KONTEXT:Wochenzeitung
KONTEXT:Wochenzeitung

Von Pfeifen und Super-Pfeiffen

Flieg, Albatross, flieg!

Von Pfeifen und Super-Pfeiffen: Flieg, Albatross, flieg!
|

Datum:

Wo findet man einen Möchtegern-Fußballpräsidenten? Aber klar doch: beim CDU-MdB Joachim Pfeiffer, der in seinem Wahlkreisbüro allerlei Geschäfte betreibt.

Laschet und Lindner, Scheuer und Spahn, vor lauter covidösem Irrsinn kommt man aus dem Kopfschütteln kaum raus. Fährt seine eigenen Drinnenkontakte gegen Null, predigt den Kindern, es ebenso zu machen. Was sonst sollte man denn auch tun, sich über alles aufregen, was einem auch nach 14 Monaten Pandemie immer noch fast minütlich an Schwachsinn begegnet? Ein weites Feld, würde Fontane wohl sagen. Ein gar zu weites Feld sogar.

Und weil das hier eine Sportkolumne ist, werde ich mich also beschränken und zuvorderst über Schwachsinn aus der Welt des Sports aufregen und zum Beispiel die Sache mit den Tests an den Schulen nicht weiter beleuchten. Sollen sich andere darüber echauffieren, dass die ach so tolle Schnelltestoffensive häufig – und zwar vor allem am Gymnasium – so aussieht, dass drei von zwanzig Schülern einen Test machen, während die anderen lieber keinen machen. Weil Angst vor Quarantäne, keine Lust, Angst vor falsch positiv, kein Bock auf Corona. Wenn überhaupt Tests vorhanden sind. Wahrscheinlich sind längst auch eifrige Eltern in den Telegram-Klassengruppen unterwegs und warnen, die Tests seien entweder süchtig machend oder kanzerogen oder beides und noch mehr.

Auch über Gestalten wie den CDU-MdB Joachim Pfeiffer mögen sich andere auslassen. Über seine Dreistigkeit, gleich mehrere neben dem Mandat betriebene, mehr oder weniger dubiose Firmen allesamt an der Adresse seines durch sehr ordentliche Pauschalen eigentlich qua Mandat subventionierten Wahlkreisbüros zu betreiben, die eigene Sekretärin für alle Firmen und das Abgeordnetenbüro gleichermaßen zuständig. Möge er, mögen seine Spießgesellen vom Sturm des investigativen Journalismus weggefegt und seine Partei mindestens etliche Jahre auf die Oppositionsbänke befördert werden, wo sie vielleicht zur Besinnung kommen. Wobei auch das eher zweifelhaft erscheint.

Pfeiffer kurz zu streifen, als Überleitung zum Sport, zum VfB Stuttgart, erscheint mir nicht nur deshalb opportun, weil auch dort ein Pfeifer, wenn auch nur mit einem f, als Teil ganz alter, dunkler bis schwarzer Seilschaften herumgeistert. Ein Hans Pfeifer, ehemals Ehrenrat und Präsidiumsmitglied und was weiß ich denn noch alles. Wenn er mich mal falsch geschrieben hat, konnte ich ihn im Gegenzug prima als "Herr Pfeife" bezeichnen, Schreibfehler passieren ja hüben wie drüben, gleichwiewohl der VfB hier nicht wegen Herrn Pfeifer mit einem f erwähnt ist, sondern wegen des ominösen Untermieters beim Bundestagsabgeordneten Pfeiffer mit zwei f. Also genau genommen ja mit drei f, eins vor dem Ei, zwei dahinter, wie in der Feuerzangenbowle.

Geradezu eine Super-Pfeiffe, dieser Pfeiffer, ist er doch nicht nur Bundesbruder in der Burschenschaft Alemannia Stuttgart (Wahlspruch: "Freiheit, Ehre, Vaterland"), sondern auch Teil des unionsintern "Bermudadreieck der Energiewende" genannten Triumvirats besonders eifriger Klimaskeptiker, von denen es im Bundestag angeblich heißt, sie schluckten jeden Fortschritt. Christian Stöcker hat das neulich im "Spiegel" mal für alle zum Haaresträuben zusammengefasst.

Aber jetzt zum Untermieter. Dieser Herr namens Volker Zeh residierte offenbar mindestens bis vor Kurzem an gleicher Adresse unter derselben Telefonnummer wie Joachim Pfeiffer. Die beiden teilten sich wohl das Sekretariat, und an Zehs Klingelschild stand das Honorarkonsulat der Republik Montenegro, denn diesen Titel führt er, der feine Herr, der natürlich bestens vernetzt ist beim VfB, in den Logen und Businessbereichen und bei der Traditionsmannschaft sogar, die er anlässlich seiner Bewerbung um das Amt des Vereinspräsidenten zahlreich um Unterstützung ansprechen ließ.

Die Kollegen von "Zeit online" haben dankenswerter Weise dort – bei Pfeiffer/Zeh – mal angerufen und einen interessanten Artikel draus gemacht. Es ist ein steter Quell der Freude zu sehen, dass erstklassige Burschen wie Volker Zeh sich da im oder um den Freundeskreis des VfB Stuttgart herumtummeln, dessen Präsident Jürgen Schlensog ja angeblich nicht nur ganz dicke mit Ex-VfB-Präsident Wolfgang Dietrich ist, seinem Ex-Kollegen bei der Firma "Albatross Invest", sondern sich auch in geradezu ehrabschneidender Weise gegen den Amtsinhaber Claus Vogt positioniert hat. Die entsprechende, von Schlensog unterzeichnete Stellungnahme vom 27. Januar 2021 steht bis heute ganz oben auf der Webseite des VfB-Freundeskreises.

Aber aufregen wollte ich mich eigentlich über etwas ganz anderes. Die Verwicklungen und Verbindungen der Herren Zeh, Schlensog, Dietrich sen. und jun. und Co kann ja vielleicht jemand mit einem Faible für unternehmerische Verquickungen übernehmen, jemand, der oder die sich das Netzwerk um die Firma Albatross mal genauer anschauen möchte. Titel des entsprechenden Artikels dann möglicherweise "Flieg, Albatross, flieg!". Mindestens bis nach Südafrika kann da geflogen werden, wenn nicht gleich bis nach den fernen British Virgin Islands. Und unter Einbezug der mittlerweile üblichen Verquickungs- und Verbandelungswahrscheinlichkeiten müsste eine solche Recherche fast zwingend zutage fördern, dass auch der neue Stuttgarter OB Frank Nopper da irgendwie mit dabei ist – aber das wäre nun wirklich zu viel Spekulation ohne jeden Beleg, nicht mal Indizien hab' ich hier zur Hand.

Wollte ohnehin und eigentlich vielmehr darüber wettern, wie über die Handball-Weltmeisterschaft im Januar in Ägypten hierzulande berichtet wurde, als ob das dort die Wilden wären und wir hier die Zivilisierten. Aber Januar ist halt schon echt lange her, und es begegnet mir täglich so viel neuer Irrsinn, dass ich bald nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht. Werde wohl die Bundesregierung wegen Dilettantismus verklagen müssen ...


Gefällt Ihnen dieser Artikel?
Unterstützen Sie KONTEXT!
KONTEXT unterstützen!

Verbreiten Sie unseren Artikel
Artikel drucken


0 Kommentare verfügbar

Schreiben Sie den ersten Kommentar!

Kommentare anzeigen  

Neuen Kommentar schreiben

KONTEXT per E-Mail

Durch diese Anmeldung erhalten Sie regelmäßig immer Mittwoch morgens unsere neueste Ausgabe unkompliziert per E-Mail.

Letzte Kommentare:






Die KONTEXT:Wochenzeitung lebt vor allem von den kleinen und großen Spenden ihrer Leserinnen und Leser.
Unterstützen Sie KONTEXT jetzt!