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Die Quellen der AfD

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Tragisch – wie konnte uns das bloß passieren! Herbei, herbei, ins Dschungelkamp der Wahrsager, zum große Rätselspiel: Welches Schweinderl hätten S' denn gern?

Das muntere Bächlein der AfD speist sich nicht aus dem Nichts, schwillt nicht durch schwere Unwetter an, tritt nicht durch höhere Mächte über die vielen Ufer. Eine große Quelle der AfD liegt direkt vor unserer Haustür – es sind die wandernden Wähler aus den traditionellen Parteien CDU, SPD, Linke und Grüne. Die zweite große Quelle ist das enorme Reservoir der Nichtwähler. Den Traditionsparteien ist es offensichtlich nicht gelungen, ihren Wählerstamm zu demokratisieren, immun zu machen gegen die Rechten, gegen Populismus, Fremden- und Existenzängste. Wie auch? So lange sie allesamt am rechten Rand fischen gehen statt aufzuklären, werden auch künftig viele Altwähler in braunblauen Gewässern zum Schwimmen gehen.

Neben den etwa 15 Prozent Verlusten bei den parlamentarischen Linksrotgrünen ist es den Klassikern allesamt nirgends gelungen, ihren wadenschwachen Bürgern Beine zu machen. Dass dabei auch die Grünen ersoffen sind, ist mehr als traurig. Dabei könnte Demokratie fast begeistern, noch mehr Demokratie, noch mehr! ("... Peter, du übertreibst mal wieder maßlos!", tät' meine Omi Glimbzsch in Zittau jetzt sagen.) Und doch: Vielleicht wären da Diskussion, Emanzipation und Aufklärung in den eigenen Reihen notwendig? Offene Strukturen, richtiges Leben, kräftige Winde? Im Gegensatz dazu konnte die AfD ihre schlafenden Hunde wecken, und das ganz ohne Chappi. Vielleicht wäre es nun endlich an der Zeit, sich mit der eigenen Klientel auseinanderzusetzen, aber echt, statt der AfD hinterherzulabern?

Man sagt: "Wegen der Flüchtlinge und so" seien die Menschen hier im Lande verunsichert – das schaffen wir also. Vielleicht sollten wir die Modelle unserer Demokratie überdenken, etwa in Gabun. Vielleicht sollten wir – alle gemeinsam – einfach aufklären, erzählen, in einfachen Worten, damit es auch die früheren Wähler von Linken, Grünen und SPD verstehen, wie "verunsichert" die Menschen in Aleppo sind, in Homs, in Afghanistan, Irak, Nigeria, Pakistan ... wie verunsichert Kinder auf eine Nacht ohne Bomben hoffen, eine Handvoll Reis, auf ganz wenig von der heiliggesprochenen Barmherzigkeit?

 

Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter.


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