KONTEXT:Wochenzeitung
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Große Corona-Show

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Traumnetze durch das Universum und Anekdoten aus dem Café Größenwahn. Steilgehen in der Gebirgskulisse, Beethovenkaraoke und Deklamationen vom Klopapier – solcherlei Kuriositäten spielen sich auf Kontexts virtueller Bühne ab. Alle 18 Folgen der ersten drei Wochen unserer Serie "Vorhang auf!" gibt es hier zu sehen. Viel Vergnügen!

Sonntag, 12. April

Nein, das O-Team befindet sich nicht in einer akuten Notsituation. Die an der Wagenhalle in Stuttgart ansässige Theatergruppe erhält eine institutionelle Förderung, ist also materiell abgesichert. Zwar ist die Premiere ihres Neuen Tanztheaterstücks "Wetware" abgesagt worden, die eigentlich am 27. März in München hätte stattfinden sollen. Aber das ist nicht der Grund, warum Nina Malotta, die Bühnenbildnerin, Kontext für "Vorhang auf!" eine Filmversion ihres Stücks "Café Stefanie/Corporate Bohème" anbietet, realisiert vor fünf Jahren in München und Stuttgart. "Ich würde mich freuen", schreibt sie, "wenn wir ein bisschen Freude und Wärme mit diesem Beitrag verbreiten können."

Das Café Stefanie, auch Café Größenwahn genannt, war eine legendäre Münchner Künstlerkneipe. Alles was Rang und Namen hatte, war dort um 1900 zu Gast: Künstler bis hin zu Paul Klee, Theaterleute wie Erwin Piscator, Autoren wie Gustav Meyrinck oder Heinrich Mann sowie alle späteren Protagonisten der Münchner Räterepublik. In den Worten von Erich Mühsam: "Massenhaft Maler, Schriftsteller und Genieanwärter jeder Art, auch viele ausländische Künstler, Russen, Ungarn und Balkanslawen, kurz das, was der Münchener Eingeborene in den Sammelnamen ‚Schlawiner‘ zusammenfasst." Im Mittelpunkt: die lebenshungrige Franziska zu Reventlow, die über ihre Bohème-Zeit den Roman, "Herrn Dames Aufzeichnungen", geschrieben hat.

Angeregt durch solcherlei Lektüre, begab sich das O-Team vor ungefähr sechs Jahren zusammen mit dem Theater Pathos aus München auf die Spuren der Bohème der Jahrhundertwende. Langhaarige, Barfußpropheten, Vegetarier, Jugendbewegung und Jugendstil, Künstler und Literaten: Vieles, was in der Subkultur nach 1968 fröhliche Urständ feierte, gab es damals bereits. Manches war aber auch ganz anders. Wie wäre es, fragten sich die Theaterleute, tief in die Vergangenheit einzutauchen, um mit dem Publikum gemeinsam unsere Obsessionen auszuleben und am Morgen verjüngt zu erwachen?

Einzeln wurden die Zuschauer in viertelstündigem Abstand von einem verabredeten Treffpunkt an einen geheimen Ort entführt. Sie bekamen die Augen verbunden, erhielten einen Decknamen und Passwort, mussten persönliche Gegenstände abgeben und wurden geschminkt. Keiner wusste, wer Publikum und wer Schauspieler war – außer natürlich die Schauspieler, die ihre Gäste "subtil animierten", wie Malotta sagt, aus sich herauszugehen, auf einer kleinen Bühne etwas vorzuführen und in Interaktion zu treten. Für den Fall, dass jemand zu weit ging, war einer zuständig, gegebenenfalls eine Raucherpause anzuordnen.

In Stuttgart gab es keine Bohème wie in München. Um einen Anknüpfungspunkt zu finden, verlegte sich das O-Team auf den "Oberdada" Johannes Baader, der hier an der heutigen Hochschule für Technik Architektur studierte, dann den Bau eines "Welttempels für einen internationalen interreligiösen Menschenbund" plante, bevor er als der wiedererstandene Christus in Erscheinung trat und an der Ersten Dada-Messe in Berlin teilnahm.

Bei allen Aufführungen war immer ein Rainer Maria Fassbinder dabei, der einen Film über die Bohème drehen wollte. Aus dessen Aufzeichnungen in München und Stuttgart ist das Video zusammengeschnitten.

Virtuelle Bühne bei Kontext

Weil Corona den Kulturschaffenden ihre Bühnen nimmt, wollen wir als Medium eine virtuelle bieten. Wenn wir es schaffen, wechseln wir täglich die Stücke, damit möglichst viele ihren Auftritt bekommen. Den Auftakttext zum Projekt gibt es hier nachzulesen.

Folge 17: Vorhang auf für Dundu!


Freitag, 10. April 2020

Stefan Charisius verbindet seine Einsendung zu unserer Reihe "Vorhang auf!" mit einer Forderung: "Dieses Konzept auszuprobieren, um es dann über die Medienminister als Pflichtprogrammpunkt in den öffentlich-rechtlichen Sendern zu verankern und endlich eine play-local-Quote zu fordern, wie es in anderen europäischen Ländern schon gehandhabt wird." Zum Beispiel: "SWR Fernsehen / Hörfunk sollten Auflagen bekommen, Künstler aus dem Ländle zu spielen und zu zeigen."

Charisius hat zu den ersten Künstlern gehört, die 2003 der Stadt Stuttgart einen zunächst dreimonatigen Mietvertrag für Ateliers an der Wagenhalle abtrotzten. Daraus entstand das Künstlerbiotop Wagenhalle und drei Jahre später das Projekt Dundu. Der Name der Groß-Gliederpuppe, erfunden von Tobias Husemann, steht für Du und Du: "Der 'Mehrwert eines Miteinander' ist mir wertvoll", betont Charisius. Vor zehn Jahren noch auf Stuttgart-21-Demos zu sehen, ist Dundu mittlerweile längst äußerst erfolgreich weltweit unterwegs. Die bisherigen Auftrittsorte allein in diesem Jahr seit Januar: Dubai, Dortmund, München, Singapur, Stuttgart, Ebersbach, Leicester, Stuttgart – und dann war wegen Corona Schluss.

Das Stück, von dem wir hier ein fünfminütiges Video zeigen, heißt "Du und du. Eine musikalische Erzählung" und feierte 2014 an der Wagenhalle Premiere. "Du und du spannen Traumnetze durch das Universum", lautet die Beschreibung. "Diese verbinden sich zu einem Wesen aus Licht und Klang. Begegnungen, Erkenntnisse, Gefahren und Möglichkeiten, dazwischen viel Raum und Zeit für den Betrachter, sich in die Momente einzufinden. Eine Welt nach der Krise in neuem Bewusstsein über das essenzielle echter Begegnung von Mensch zu Mensch."

Charisius ist ganz am Anfang kurz an der Kora zu sehen. Er gehört zu den an einer Hand abzählbaren Musikern in Europa, die das 21-saitige westafrikanische Saiteninstrument spielen. Ursprünglich Sprecherzieher, lernte er auf Reisen die westafrikanische Musik kennen und kam durch die Wagenhalle zu Dundu. "Ich muss nicht im Mittelpunkt stehen", schreibt er, "in meinem Leben geht es um Aufklärung zum Beispiel über den Ursprung des Blues, die Kora aus Westafrika."

Hinter Dundu steht ein ganzes Team: 13 Figurenspieler sind an der Aufführung beteiligt, drei weitere wirken mit an Musik und Klang, nicht zu vergessen der Regisseur Sebastian Kutz. Als die Künstler wegen der Sanierung aus der Wagenhalle ausziehen mussten, bauten die Dundu-Leute eine ganze Halle mit Proberaum, Werkstätten, Musikstudio und Büros und haben zusätzlich ein Zelt gemietet. Vorerst können sie dort bleiben. "Wir werden sinnvolle Vermietungen organisieren", so Charisius, "und den Raum für Kunst in Stuttgart immer schön groß halten."

Web: www.dundu.eu

Folge 16: Vorhang auf für Martina Wegener!


Donnerstag, 9. April 2020

Das Video passt in jeder Hinsicht zur momentanen Situation: Da läuft ein Mann im Anzug eine Wiese in einer Berglandschaft hinunter, die jedem Virologen und Politiker zur Zeit Tränen der Freude in die Augen treiben würde: Nicht nur im Umkreis von anderthalb Metern, nein, weit und breit ist kein anderer Mensch zu sehen. Der Himmel ist strahlend blau, die Sonne scheint, der Mann rennt und springt. Die Zeitlupe, in der die Szenerie aufgenommen ist, dehnt die eigentlich schnellen Bewegungen in die Länge, wie eine Metapher auf das derzeit ausgebremste öffentliche Leben. Und es geht: bergab. Langsam aber stetig, zu ruhiger aber spannungsgeladener Musik des Schweden Jon Collin. Was passiert wohl, wenn der Laufende angekommen ist, wo er hin möchte?

Dabei hat der Film, den Martina Wegener gedreht hat, nichts zu tun mit Corona oder Krise. Wegener war 2018 Stipendiatin des Saarland Stipendium der Jungen Akademie der Akademie der Künste in Berlin und ihre Arbeit war Teil der Ausstellung "all animals i am", die von November bis Dezember des vergangenen Jahres in der Saarländischen Galerie in der Bundeshauptstadt gezeigt wurde. Wegener sagt dazu: "Ich hatte einfach einmal Lust, einen Western zu machen." Das Genre fasziniert sie, vor allem die Bildgestaltung, "und ich dachte, ich fange einfach mal an." Herausgekommen als eine erste Arbeit zum Thema ist das Video "Descending", gedreht in den Bergen in Südfrankreich, "der Ort war einfach der Wahnsinn."

Die Video- und Performance-Künstlerin, Jahrgang 1987, ist in Stuttgart geboren, lebt und arbeitet mittlerweile dort. 2014 hat sie ihr Diplom gemacht an der Hochschule der Bildenden Künste in Saarbrücken, war dann Meisterschülerin von Georg Winter und hatte mehrere Lehrtätigkeiten an der Hochschule inne. Dabei wollte sie ursprünglich einmal in Hohenheim Agrarbiologie studieren. Mittlerweile verbindet sie manchmal beides, wie 2014, als sie mit ihrem Künstler-Kollegen Frédéric Ehlers, der im Video den Berg hinabläuft, für ein Projekt ins französische Rambouillet reiste, die Partnerstadt von Kirchheim unter Teck: Im Gepäck zwei Klappräder und das Thema "Korn".

Jetzt ist sie, wie der Laufende im Video, durch Corona ausgebremst. Dabei arbeitet sie seit einem Jahr an einer Ausstellung, einem Projekt mit mehreren Künstlern, das eigentlich von Mai bis September in den Stuttgarter Wagenhallen stattfinden sollte. Das ist abgesagt. "Ich bin als Künstlerin auf Öffentlichkeit angewiesen", sagt Martine Wegener. "Meine Einnahmen fallen momentan alle weg."

Web: www.martinawegener.de

Folge 15: Vorhang auf für Anna Gohmert, Anna-Kirstine Linke, Jonas Wolf!


Mittwoch, 8. April 2020

"Alle Menschen werden Brüder": Sonntags ab 18 Uhr spielen Musiker in Stuttgart derzeit wie an vielen Orten am offenen Fenster Beethovens "Ode an die Freude". Die offizielle Hymne der Europäischen Union wird auch sonst gern zu staatstragenden Anlässen aller Art gespielt. Und nicht nur in Demokratien: auch zum Beispiel zur Eröffnung der Neuen Bibliothek von Alexandria, noch unter Hosni Mubarak, der sein Land ausgeplündert hat. Brüder? Auch in Europa eignen sich Superreiche alles an, was den anderen dann fehlt. Wie kommen wir da raus?

Mit "Beethovens Escape Room" haben sich die Künstlerin Anna Gohmert, die Regisseurin Anna-Kirstine Linke und der Musiker Jonas Wolf für den Kunstpreis Beethoven Reloaded 2020 anlässlich des 250. Geburtstags des Komponisten beworben. Escape Rooms – falls jemand damit nicht so bewandert sein sollte – sind ursprünglich eine Art von Computerspielen, die aber, weil es auf Dauer doch nicht so viel Spaß macht, allein vor sich hin zu daddeln, von geschäftstüchtigen Menschen in den realen Raum übertragen wurden. "Im Gegensatz zum 'echten Leben'", so beschreiben die drei die Ausgangssituation, "scheint das Entkommen möglich, zudem ist man dabei nicht allein."

Acht Teilnehmer wurden zunächst in einen dunklen Raum geführt, in dem nur zwei elektrische Wachskerzen für ein schwaches, flackerndes Licht sorgten. Sie mussten verschiedene Rätsel lösen, etwa an wen Beethovens "Heiligenstädter Testament" gerichtet war, um schließlich nach verschiedenen Aufgaben an die Zahlenkombination zum Schloss für den zweiten Raum, die Beethoven-Rezeption zu gelangen. Hier wurden sie mit Fragen konfrontiert wie: "Möchtest du in 250 Jahren erinnert werden?" oder "Wünschst du dir, dass eines Tages Produkte mit deinem Gesicht drauf verkauft werden?" Zuletzt mussten sie an einer Karaoke-Station singen. Und zwar was? Genau: "Freude schöner Götterfunken …"

"Was passiert, wenn die Realität eine diffus-dystopische Übungssituation einholt, lässt sich aktuell in den Anfängen beobachten", schreiben Gohmert, Linke und Wolf zum vorzeitigen Ende ihres Kunstprojekts aufgrund von Corona. "Vielleicht stellt der aktuell zu beobachtende 'Hamsterkauf' eine Praktik dar, die sich mit der Lust an spielerischer Endzeit-Vorbereitung vergleichen lässt." Und weiter: "Die gefahrlose Realität, der man sich im Escape Game aussetzen konnte, scheint in jedem Fall an Relevanz einzubüßen."

Der Kunstpreis Beethoven Reloaded wird nun unter allen zehn Bewerbern gleichmäßig verteilt. Gohmert, Linke und Wolf hatten noch Glück, andere fanden überhaupt nicht den Weg zum Publikum. Nun stecken sie auf verschiedene Weise fest. Wolf ist durch ein Promotionsstipendium bis Ende September gesichert, muss aber auf Jobs als Cello-Lehrer und Musiker verzichten. Linke ist mit einem kleinen Rucksack in Hamburg gestrandet, ihr Regie-Studium in Zürich ist unterbrochen, da die Schweiz ihre Grenzen und die Uni ihre Pforten geschlossen hat. Gohmert muss, statt etwas Geld in der Gastronomie zu verdienen, ihre elfjährige Tochter betreuen. Bei unverändert laufenden Kosten kann sie nur weiter in geplante Projekte investieren, von denen sie noch nicht weiß, ob sie überhaupt stattfinden.

Ist ein Escape Room einer, aus dem man entkommen will oder einer, in den man entkommen will, fragt das KünstlerInnentrio. Ihr dritter Raum, der Beethoven Quizz und Trainings-Raum scheint genau die Situation vorwegzunehmen, in der sich die Zuhausebleiber derzeit alle befinden.

Folge 14: Vorhang auf für die Bremer Shakespear Company!


Dienstag, 7. April 2020

"Ich widme meine heutige Rolle", beginnt Svea Auerbach mit Blick auf eine Klopapier-Rolle, "dem Sonett 98" – das sie nämlich auf das Klopapier notiert hat, in der hervorragenden Übersetzung von Christa Schuenke: "Ich war von dir getrennt im Frühling mild …" Social distancing nennt man das heute, oder in den Worten der Bundeskanzlerin, "dass wo immer es möglich ist auf Sozialkontakte verzichtet werden soll". Dabei ist draußen schönstes Wetter. Das weckt Frühlingsgefühle, schon zu Shakespeares Zeiten: "Da hüpfte selbst Saturn und lachte breit". Als der üblicherweise eher melancholische Gott der Aussaat und des Ackerbaus flext Simon Elias im Garten hinter einem Haus frohgemut ein Stück von einem ornamentalen Fenstergitter ab. "Hab nicht ein Sommerlied hervorgebracht", fährt Petra-Janina Schultz fort, einen Strauß gelber Tulpen im Arm: "die Blumen nicht aus Frühlings Schoß gepflückt."

"Ich habe am Samstag von Ihrer Initiative in der Ausgabe 469 (Beilage der taz) gelesen", schreibt uns Annette Ruppelt aus Bremen. Das wäre die Ausgabe vom 25. März. "Wir, die bremer shakespeare company, veröffentlichen seit einigen Jahren zu unseren Repertoirestücken Trailer von ca. 2-5 Minuten. Das sind zwar keine Produktionen, die sich konkret auf die heutige Corona-Situation beziehen …" Und doch veröffentlicht die Company schon seit 20. März jeden Tag ihren "Daily Shakespeare", der sich allerdings, mal ernst, oft aber auch humorvoll Weise auf die heutige Corona-Situation bezieht – und ist damit Kontext um fünf Tage voraus.

"Schauen Sie das bitte an!" fordert Erik Rossbander in der ersten Folge die Zuschauer auf: "ein Theater, leer, keine Zuschauer!" In zwei Folgen werden Szenen aus dem Stück "Charles III." von Richard Bartlett, das sich auf den heute lebenden Prince Charles bezieht, auf die Corona-Aktualität bezogen. Andere Folgen enthalten Blicke hinter die Kulissen, Zungenbrecher, eine Videobotschaft des Regisseurs Marco Martinelli aus Ravenna oder, hochaktuell und mit dem Meterstab plastisch vorgeführt, den Song "Love from a Distance" der Kanadierin Michelle Gurevich. Peter Lüchinger – in Quarantäne in der Theaterbibliothek – hält einen Vortrag über Shakespeares Leben zu Zeiten der Pest. Als die Theater 1592 schließen mussten, verlegte er sich auf Gedichte. Es waren seine ersten gedruckten Werke. Und ein neues Kraut aus Virginia zu rauchen, wurde als Medikament empfohlen.

Die bremer shakespeare company bittet nun um Spenden – nicht für sich selbst, die Company konnte Kurzarbeit anmelden – aber für ihre fünfzehn bis zwanzig freien Mitarbeiter. Der Aufruf findet sich hier, sämtliche Folgen des "Daily Shakespeare" hier.

Folge 13: Vorhang auf für Mechthild Hettich! 


Montag, 6. April 2020

Wenn Mechthild Hettich momentan in der Frühlingsonne spazieren geht, versucht sie die Leute anzulächeln. Weil derzeit so viele Menschen so geknickt herumlaufen würden und man ihnen an den Augen den Gedanken ablesen könne: "Oje, hoffentlich hat keiner gesehen, dass ich da jetzt nur 1,47 Meter Abstand gehalten habe." So ein Lächeln, sagt Mechthild Hettich, stecke zwar auch an, aber nicht mit einem Virus.

Die 57-Jährige ist Sängerin und Gesangslehrerin. "Dadamusik – Singen mit Seele" steht auf ihrer Homepage. Ihre Stimme ist ihr liebstes Instrument, weil sie die immer dabei hat. Und weil sie das Singen zwar liebt, aber noch nie gut gewesen sei im Nachsingen, hat sie sich verlagert auf die Stimmkunst. Den freien Ausdruck mit dem eigenen "Körperinstrument" Klangteppiche zu erzeugen und Geschichten zu erzählen. Mit einem Ton fängt sie an, dann improvisiert sie, wie bei der Performance "White Chilli Chok", die sie uns gesendet hat. "Das ist wie eine Sprache mit Lauten, die aus dem, Moment kommt. Da, wo es mich juckt und kitzelt, da reise ich mit meiner Stimme hin", sagt sie. Da klingt ein grauer Herbstmorgen auch schonmal wie "die letzten, gelben Blätter der Quitte vor dem dunklen Himmel", schrieb der Weser-Kurier in Bremen einmal in einem Portrait.

Ungewöhnlich ist ihre Kunst. Und fast ein wenig psychologisch. Vielen Menschen sei das Singen heutzutage ausgetrieben worden, sagt Hettich, was schade sei. "Du kannst nicht singen", ein oft gehörter und gesagter Satz, der dadurch auch nicht besser würde. Denn: "Jeder kann singen" – man braucht nur den Mut, nicht eine vorgegebene Norm erfüllen zu wollen und die eigene Stimme klingen zu lassen. "Zu merken, da ist Kraft dahinter, die aus einem selbst herauskommt, verändert das eigene Standing und das Selbstbewusstsein", sagt sie. Wer sich partout nicht traut, einfach mal loszuschmettern, dem empfiehlt sie zu saugen – denn ein Staubsauger sei ein super Begleitinstrument.

In normalen Zeiten macht die Stimmkünstlerin aus Stuttgart jeden Tag Musik mit echten Menschen. Ihren Stimmunterricht, den sie seit mehr als 20 Jahren gibt, kann sie trotz Corona weiterühren, "Einzelunterricht geht ja noch", sagt sie. Zusätzlich nimmt sie Audios auf für ihre SchülerInnen. Momentan versucht sie, sich nicht nur mit den neuesten Corona-News zu befassen, sie spielt viel Klavier, weil sie mehr Zeit hat. Mit Kolleginnen entwickelt sie ein neues Programm weiter. Und wenn sie doch mal der Corona-Blues einholt, dann beginnt sie zu summen, das helfe. "Denn wenn der Körper schwingt, erlebe ich mich ganz anders."

Web: www.mechthild-hettich.de

Folge 12: Vorhang auf für Ute Woracek!


Sonntag, 5. April 2020

Ursprünglich hatte Ute Woracek für unsere Reihe "Vorhang auf!" ein Video zur Restaurierung eines riesigen Holzschnitts von Lukas Cranach dem Jüngeren in Freiberg im Erzgebirge angeboten. Sie hat es angefertigt für eine Ausstellung im dortigen Bergbaumuseum, die nun vorzeitig abgebrochen wurde. Doch dann hatte sie eine bessere Idee: Die Videokünstlerin suchte einen ihrer ersten Filme heraus, mehr als zwanzig Jahren alt, und überarbeitete noch einmal den Ton. Er gehört zu ihrer Serie "Odyssee einer Hausfrau, Filme zur Hygiene".

Mit Atemschutzmaske steht die Hausfrau hinter einem alten Tisch, zieht Gummihandschuhe über, nimmt eine Politur und sprüht sie auf die Platte. Das Pochen eines Pulsschlags erhöht die Spannung. Droht Gefahr? Was wird passieren? Nichts. Sie wischt über die Tischplatte. Doch dann gleitet das Geschehen ein wenig aus der alltäglichen Routine hinaus, während eine englische Automatenstimme wiederholt: "Die von Ihnen gewählte Nummer wurde geändert. Die neue Nummer ist" und eine Menschenmenge johlt und applaudiert wie bei einem Sportereignis. Am Ende ertönt nach drei Gongschlägen die Ankündigungsmusik einer Nachrichtensendung. Dann bricht das Video ab. Die Atemschutzmaske behält sie an.

Woracek spielt mit der Unklarheit und den Doppelbödigkeiten der aktuellen Situation. Eigentlich trägt die Hausfrau die Atemschutzmaske nur, um sich vor den Ausdünstungen des Reinigungsmittels zu schützen. Nachrichten im Fernsehen gibt es jeden Tag, es ist alles ganz normal. Oder? Was Generationen von Hausfrauen auf die Palme gebracht hat, nämlich zur Hausarbeit verdammt zu sein, ist im Moment auf einmal Alltag für alle, Männer wie Frauen. Manche fangen an zu putzen, weil ihnen nichts Besseres einfällt. Oder weil sie das lange nicht mehr getan haben. Oder doch wegen der Hygiene?

Ute Woracek ist mit einem Halbtagsjob an der Stuttgarter Kunstakademie finanziell abgesichert. So kam auch ihre Arbeit für Freiberg zustande, denn sie arbeitet im Fachbereich Restaurierung. Die Restauratoren der Stuttgarter Akademie haben das verloren geglaubte Porträt des Reformators Johannes Hus in einjähriger Arbeit wiederhergestellt. Aber natürlich kann auch sie nicht umhin, die Veränderungen im Alltag aufgrund der Corona-Krise zur Kenntnis zu nehmen, zu denen ihr Video, nur leicht verändert, einen passenden Kommentar abgibt. Die Odyssee ist noch nicht zu Ende.

Web: www.uteworacek.de

Folge 11: Vorhang auf für Jörg Buchmann!


Samstag, 4. April 2020

Bei David Bowie strandet Major Tom irgendwo in den Weiten des Alls, nachdem ihn sein Raumschiff im Stich lässt, mehr als 100.000 Meilen von der irdischen Heimat entfernt. Was mag der Kunstfigur widerfahren sein, ganz allein in einem endlosen Kosmos? Vor acht Jahren, "in einer sehr schmerzvollen Phase", hat sich Jörg Buchmann ein Szenario ausgemalt: Was, wenn nur die Technologie zugrunde ging, aber der Niedergeschlagene den Absturz überstanden hat? Was wenn er aufgestanden ist und zu Fuß weiterging? 

Nach dieser Idee hat Buchmann die Website "Walking Major Tom" benannt, auf der er seine Alben anbietet. "Das Liederschreiben", sagt er, "ist für mich wie Tagebuchführen." Meistens setzt er sich Abends mit der Gitarre hin, lässt seinen Assoziationen zum Erlebten freien Lauf und wenn ihm ein Stück gefällt, lässt er die Aufnahme mitlaufen – anfangs auf einem Walkman, heute auf dem Smartphone. "Echte Low-fi-Musik", sagt er. Was dann ein paar Tage später immer noch gut klingt, landet vielleicht auf einem Album. Die zugehärigen Cover gestaltet Buchmann selbst und jedes einzelne ist ein Unikat: Mit Malerei, Collagen, Zeichnungen und Polaroid-Fotographie. 

"Es fällt mir total schwer, mich auf ein Medium festzulegen", erzählt der Künstler, der auch an Installationen arbeitet, Videos schneidet und Performances anbietet. Beim Musizieren singt er meist in erfundenen Sprachen – vielleicht weil feste Formen seine Sache nicht sind. Eher das  Vieldeutige, aus dem Unbewussten Entstandene, das die Gedanken weniger in Bahnen lenkt, als sie anzuregen und dann sich selbst zu überlassen. 

Nach diesem Prinzip ist auch das Stück "Corona World" enstanden, das Buchmann für Kontext bereitstellt: Ein kurzes Video mit einem meditativen Song, untermalt mit eigenen Bildern und alles aus einer Hand. Die Corona-Krise bedeutet, wie für so viele Kulturschaffende, auch für den 48-Jährigen einen "Einnahmetotalausfall". Besonders dass er gerade keine Workshops mehr geben kann, trifft ihn hart. Doch seiner Musik merkt man keinen Schwermut an. Sie klingt ein bisschen nach Weltraum – und danach, dass es irgendwie weitergeht. 

Spenden an den Küstler gerne via Paypall über skipperjoerg@yahoo.com

Folge 10: Vorhang auf für Sebastian Polmans!


Freitag, 3. April 2020

"Die Tulpe lädt zum Riechen ein", weiß Sebastian Polmans und dieser Lebensweisheit hat er nicht nur ein Gedicht, sondern ein ganzes Kinderbuch gewidmet – illustriert mit eigenen Kugelschreiber-Zeichnungen, "auf feinem Künstlerpapier gedruckt", wie der Bübül Verlag betont, und inklusive Bastelbogen. In seinen gezeichneten Gedichten geht es um Gewitter, die Liebe zur Natur und die Freundschaft, auch zu Tieren und Pflanzen. Und nach einer ausgiebigen "Riesenriecherei" am Blumenduft, dichtet Polmans, geht er mit neuen Farben heim und malt sich im Traum einen Garten damit.

Für Kontext hat der 37-Jährige nicht nur sein Tulpengedicht vertont, sondern auch zur Gitarre gegriffen und zwei Lieder aufgenommen, die so viel Lebensfreude und zärtlich gebliebene Zuversicht ausstrahlen, dass das Ausmaß an guter Laune schon beinah etwas deplatziert wirkt in Corona-Zeiten. "Natürlich bekomme ich mit, dass die Situation für viele dramatisch ist", kommentiert Polmans, der sich selbst sogar als "etwas hypersensibel" einschätzt und sich lieber mit Sebastian anreden lässt. "Aber den Optimismus und das liebevolle Miteinander müssen wir uns beibehalten."

Er lebt, zusammen mit rund 16.000 Einwohnern, in der Gemeinde Niederkrüchten, ein paar Kilometer westlich von Mönchengladbach, in einem Haus mit großem Garten und, natürlich, direkt am Waldrand. 2011 ist sein Debütroman "Junge" beim Suhrkamp-Verlag erschienen, seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet – unter anderem mit dem Bayern-2-Wortspiele-Preis und der BUND-Distel für Natur-, Umwelt- und Tierschutz. Manchmal kombiniert er seine Kunst mit pädagogischen Konzepten. Beispielsweise Lesungen in Kindergärten mit einer nächtlichen Glühwürmchenwanderung, "um zu zeigen, was in der Natur so alles vor sich geht".

Jetzt müssen die Kindergärten, wie so viele Einrichtungen, erst einmal geschlossen bleiben, und "da kommt gerade nicht so viel Verdienst rein", sagt Polmans. Wichtiger ist ihm aber: "Ich habe nicht den Eindruck, von irgendjemandem vergessen worden zu sein und zu tun, gibt es immer genug." Beispielsweise malt er gerade an einem Porträt seiner Familie, verewigt den Garten einer Bekannten auf Leinwand und "außerdem ist ja gerade Pflanzzeit" – also gibt es auch im eigenen Garten genug zu tun. Und so singt die Frohnatur auf der digitalen Bühne:

     Wo immer du bist,
     Sei dein Herz voll mit Licht,

     Sei weit wie ein Meer
     Und stark wie ein Bär

Bücher können beim Bübül Verlag bestellt werden oder beim Autor per Mail:  sebastianpolmans--nospam@yahoo.de

Folge 9: Vorhang auf für Jonathan Delazer!


Donnerstag, 2. April 2020

Unbeweglich sitzt Jonathan Delazer im Sessel. Man könnte das Video für ein Standbild halten, wie sie auf YouTube häufig zu finden sind, wenn es zur Musik keine bewegten Bilder gibt. Erst wenn man auf Vollbild umschaltet und sehr genau hinsieht, bemerkt man, dass sich der Plattenspieler dreht und sich der Brustkorb des Musikers fast unmerklich hebt und senkt. Delazers Film scheint wie ein Kommentar zur aktuellen Lage: Alle Auftritte sind abgesagt, Musiker sitzen zu Haus.

Die derzeitige Situation habe ihn "einige Gigs gekostet", sagt er. Von einer größeren Tour im Mai mit 12 bis 13 Konzerten wird mit Sicherheit nicht alles stattfinden, wenn überhaupt. "Die Verluste sind leider da", bedauert er aber langweilig wird ihm trotzdem nicht. "Es gibt viel zu tun", stellt der Musiker fest: "komponieren, Bücher lesen, soziale Kontakte über verschiedene Medien." Musik gibt es freilich einstweilen nur aus dem Lautsprecher.

Jonathan Delazer ist 2013 zum Musikstudium nach Stuttgart gekommen. Er wäre auch anderswohin gegangen. Aus dem Südtirol stammend, war "jede größere Stadt für mich wie New York". In New York ist er tatsächlich nach dem Studienabschluss als Jazzschlagzeuger gewesen und hat dort mit Größen der improvisierten Musik gespielt. Zuvor war er bereits Gründungsmitglied des Stuttgarter Kollektivs für aktuelle Musik (SKAM) und danach mit einem Erasmus-Stipendium in Riga, um nochmal ganz woanders hin zu kommen.

Die Schallplatte, die er in dem Video hört, ist seine eigene. "Uno duo" heißt das Projekt, weil er nämlich mit sich selbst im Duo spielt, Schlagzeug und Klarinette, und zwar nicht im Overdub-Verfahren, sondern alles auf einmal, live. Das Stück ist nicht notiert, aber auch nicht improvisiert. "Ich brauche das nicht aufzuschreiben", erklärt er, "Ich weiß ja, was ich spielen will, und ich habe ein ziemlich gutes Gedächtnis, ich kann mir das merken."

Die Komposition, die so gut passt auf die momentane Situation, entstand allerdings früher, als er einmal in einem Café saß – in Italien, als die Welt auch dort noch in normalen Bahnen verlief. "Die hochinteressanten Vorgänge zwischen dem Eintreten und Verlassen des Lokals sind zahlreich und musikalisch verwertbar: begrüßen, hinsetzen, warten, hören, bestellen, beobachten, Macchiato entgegennehmen, Tasse heben, nippen, Tasse senken, wiederholen, vielleicht zuckern, austrinken, wirken lassen, bezahlen, verabschieden." Der erste Teil des Titels "chiattoß.fizeau.galopp" versteht sich als Verballhornung von (Latte mac)chiato. Der zweite bezieht sich auf den Physiker Hippolyte Fizeau, der 1845 als erster die Sonne fotografierte. Dieses Bild ziert das Cover von Delazers Schallplatte (über dem Plattenspieler), die man unter jonathan.delazer--nospam@hotmail.com erwerben kann.  

Spenden an den Musiker gerne via Paypal über unoduomusic@gmail.com.

Folge 8: Vorhang auf für Michaela Tröscher!


Mittwoch, 1. April 2020

Auf die Idee mit der Rettungsdecke ist Michaela Tröscher alias "The Icelandic Pianist" nicht erst durch die Initiative der Vielen gekommen, die das goldglitzernde Utensil aus dem Erste-Hilfe-Kasten als Symbol für den Schutz der Kultur gegen Angriffe von rechts verwenden. Die Künstlerin aus Titisee-Neustadt möchte damit auch nicht auf die existenzielle Gefährdung von KünstlerInnen durch Auftritts- und Ausstellungsverbote hinweisen. Die Dinge haben bei ihr einen langsameren Rhythmus. Erstmals 2012 wickelte sie sich in die goldene Folie, nachdem sie von Donaueschingen auf den Säntis gewandert war; dann wieder im darauf folgenden Jahr in Vancouver, nach einer Reise im Containerschiff von Bremerhaven nach New York und weiter über Land bis zur kanadischen Westküste. Das Gold steht für innere Werte.

"Framti∂in er björt" lautet der isländische Titel, zu Deutsch "Die Zukunft erstrahlt" oder auf Englisch "Future is Bright". Michaela Tröscher hat keineswegs die Hoffnung aufgegeben, auch wenn sie momentan, wie sie sagt, "komplett ausgebremst" ist und ihre Rücklagen auch bei sparsamster Lebensweise nicht mehr weit reichen, so dass sie nur darauf hoffen kann, dass wenigstens eine im Sommer angesetzte Ausstellung stattfindet. Doch sie sieht auch das Positive, die Hilfsbereitschaft, die Chance, dass sich durch die momentane Krise manches ändern könnte, denn eines erscheint ihr, leider, unabweisbar: dass die Menschen sich erst durch Krisen bewegen lassen, ihr Verhalten zu ändern.

Das Video, das die Künstlerin zeigt, wie sie sich unter der Rettungsdecke hindurch bewegt, gehört zu einer Skulptur, die um die Jahreswende im Kunstverein Freiburg ausgestellt war. "Zeit spielt dabei eine große Rolle", erklärt sie. Sind Skulpturen nicht immer auf Dauer angelegt? Nein, diese Arbeit ist in einem Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren entstanden. Sie bezieht sich auf die Auswanderung ihres Großonkels nach New York 1914 und auf die isländische Emigration zur selben Zeit, wie sie in zwei Romanen des Autors Bö∂var Gu∂mundsson beschrieben ist, die Tröscher derzeit auszugsweise ins Deutsche übersetzt. In diesem Zusammenhang hat sie ihr Lebensthema gefunden, sagt die Künstlerin, die nach einem Kunststudium in Saarbrücken, einem mehrjährigen Island-Aufenthalt und einem Stipendium der Kunststiftung in Stuttgart an den Ort ihrer Herkunft zurückgekehrt ist.

Der Text zum Video der isländischen Pianistin lautet auf Deutsch:

Die Zukunft erstrahlt
und ich laufe in den Wald und rede mit einem Hirschen

Er bittet auf ihn aufzusteigen und auf ihm zu reiten
damit er mich dann in den Ozean wirft

Es ist nötig zu tauchen
nun sollte ich sprechen

Ich spreche zum Himmel
und fange an meine Finger zu bewegen

Der Körper ist süß
und das Wasser gibt mir Füße

Ich werde nun zu einem Strom
und fließe in einen Traum

Ich träume von Frauen
die niemals sterben

Singen so wunderschöne Töne
dass alle kommen

und betören bis zum Fieber

Folge 7: Vorhang auf für Elena Seeger!


Mittwoch, 1. April 2020

Elena Seeger ist eine Mehrfachbegabung. Geboren 1988 in Hausen im Killertal, zu Burladingen gehörig, hat sie Klavier-, Posaunen- und Gesangsunterricht genommen, an der Stuttgarter Akademie Kunst und danach noch Anglistik studiert. Aber momentan ist sie mehr als Liedermacherin unterwegs. So leicht und unbeschwert sie dabei daherkommt, so sehr steckt in ihren provokativen Texten, auf Hochdeutsch oder Schwäbisch, doch auch Stoff zum Nachdenken. Wie beim Lied vom Fremdgehen: "Und eigentlich ist sie doch bestimmt nett. Und sicherlich auch ganz schön gut im Bett. Und eigentlich so wundervoll adrett. Und eigentlich …" Wird sich da nicht manch einer im Publikum ertappt fühlen?

Aber nochmal von vorn, in ihren eigenen Worten: "Elena Seeger lebt, musiziert, malt, gärtnert, kocht und arbeitet in Stuttgart. Warum das Killertal zwar kaum Kriminelle, dafür aber hervorragende Musiker ausspuckt, bleibt ein Rätsel." Killertal heißt der Oberlauf der Starzel bis Hechingen, die kurz oberhalb von Hausen, aber nicht in Burladingen entspringt. "Hausen gehört zu Burladingen dazu", klärt Elena Seeger dieses etwas verworrene Zugehörigkeitsproblem auf, "die meisten Hausener fühlen sich aber eher den Killertaldörfern zugehörig würde ich sagen (von welchen die Hälfte auch zu Burladingen gehört)." Ihre Absichten beschreibt sie so: "Dinge anders betrachten, Normen in Frage stellen – schön verpackt in ein quietschgelbes Universum voll Selbst- und Fremdironie."

"Mmmh.. ich rieche Mus, Apfel oder Quitte", singt die Fliege, nicht genau quietschgelb, aber collagiert aus großen Augen in kraftvollem Pink, mit Flügeln, die zwischen Türkis und Violett changieren, "und ein bisschen Kirsch, ich setz mich gleich in die Mitte, eine Fliege mag das" – und sie setzt sich auf den mittleren der drei mit Kreide an die Tafel gezeichneten Töpfe. "Und da bist du ich seh dich tausendfach gespiegelt in Facetten, die Gitarre in der Hand und dein Geruch ist mir bekannt." So beginnt die Hymne an den Verflossenen. "Jeder Mensch geht auf eine andere Art mit Trennungen um", schreibt die Sängerin dazu, "und manch einer stellt sich vor, er wäre eine Stubenfliege", die nämlich in die Wohnung ihres Ex fliegt, um ihm noch einmal nahe zu sein. Bis ihr dann auch die unangenehmeren Szenen wieder einfallen und das schöne Trugbild zerbröselt.

"Das ist alles selbstgemacht", sagt die Künstlerin, "von der Musik bis über die Aufnahme und der Film und die Bearbeitung auch. War ein größeres Projekt." Sie ist momentan "komplett ohne Einkommen (abgesehen von den virtuellen Hutspenden bei den LiveStream Konzerten, die leider bei weitem nicht ausreichen)." Die Livestream-Konzerte finden sich im Terminkalender auf ihrer Homepage www.elenaseeger.de. Das nächste findet am heutigen Mittwoch, den 1. April (kein Aprilscherz!) um 20.15 Uhr statt und ist über Facebook zu empfangen, ein weiteres folgt hier am Sonntag, 5. April um 19 Uhr.

Folge 6: Vorhang auf für Anja Binder! 


Montag, 30. März 2020

Schon als kleines Kind, erzählt Anja Binder, hat sie Musik gemacht. Für Großvater "Küfers Paul". Mit Stopf-Ei und Maßband, aus denen ein Mikro wurde, hat sie für ihn gesungen. Inzwischen ist das Material besser, die Bühne größer und das Publikum mehr geworden. Für Kontext hat sie ihren neuesten Song "Schnee" aufgenommen. Zuhause, wie es sich in diesen Zeiten gehört.   

 "Küfers Paul" hatte eine Weinstube in Holzgerlingen und immer samstags einen besonderen Wunsch: das Mädle sollte ihm einen Schlager vorsingen, vorzugsweise "Griechischer Wein" von Udo Jürgens. Damals, erinnert sich Anja Binder, habe sie die Hitparade rauf und runter draufgehabt.

Der Musikgeschmack hat sich gewandelt. Aus Udo Jürgens wurden bereits mit zwölf Punk und Police, aus dem Mädle ein Singer/Songwriter, auch dank Michael Gaedt, Joe Bauers Flaneursalon und Eric Gauthiers Gitarristen, den Auftritten im Theaterhaus, im Merlin und im Bix. Ihre Lieder schreibt sie selbst, ihre Stimme ist eine ganz eigene, in ihr mischen sich eine authentische Verletzlichkeit, Wut und Versöhnung, persönliche Betroffenheit und unaufdringlicher Sprachwitz. Manchmal greift sie noch selbst zur Gitarre oder in die Tasten und lässt ansonsten ihre Band machen. Folk, New Wave, Alternative Rock, Worldmusic. Solche Sachen.

Aktuell heißt die Band "My coOpers tApe" (meines Küfers Kassette), als Reminiszenz an den Großvater gedacht. Zusammen mit Andreas Rieker, Dieter Fischer, Oliver Utzt und Christian Walther wäre sie gerne im April ins Studio gegangen. Aus bekannten Gründen wird daraus nichts. So hat sie die kleine Variante gewählt. "Homerecording – konsequent in der #stayathome Zeit", sagt Anja Binder, verbunden mit einem Dank an die Tochter, das Kamerakind, an den Mann am Klavier Christian Walther, und einer Spende an Kontext.

Weitere Informationen unter www.mycooperstape.com.

Folge 5: Vorhang auf für Theresa Szorek!

 

Sonntag, 29. März 2020

Ha-Tschumm! Theresa Szorek hat das Stück, das sie letztes Jahr für ein Tutorium im Bereich Stimmkunst und Neues Musiktheater an der Stuttgarter Musikhochschule ausgegraben hat, noch in einem Kindergarten aufgeführt. Kurz bevor die Kindergärten schlossen, alle Auftritte gecancelt wurden und als erste Regel des zivilen Umgangs miteinander der absolute Imperativ Premiere feierte: in die Armbeuge niesen! Ungeschützt, vor Publikum: mittlerweile völlig undenkbar. Dabei ist der Nieser eigentlich nur Teil einer erweiterten Stimmtechnik. Cathy Berberian, die "unbestrittene 'Primadonna der Avantgarde''', wie das Magazin "Newsweek" damals schrieb, hatte sie 1966 nach einem Besuch bei Umberto Eco in ihr Fünf-Minuten-Stück "Stripsody" hinein komponiert, das wiederum Szorek hier vorführt. Eco besaß eine große Comic-Bibliothek, die er Berberian zeigte – falls sie davon mal etwas gebrauchen könne. Die Mezzosopranistin konnte und fügte die nonverbalen stimmlichen Äußerungen aus den Bildergeschichten zu einem musikalischen Bühnenwerk zusammen.

Comics galten damals, weit mehr noch als heute, als viel zu trivial, um einer seriösen Beschäftigung wert zu sein. Neue Musik war dagegen E-Musik – die Rundfunk-Abkürzung für "ernst" im Gegensatz zur bloß unterhaltenden U-Musik. Für Berberian schrieb die Crème de la crème der Avantgarde, von John Cage bis Igor Stravinsky, mit Luciano Berio war sie verheiratet. Aber die Tochter armenischer Einwanderer aus New York sang auch Lieder der Beatles – wenn auch eher im Stil einer Opernsängerin – und auch Berio hielt sich nicht an die Konventionen der Neutöner und arrangierte für seine Frau eine Suite von Folk Songs.

Theresa Szorek, 1994 in Leverkusen geboren und aufgewachsen, hat schon als Kind Jugend-musiziert Wettbewerbe gewonnen und nimmt Gesangsunterricht, seit sie zehn Jahre alt ist. Während ihres Schulmusikstudiums in Lübeck begann sie, für Zeitungen zu schreiben, am liebsten natürlich, wie sie selbst sagt, über ihre große Liebe, die Neue Musik. Seit 2017 studiert sie in Stuttgart und ist nebenher schon sehr aktiv auf Bühnen unterwegs, von Alter Musik bis hin zu erst kürzlich einem neuen Werk des Komponisten Bernhard Lang im Stuttgarter Opernhaus. Eigentlich hätte sie sich momentan auf einer kleinen Tournee durch Gasthäuser am Bodensee befinden sollen, um mit Chören, Jodlern und Neuer Musik musikalische Frühschoppen zu gestalten. Abgesagt, ebenso wie ein Konzert in der Reihe "Musik am 13." in Stuttgart-Bad Cannstatt und eines zur Ehrung der Komponisten Matthias Spahlinger und Nicolaus A. Huber an der Musikhochschule. Und Szorek hat, wie die meisten freischaffenden Künstler, kein festes Gehalt und keine Rücklagen.

Web: www.theresaszorek.jimdofree.com

Folge 4: Vorhang auf für Stefanie Keller!

 

Samstag, 28. März 2020

Stefanie Keller zaubert mit Worten. Sie ist Rednerin für freie Trauungen, Schreibtherapeutin und – sie erzählt Märchen. Auf Festen, in Wohnzimmern oder in der Natur wie kürzlich beim Wurzelfest im Waldkindergarten. Derzeit geht davon nichts mehr.

Wie in einer Achterbahn, sagt Keller, 44 Jahre alt, wenn man sie fragt, wie es ihr derzeit geht. "Es gibt Tage, da akzeptiert man, was gerade passiert, an anderen könnte ich heulen." Und andererseits sei dieser erzwungene Stillstand daheim auch eine Zeit zum Luftholen nach Jahren der Selbständigkeit ohne Urlaub, ohne Pausen. Und dann aber, kurz vor der Entspannung in den Gedanken hinein, platz wieder dieses riesige Fragezeichen: Wie lange dauert das alles? Was wird in der Zukunft? Und: wie lange halte ich durch?

Stefanie Keller ist Märchenerzählerin. Gelernte sogar, mit dutzenden Verkleidungen im Schrank für alle möglichen Märchen-Gelegenheiten. Sie sei eine Rampensau, sagt sie über sich selbst. Eine, die den Applaus und die Interaktion mit echtem Publikum liebt. Und derzeit schmerzlich vermisst. Da ist das Erzählen via YouTube kein Ersatz aber immerhin eine Möglichkeit, die Menschen daheim für ein paar Minuten in eine andere Welt zu entführen.

Der Februar sei bei ihr schon durchwachsen gelaufen, der März winkte dagegen mit großen Aufträgen, um das entstandene Loch wieder zu füllen. Die sind jetzt alle passé. Also hat sie "ein paar Pakete geschnürt" und bietet momentan Gutscheine an, die jetzt gekauft und nach Corona eingelöst werden können. Über Märchenwanderungen durch die Natur, Wohnzimmererzählungen in kleinem Kreis oder Stadtspaziergänge mit amourösen Geschichten.

Märchen, sagt Keller, die in Bietigheim-Metterzimmern lebt, seien viel mehr als nur Geschichten. "Wenn das gesprochene Wort der Märchen durch das Ohr den Weg ins Herz findet, legt es einen Zauber über die Seele, es berührt und bewegt sowohl das Herz als auch den Verstand." So steht es auf ihrer Homepage. Manchmal können sie auch zu Mutmachern werden, die selbst die Erzählerin über schwere Zeiten hinwegtragen. Wie das Märchen vom weißen Pferd, das seinem Besitzer wegläuft. Ist das Verschwinden des Tiers nun ein Unglück? Oder vielleicht doch ein Glück? Uns erzählt sie das Märchen vom Brunnen der Wahrheit, das zeigt, dass es manchmal nur eine gute Idee braucht. Und: dass Frauen eben einfach klug sind.

Web: www.wortzauber.org, Facebook: www.facebook.com/MarchenhexeSteffi/

Folge 3: Vorhang auf für Dorle Ferber und Njamy Sitson!

 

Freitag, 27. März 2020

Sie sei eine "schamanenhaft-verquere" Musikerin, schrieb einst die "Berner Zeitung", heiter, frisch, schräg und sehr vergnüglich. Das wird Dorothea ("Dorle") Ferber nicht dementieren, so wenig wie das Bild vom "verrückten Huhn", das in ihrem Dorf kursiert. In Owingen-Taisersdorf, hinter Überlingen im Linzgau. Es hat 300 Einwohner und dreistellige Telefonnummern. Eigentlich ist Dorle eine Teufelsgeigerin.

Aber keine Missverständnisse: Sie hat ganz klassisch Musik studiert, in Mannheim und dort auch am Nationaltheater gearbeitet, bis sie sich auf Wanderschaft begeben und mit den verschiedensten Gruppen gespielt hat. Cochise, Elster Silberflug, Kraan – alles Bands, die einen nationalen Namen hatten. Damals, beginnend mit den Siebzigern. 

In Owingen-Taisersdorf dürften sie eher unbekannt gewesen sein, Achtundsechzig, Woodstock und Hippies waren weit weg. Insoweit war es durchaus mutig vor 20 Jahren, nach Oberschwaben zu ziehen, und das auch noch mit einer Künstler-Kommune, die das alternative Landleben ausprobieren wollte. Doch schau einer an: Die MusikerInnen, BildhauerInnen und MalerInnen sind  immer noch da, inzwischen verteilt auf Einzelhöfe, Nachbar Jan Fide von Kraan trommelt im umgebauten Stall. Die Einheimischen sprechen schon vom "Worpswede des Linzgaus" und Dorothea Ferber komponiert eine dadaistische Hymne für den Landkreis Sigmaringen.

Sie ist Jahrgang 52 und längst im Hinterland des Bodensees angekommen, ein Paradiesvogel, der auch mit der Blasmusikkapelle der Behinderteneinrichtung Lautenbach auftritt, unermüdlich unterwegs ist, das Kulturangebot zu bereichern. Das aber gibt es jetzt nicht mehr. "Mir brechen gerade viele meiner musikalischen und pädagogischen Aufgaben weg", schreibt sie uns, und fügt ein Video bei, das sie bei einem Konzert für die Gruppe "Keine Waffen vom Bodensee" zeigt.

Unser Angebot ist ein anderes. Ihr Konzert mit Njamy Sitson, empfohlen von Kontext-Autor und Kenner Dietrich Heißenbüttel. Er schreibt: Njamy Sitson ist ein Stimmkünstler, Multi-Instrumentalist, Geschichtenerzähler, Schauspieler und Musiktherapeut aus dem Kamerun, der seit 2000 in Augsburg lebt. Geboren in der Metropole Duala, ist er nicht nur mit der Musik und den Überlieferungen seiner eigenen Volksgruppe, der Bamileke, aufgewachsen, sondern mit einer großen Vielfalt von Stimmen und Traditionen bis hin zum gregorianischen Choral, weil er auch im Kathedralchor sang. Daraus hat er seine eigene, einzigartige "Vocal Polyphony" entwickelt. Der musikalische Begriff Polyphonie ist hier durchaus auch in einem übertragenen Sinne als Vielstimmigkeit der Kulturen und Individuen gemeint. Eine schöne Beschreibung findet sich auf dieser Website.

Weitere Informationen zu Dorothea Ferber finden sich hier. Aber obacht: Beim Lesen kommt man aus dem Staunen nicht heraus.

Folge 2: Vorhang auf für das COMMUNITYartCENTERmannheim!

 

Donnerstag, 26. März 2020

Blockiert, verunsichert, hilflos. So beschreibt Annette Weber ihren derzeitigen Gemütszustand. Die 55-Jährige ist freie Regisseurin und Leiterin des Mannheimer Community art Center (CaC), um das sich zwischen 60 und 70 KünstlerInnen gruppieren. Sie teilen ihr Schicksal, das da heißt: keine Veranstaltungen, keine Proben, kein Geld.

Am 2. Mai wollte Weber mit ihrem Stück "Kein Stress" Premiere feiern. Erst beim DGB, dann in berufsbegleitenden Schulen. Den Stress haben sie nun auf andere Weise. Die Schauspieler, ohnehin tendenziell prekär, wissen nicht, was die nächsten Monate bringen. 200 Euro pro Vorstellung wären es gewesen. Besser als nichts. Aber es wird keine Vorstellungen geben. Auch der Regisseurin "zerhaut’s die ganzen Pläne".

Sie leitet eine Einrichtung, die ziemlich einmalig ist in der Republik. Das CaC, 2012 gegründet, von der Stadt und der Freudenberg-Stiftung gefördert, sitzt im sozialen Brennpunkt Neckarstadt-West und versteht sich als Ort der Begegnung. Von Künstlern und Lebenskünstlern, derer es in diesem Viertel viele gibt. Jetzt ist die Location in der Laurentiusstraße zu.

Annette Weber hat uns ein Video geschickt, das an diesem Ort zuhause ist. Es trägt den Titel "#Stress", hat acht Folgen, und viele schräg-liebenswerte Protagonisten: Lia, die ein Youtube-Star werden will,  ihr Freund Alex, der in einer Assi-Familie lebt, ihr Bruder Mario, der krumme Geschäfte macht, und natürlich böse Immobilienhaie, die ständig Häuser aufkaufen, während Mutter Margot mit Zitaten von Ernst Bloch, Hannah Arendt und Oskar Negt um sich wirft. Das ist so bitter wie in hohem Maße vergnüglich.

Alle Folgen sind hier zu finden. Auch aufmunternde Worte können hier platziert werden, wobei Frau Weber im Sinne Blochs optimistisch bleibt. Corona könnte, sagt sie, vom neoliberalen Denken wegführen.

Web: www.communityartcenter-mannheim.de, Facebook: facebook.com/COMMUNITYartCENTER

Folge 1: Vorhang auf für Werner Schretzmeier!

 


Mittwoch, 25. März 2020

Man mag es nicht glauben: Da hängen sie alle am Eingang des Theaterhauses. Familie Flöz, Gauthier Dance, Eure Mütter, Alfons, Caveman, Django Asül und so weiter. Werner Schretzmeier will gar nicht hinschauen, als er uns die Tür öffnet, die jetzt verschlossen ist. "Wir stellen den Spielbetrieb vorerst bis 19. April ein", steht auf einem Zettel hinter Glas, "wenn Sie uns helfen wollen, können Sie bei Rückgabe des Tickets den Betrag auch gerne spenden".

Wahrscheinlich fühlt sich's an, als würden einem die Kinder weggenommen, die man über viele Jahre mit großgezogen hat. Schretzmeier ist Jahrgang 1944, hat das Theaterhaus 1985 gegründet, zusammen mit seiner Frau Gudrun (mit der er 50 Jahre verheiratet ist) und Peter Grohmann. Seitdem sind viele auf der Bühne gestanden. Große und Kleine.

Die scheinbar Kleinen sind's, die nun eine "wirkungsvolle Hilfe" brauchen, sagt der Theaterhaus-Chef, die einen "totalen Verdienstausfall" verkraften müssen, denen ein Kredit nichts nützt, weil sie ihn nicht zurückzahlen können. Das sind die meisten. Nicht von ungefähr fordert er ein bedingungsloses Grundeinkommen für mindestens sechs Monate. So weit ist die Politik noch nicht.

Allerdings scheint es sich hier zumindest herum gesprochen zu haben, dass Soforthilfe geboten ist. Unter anderem sollen die sogenannten Solo-Selbständigen eine Einmalzahlung in Höhe von bis zu 9.000 Euro erhalten (mehr dazu hier).

Auf privater Ebene sind Joe Bauer, Tom Adler, Goggo Gensch und Peter Jakobeit unterwegs und sammeln Spenden für die KünstlerInnen. Kontext hat in der vergangenen Ausgabe darüber berichtet.

Wichtig sind auch die Handreichungen, die etwa bei der Gewerkschaft Verdi ("Solidarität in Zeiten von COVID-19") abgerufen werden können. Dort finden sich viele Hinweise für die Kulturschaffenden, was in dieser Situation zu tun ist. 

Dasselbe gilt für die "Freienbibel" der Freischreiber, in der feinsäuberlich abgearbeitet ist, welche Schritte überlegt sein müssen: "Kann ich ALG II bekommen? Und wie geht das?"

Nun wäre Schretzmeier nicht Schretzmeier, wenn er in Resignation verfallen und das Feld kampflos aufgeben würde. Da hält er's doch lieber mit dem etwas jüngeren Udo Lindenberg, Jahrgang 1946:  

       Hinterm Horizont geht's weiter
       Ein neuer Tag

       Hinterm Horizont immer weiter
       Zusammen sind wir stark


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