Beim G20-Gipfel in Hamburg wurden mir und acht weiteren Kollegen die Presseakkreditierungen entzogen. Die Begründung: "Sicherheitsbedenken." Konkreter wurden die beteiligten Ämter uns gegenüber bisher nicht. Doch dann, nach einer Welle der Kritik, durch die Regierungssprecher Steffen Seibert heftig ins Rudern kam, meldeten sich mit einem Mal anonyme "Sicherheitskreise" bei verschiedenen Medien zu Wort. Die "Sicherheitskreise", so schrieben unter anderem der "Tagesspiegel" und die "Süddeutsche", erklärten: Unter den 32 Namen auf der Schwarzen Liste seien ein Reichsbürger, ein PKK-Sympathisant sowie Straftäter zu finden. "taz"-Chef Georg Löwisch sieht diesen Vorgang so: "Weil die Kriminalbeamten und Schlapphüte nach ihrem Eingriff in die Pressefreiheit kritisiert worden sind, werfen sie die 32 Journalisten vorsorglich in einen Topf. Vorwürfe rein, umrühren, fertig. Erst akkreditiert, dann diskreditiert."
Ich werde nicht weiter auf die Vermutung eingehen, die Türkei habe Einfluss auf die Entscheidung genommen. Selbst wenn es so war, wird sich das kaum beweisen lassen. Doch auch wenn die türkische Seite keinen Einfluss genommen hat, bleibt, was sich in Hamburg abspielte, ein ernsthaftes Problem für die Meinungs- und Pressefreiheit. Denn das hieße, die deutschen Sicherheitsdienste entscheiden aufgrund ihrer im Verborgenen erlangten und schwer nachprüfbaren "Erkenntnisse" nach eigener Einschätzung, wer frei berichten darf und wer nicht.
Vorweg gesagt: Ich bin kein Reichsbürger. Und – Geheimdienstarbeit par excellence – auch der NDR-Kollege nicht, dem dies beim G20 aufgrund einer Namensverwechslung vorgeworfen wurde. Ich bin kein "Anhänger" der kurdischen Arbeiterpartei PKK, außer vielleicht, man bezieht seine Informationen von der türkischen Polizei, die mich 2014, zusammen mit zwei Kollegen, wegen "Terror-Propaganda" festsetzte. Dann wären freilich auch der Welt-Korrespondent Deniz Yücel und fast alle anderen Journalisten, die momentan in den Knästen der Türkei einsitzen, PKK-Anhänger. Ich wurde auch nie wegen einer Straftat verurteilt. Woher kommen also diese Beschuldigungen?
Haltung ist ein schwieriges journalistisches Ideal
Vor meiner journalistischen Laufbahn war ich mehrere Jahre als das unterwegs, was man gemeinhin einen "Aktivisten" nennt. Ich engagierte mich gegen Nazis, für Tierrechte, beteiligte mich an Umweltschutzaktionen wie die Besetzung von Bäumen beim Protest gegen Stuttgart 21, besetzte Castor-Gleise und saß im Vorstand der Umweltorganisation Robin Wood. Natürlich ging ich auf jede Menge Demonstrationen und kam, wie jeder, der sich außerparlamentarisch politisch betätigt, ab und an mit der Staatsmacht in Konflikt. Anzeigen flogen hin und her und im Verlauf dessen wurde mir in der Polizeidatenbank der "Personengebundene Hinweis: Straftäter – linksmotiviert" angeheftet.
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Andreas Lotter
am 21.07.2017