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Fairplay und olympischer Geist

Das wäre ein Ding

Fairplay und olympischer Geist: Das wäre ein Ding
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Olympische Winterspiele in Peking, Fußball-WM in Katar, Pay-TV teuer, Bundesliga langweilig. Das Weltmeer des Sports ist ein raues, da fällt das Kurshalten schwer. Was also tun?, fragt unser Kolumnist.

Schlimm ist es hier, ganz übel geht es da zu und dort drüben – man mag gar nicht mehr hinschauen, so abscheulich und dumm, so abgehoben und ignorant, und gibt es denn überhaupt etwas, worüber wir uns nicht aufregen müssen? Oh ja, das gibt es und zwar ausgerechnet bei den US-Amerikanern, bei denen, die immer noch Guantanamo betreiben, in schätzungsweise jedem dritten Land auf Gottes Erden einen Putsch vorbereiten und den armen Assange ausgeliefert haben wollen, um ihn fünf Leben lang einzusperren, scheiß die Wand an. Oder hat tatsächlich irgendjemand nicht vorige Woche mitten in der Nacht mitverfolgt, wie die Kansas City Chiefs in der National Football League NFL die Buffalo Bills ausgeschaltet haben, der stets etwas dicklich wirkende Patrick Mahomes gegen den komplett wahnsinnigen Josh Allen? Oder eines der anderen Spiele, allesamt auch spätabends oder nachts, allesamt quasi in letzter Sekunde oder sogenannter Overtime entschieden? Oder die Championship Games am Sonntag, wo besagter Mahomes durch einen "Joe Cool" genannten Mann namens Burrow und seine Cincinnatti Bengals ausgeschaltet wurde und die LA Rams gegen die San Francisco 49ers in den Superbowl einzogen, der am 14. Februar in einem aberwitzig modernen Stadion in Los Angeles stattfinden wird, für die Rams also "Finale dahoam"? Bei uns noch im Free TV, nix Bezahlfernsehen.

Gladiatorenkämpfe vom Feinsten, eine Franchise gegen die andere, Spielergehälter ein Vielfaches höher als in unserer lommeligen Fußball Bundesliga, riesige Arenen bis zum letzten Platz gefüllt, den Schlachtruf der Chiefs-Crowd gerne laut aufdrehen am Fernseher. Fast wollte man sich aufregen darüber, dass die doofen Amis so eine geile Show geboten bekommen, was für absolut fantastische Freaks sich da vier Stunden lang auf höchstem sportlichen Niveau bekämpfen, reine Spielzeit paar Minuten, der Rest Werbung. Das haben die doch gar nicht verdient, die Amerikaner! Na immerhin spielen die Chiefs bald auch mal in München, sagt mir mein Bauchgefühl.

Lieber Messi und Cristiano auf Playstation

Tatsächlich ist es derzeit nicht leicht, einen klaren Kurs zu fahren. Wir heulen über die überhaupt nicht überraschend angekündigte Preisverdopplung beim einen hiesigen Pay-TV, das von Leuten betrieben wird, gegen die die Macher des anderen hiesigen Pay-TV daherkommen wie Waisenknaben. Trotzdem abonnieren wir beide und obendrauf noch den NFL-Game-Pass, natürlich in der Pro-Version. Nicht zu vergessen den Prime-Account. Und das, obwohl wir erwarten, dass eine ganze Generation junger Leute unserem Fußball, unserer an Tradition so reichen Bundesliga verloren geht, weil die Jugend erstens ohnehin lieber Messi und Cristiano auf der Playstation zockt als dienstags von 21 bis 23 Uhr Champions League zu schauen oder gar ein Bundesligaspiel zwischen Augsburg und Bielefeld (gerne hier alternativ Teams eigener Wahl einsetzen). Mal abgesehen davon, dass zweitens die jungen Leute das Geld für soviel Pay-TV gar nicht haben beziehungsweise es lieber für billigen Wodka ausgeben, den sie womöglich auf der Freitreppe am Stuttgarter Schlossplatz saufen, bevor die Flasche dann irgendwo zerdeppert wird. Und wozu haben wir eigentlich seit mittlerweile ganz schön langer Zeit eine vielköpfige "Task Force Profifußball"?

Und die globalen Großereignisse, was machen wir mit denen, wie positionieren wir uns da? Die Fußball-WM nach Katar, wo FIFA-Boss Gianni Infantino jetzt angeblich auch wohnt und allen Ernstes vor dem Straßburger Europarat behauptet, man müsse nicht mehr nur alle vier Jahre WM machen, sondern alle zwei Jahre, weil dann der Afrikaner nicht mehr ins Schlauchboot sitzen und zu uns rüberfahren muss. Weil alle zwei Jahre WM nämlich dem Afrikaner Hoffnung und Würde gibt, ja ist er denn komplett narrisch, der glatzköpfige Gianni aus dem Wallis? Spoiler: Natürlich ist er das. Und schmerzbefreit obendrein. Und frei von jeder Moral. Es geht nur ums Geldscheffeln, immer mehr, immer mehr. Wer will es ihm und seinesgleichen auch verdenken, die Kohle wächst ja durchaus rüber. Und König Gianni gibt voller Güte ein Milliönchen für das Grassroots-Programm an die Malediven. Oder nach Burkina Faso, im Gegenzug gibt es Liebe und Stimmen bei der nächsten "Wahl". Die Sender kaufen die Rechte, die Leute kaufen das Abo, die Show geht weiter, WM-Finale am vierten Advent in der Wüste, vielleicht bald auch mal mit einer öffentlichen Enthauptung als Halbzeitshow? Oder Auspeitschung, wenigstens.

Thomas Bach, unser Infantino mit Haaren

Und dann noch Olympia, direkt vor unserer Nase. Olympische Winterspiele in Peking, am Freitag geht’s schon los. Weil Chinesen dem IOC, dem Olympischen Komitee, Milliarden dafür zahlen. Und weil Milliarden Chinesen die Sachen kaufen, die Klamotten und Ski und alles. Und die Firmen, von denen die Chinesen und viele andere das kaufen, die geben dem IOC weitere Milliarden, Uigure hin, Pressefreiheit her. Das nimmt der Thomas Bach gerne, der Oberolympier, der auch noch einer von uns ist, nicht Wallis sondern Würzburg, quasi unser Gianni mit Haaren. Beide zusammen mitsamt den ihnen zuarbeitenden und sie stützenden Apparaten wohl das, nun ja, Fragwürdigste, was der Weltsport zu bieten hat. Jens Weinreich, der alte Haudegen unter den kritischen Sportjournalisten in Deutschland, singt immer wieder ein Lied davon, eindrücklich zuletzt auch hier zu dem Umstand, warum er trotz Akkreditierung nicht nach Peking fliegt. Und jetzt, was sollen wir tun, meine Frage, wir, die einfachen Arbeiterinnen und Arbeiter im Weinberg des Herrn?

Wir sollten Dampf machen denen gegenüber, die vorgeblich fair sind und tatsächlich korrupt. Die vorneraus den olympischen Geist beschwören und das FIFA-Fairplay, und hinten lassen sie es sich dick reinblasen von denen, die am allerwenigsten fair spielen. Und wir sollten noch lauter dieses Fairplay auch fordern bei unseren Vereinen und Verbänden, denn, These hier, es ist durchaus möglich, fair zu agieren und trotzdem halbwegs erfolgreich mit den anderen mitzustinken. Und Olympia sollten wir abschaffen, ganz klar! Zumindest die Winterspiele. Die haben nämlich mit der ursprünglichen olympischen Idee überhaupt nichts zu tun, sonst gäbe es ja wohl auch dazu einen Asterix. Ski-WM, Lauberhorn, Streif, Vierschanzentournee, Bob am Königssee, Eisschnelllauf in Heerenveen, immer gerne, immer woanders, reicht völlig. Und die Sommerspiele alle vier Jahre in Athen. Da wo sie herkommen. Das wäre ein Ding! Später kümmern wir uns dann um die anderen Ligen, Basketball, Handball, Volleyball, wo die Vereine alle so komische Firmen im Namen haben, von denen sicher mindestens die Hälfte Geschäfte macht mit Leuten, die auf Fairplay scheißen. Und jetzt: Wo wollten wir gleich nochmal hin? Wirklich schwierig, den Kurs zu halten.


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1 Kommentar verfügbar

  • Nik
    am 05.02.2022
    Antworten
    Einfach selber Sportmachen :o)
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