erfolg, liebe Kontext-KollegInnen!


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1 Kommentar verfügbar

  • Franco Vaderno
    am 18.02.2021
    Antworten
    Eigentlich ein gutes Vorhaben. Ber es blieben sehr viele Fragen. Nur die Namen von Rechtsextremisten? Wo aber wird die Grenze gezogen? Sind Straftaten, die Rechtsextremisten begingen, aber keinen Hintergrund in dieser Gesinnung haben, auch mit Namen zu brandmarken? Wo ist die Grenze zwischen…
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