"Es ist schwierig, in den Dörfern präsent zu sein und exklusive Großstadtgeschichten zu haben", sagt ein LKZ-Redakteur. Der Landkreis hat eine niedere Arbeitslosen- und eine hohe Ausländerquote, viele Singles. Die LKZ hat nur vier Prozent ausländische Leser bei 25 Prozent ausländischen Bewohnern des Kreises. Aber damit trotzdem "mehr als andere Zeitungen", sagt Ulmer. Singles sind für die Tageszeitungen ein Problem, sie surfen eher im Netz als sich zu einem Abo zu verpflichten.
Ulmer hat die Tageszeitungsleser im Kreis erforschen lassen. So weiß er, dass von den 225 000 Haushalten im Landkreis 48 die "Frankfurter Rundschau" lesen, jeweils etwa 500 die "Frankfurter Allgemeine" und die "Süddeutsche", 172 die "taz". Politisch teilen sich die LKZ-Leser auf wie der Kreis: Freie Wähler, CDU und Grüne ziemlich gleich, die SPD dahinter. Die LKZ wird dafür kritisiert "zu weit links oder zu weit rechts zu sein", sagt Ulmer, der das als "gutes Zeichen" versteht. Drei Viertel seiner Leser gehen online, die Steigerungsraten werden flacher, "wir werden 80 Prozent erreichen", tippt Ulmer. Die Onlinenutzer machen Bankgeschäfte, mailen, sind bei Facebook, kaufen ein, vor allem Bücher, Konzertkarten und buchen Reisen.
Drei Viertel der Leser lesen online – umsonst
Auf die Onlinepräsenz der LKZ legt Ulmer dennoch "keinen großen Wert, weil damit kein Geld zu verdienen ist". Drei Prozent seiner Abos sind E-Paper, damit erlöst er allerdings nur ein Prozent. "Ein Prozent ist ein Witz", sagt Ulmer. Ulmer sieht Online als Vertriebskanal. Er will im Netz keine exklusiven Geschichten verkaufen. Ulmers Geschäftsmodell ist ein anderes: "Wir stellen Heimat dar!" Die LKZ-Leser gucken sich als Erstes die Traueranzeigen an, dann die Beiträge im "Magazin". So heißt bei der LKZ, was bei anderen Zeitungen das "Vermischte" ist. Befüllt werden diese Seiten, wie eigentlich der ganze Mantel, mit Agenturmeldungen. Das ist preiswert, aber eben auch das Gegenteil von exklusiv.
Die Entscheidung, den Mantel, also den überregionalen Teil, selbst zu produzieren, und ihn nicht etwa in Stuttgart bei den "Nachrichten" oder in Ulm bei der "Südwest Presse" zu kaufen, hat sich Ulmer gut überlegt: "Ich wundere mich, dass viele mittelständische Verlage den Mantel einkaufen. Wenn man gute Redakteure hat, ist die Mantelproduktion kein Problem und günstiger. In den Siebzigerjahren gab es den Trend, den Mantel einzukaufen, jetzt läuft der Trend eher umgekehrt." Ulmer, ganz der Gallier, ist sogar der Meinung, "dass die Bedeutung des Mantels abnimmt, man seine Bedeutung aber heben kann, wenn man ihn selber macht".
Das werden sie nicht gern hören bei der Südwestdeutschen Medien-Holding (SWMH) in Stuttgart-Möhringen, wo sie mit Zeitungsaufkäufen dem Konkurrenten in Ludwigsburg seit Jahren immer mehr auf die Pelle rücken. Mit der "Marbacher Zeitung" von Westen aus, mit der "Kornwestheimer Zeitung" von Süden aus, mit der "Stuttgarter Zeitung" und ihrer täglichen Lokalausgabe "Strohgäu Extra" von Südosten aus. Geändert hat das an den Kräfteverhältnissen nicht wirklich was, denn auch die Mantelzeitungen verlieren beständig Leser.
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Waltraud Kässer
am 21.09.2013