An einem Tag moderieren Sie bis zu zehn Wettersendungen, auch etwa beim SWR oder beim NDR. Hilft da nur noch der Teleprompter?
Kein Teleprompter und kein Auswendiglernen. Ich beschäftige mich mit dem Wetter, ich kriege jede Menge Daten und Modelle, etwa vom deutschen, englischen, französischen und amerikanischen Wetterdienst. Dann habe ich ein "Wetterweltbild" des Tages und damit geht es ohne Probe und ohne Texte ins Studio. Wie ein Seiltänzer ohne Netz und Stange. Ich muss nur einen Handlungsstrang im Kopf haben. Mein Rekord waren übrigens 22 Wettersendungen an einem Tag. Das waren lauter Sondersendungen, da hatte es Sturm gehabt und eingelagerte Tornados.
Kleidung darf nicht ablenken vom Wettererklärbär. Ihre Mutter kommentierte gerne die Pullunder der früheren Wetterfrau Dr. Karla Wege, und Sie konnten sich als Kind nicht aufs Wetter konzentrieren. Wählen Sie deshalb Ihre Kleidung eher, sagen wir mal, unauffällig?
Ganz am Anfang ist mir wohl nicht aufgefallen, dass Fernsehen ein optisches Medium ist. Da gab es einiges zu lachen. Da habe ich mir professionelle Hilfe gesucht, eine Maskenbildnerin besorgte meine Sachen. Mir fehlte ein Modegen, aber es ist besser geworden. Aber ich sehe es immer noch als völlig unnötig an, mit auffälligen Kleidern auf mich aufmerksam zu machen. Es muss der Inhalt stimmen, meine Freude an der Sache sollen die Leute wahrnehmen und nicht, ob ich jetzt irgendwie eine Fliege trage oder komische Krawatten.
Ihr erster Fernsehauftritt kam auch unvermittelt. Sie arbeiteten bei Meteomedia in der Schweiz, bis dahin als Radiomann und Schreiber. Als ein TV-Moderator ausfiel, holte man Sie vor die Kamera mit den Worten: "Du siehst zwar Scheiße aus, aber du kannst reden." Das war ja wahnsinnig freundlich.
Ja, ging so. Ich hab mich dann aber dafür entschieden, dass "aber Du kannst reden" doch ein Lob ist. Ein großer Vorteil war, dass ich keinen großen Drang vor die Kamera hatte, ich hab gerne geschrieben oder Radio gemacht. Mir war die Wettervorhersage wichtig, und so war ich dem Thema Fernsehen und Kamera gegenüber immer locker.
Lassen Sie uns übers Klima reden. Darüber schreiben Sie Bücher, halten Vorträge, sind engagiert dabei. Dennoch wirken Sie nicht wie ein Missionar.
Man erreicht Menschen nicht durch Missionieren oder Gängeln. Ich will keine Handlungsanweisungen erteilen, ich will auch nicht irgendwie Moralapostel sein oder Missionar, ich will das Klimathema übersetzen.
Sie wollen der Physikerklärer sein?
Natürlich kann ich mich auch mit Wissenschaftlern in der Fachsprache unterhalten. Aber der Klimawandel ist kein rein akademisches Thema, das ist ein gesellschaftspolitisches Thema. Und wenn wir ein schwieriges Thema behandeln, müssen wir es so aufbereiten, dass die Menschen es verstehen können. Manche haben aber auch eine eigene Zielsetzung und Agenda. Nehmen Sie den amerikanischen Präsidenten, der ist 74 Jahre alt, der will seine Deals machen, und da ist Klimawandel im Weg. In 20 Jahren, wenn es dann fühlbar ein Problem für viele gibt, ist er 94, da ficht ihn das nicht mehr an. Das Tragische finde ich nicht Trump, sondern dass er gewählt wird.
Ziehen Sie sich warm an, es wird heiß – so heißt Ihr neues Buchprojekt. Das sollte jetzt erscheinen, ist aber erst mal auf Eis gelegt. Warum?
Nicht auf Eis gelegt, sondern der Erscheinungstermin ist um einen Monat auf den 15. Juni verschoben. Der Klimawandel verliert nicht an Bedeutung, aber im Moment ist dieses Virus furchtbar dominant. Im Buch möchte ich deshalb versuchen zu beschreiben, wo uns Erfahrungen, die wir jetzt als Gesellschaft in der Corona-Pandemie weltweit machen, vielleicht helfen. Wenn mir mehr tun, als einfach nur ein Zurück in alte Gepflogenheiten. Grundsätzlich ist mir Einordnung wichtig. Wir leben medial in einer Schnipselwelt, jeden Tag kommt ein neuer Informationsschnipsel zum Klimawandel dazu. Und irgendwann fehlt den Menschen die Fähigkeit, das aufzunehmen. Das möchte ich in einem erklärenden Metateil auffangen. Außerdem werden unsere Chancen dargestellt. Die Menschen mit einer sehr kritischen Situation zurückzulassen und nichts anzubieten, wo es denn hingehen kann, wäre nicht ausreichend.
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