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Nichtwähler werden?

Nichtwähler werden?
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Oder gar Nichtwähler bleiben? Wie wäre es mit einer Wahlpflicht? Wenn es den Menschen an den Geldbeutel geht, werden sie schwach. Die Angst, dass sie AFD wählen, ist unbegründet, denn es gibt nach Bayern und vor Bayern. Nach Bayern werden jetzt nämlich sogar die Nichtwähler als gefährliches Fracht- und Demokratiegut (Vorsicht, Schwertransporter – Kran schwenkt aus!) gerechnet: 28 Prozent blieben zu Hause oder im Stau stecken. Herrschte Wahlpflicht, dann, wie schön – hätte die AfD nur noch lächerliche 7,3 Prozent und die SPD satte 6,9 Prozent. Und gäbe es noch die Münchner Räterepublik, wäre die Linke im Landtag. Aber so ...

In der Szene ist jetzt ja großes Gerede übers Aufstehn. Also ob man zu früh oder zu spät aufgestanden ist oder immer schon stand und wohin man geht, wenn man endlich aufgestanden ist. Ganz vergessen wird, dass es viele gibt, die einfach liegenbleiben. Böse Schelte von den Spätaufstehern bekamen am Wochenende die unteilbaren Berliner mit ihren lächerlichen 250 000 Mauerpilgern. Die Losung "unteilbar!" für eine solidarische Gesellschaft sei letztlich kontraproduktiv, hörte ich, sei ein Angstmacher, der die gute Stimmung im Land verdirbt, die Angst vor offenen Grenzen schürt und ergo den Rechten die Wähler in die Arme treibe. Klar, die Parolen gegen Hass und Ausgrenzung, noch dazu, wo sie getanzt und gesungen werden, können den Menschen in den dunklen Tälern des Thüringer Waldes schon einen rechten Schrecken einjagen. Da hilft der Hinweis, dass viele aus dem Hause Gotha letztlich von den Hunnen abstammen, eher wenig. Hie gut Wirtemberg allewege!

Meine Omi Glimbzsch in Zittau war Frühaufsteherin – die Schicht in der Tabakmanufaktur begann um 5:30 Uhr. Leute wie sie hätten mitgetanzt zwischen Münchner Räterepublik und Münchner Freyheit und auf Herrn Höcke geschissen. Sie hat ausgetanzt. Sie liegt jetzt im eignen Quark im Pflegeheim, zwei Leute in der Bude, die Schwestern haben alle einen dicken Hals. Übermüdet. Überlastet. Überfordert. Wie die ganze Gesellschaft.

Und dann der Feinstaub! Die hiesige Presse motzt, dass die Stadt wieder viel zu früh den Alarm ausruft und die Autofahrer kirre macht und fürchtet den Wasserrohrbruch in der Hasenbergsteige: Die Stadt ertrinkt, wenn der Handwerker mit seinem Diesel nicht durchkommt. Vielleicht ist es ja das Wasser auf die Mühlen von Bernd Höcke?


Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter. <link https: www.youtube.com external-link-new-window>Alle "Wettern"-Videos gibt es hier zum Nachgucken.


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8 Kommentare verfügbar

  • Schwa be
    am 19.10.2018
    Antworten
    Nicht zu wählen ist m.E. keine Option, weil die herrschende, neoliberale (Mensch und Umwelt verachtende) Politik gestärkt wird. Echter Protest heißt nicht rechts zu wählen, sondern links. Wer das nicht möchte, sollte eine Splitterpartei wählen! davon gibt es genug! Hier Beispiele:
    Folgende 40…
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