"Was soll das heißen?", fragt eine Frau, die sich das Plakat genau angesehen hat: "Dass wir uns gleich alle aufhängen können?" Ein Bündel von acht Schlingen hängt oder schwingt vor einer kreisrunden roten Fläche – ein Sonnenauf- oder -untergang vielleicht, das ist nicht zu entscheiden. Darunter scheinen zwei hohe Stühle nach innen zu kippen. Eines von achtzig Plakaten am Bauzaun rund um das Stuttgarter Kunstgebäude: eine neue Form der jährlichen Mitgliederausstellung.
"Ich arbeite an der Börse", reagiert die Frau auf den Hinweis, dass die Schlingen und die Stühle auf eine Seite der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gemalt sind, auf der die Kurse von Fonds gelistet sind. "Man muss seine Anlagen verteilen." Ein Stück weiter liest sie auf einem anderen Plakat: "Ich hab mal ein Bier geholt. Wahrscheinlich die beste Idee des Tages!!!" Sie lacht sich scheckig. Das passe auf einen Bekannten von ihr, der jetzt schon zehn Bier intus habe. "Da ist für Jeden was dabei", meint sie. Und: "Ideen muss man haben."
Eine so lebendige Reaktion zeigt nicht JedeR. Die meisten gehen achtlos vorüber. Es gibt zu viele Plakate, die Stadt ist voll vor der Bundestagswahl. Künstlerplakate sind freilich etwas anders. Auch sie müssen wetterfest sein, wie die Wahlplakate. Aber eigentlich werben sie nicht. Sie wollen nicht die Meinungen beeinflussen. Oder doch?
0 Kommentare verfügbar
Schreiben Sie den ersten Kommentar!