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Morgendämmerung

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Der Stuttgarter an sich ist bescheiden, großzügig bei Spenden für Überschwem-mungen und unrealistisch: Er hofft, daß der Bahnhofs-Bautrog absäuft, ahnt aber im innersten Herzen, dass der Bahnhof nie gebaut wird. Weiß man's? "Die bürgerliche Morgendämmerung in Stuttgart beginnt um 04:38 Uhr", sagt Wiki. Das ist relativ früh. Der Stuttgarter reibt sich den Schlaf aus den Augen und traut ihnen nicht: Direkt vor den Wohnzimmerfenster, über Nacht, wurde eines der berühmten blauen Rohre installiert und versperrt die Sicht auf den Jahreswagen: Ist er noch da? Andernfalls müßte der Stuttgarter seinen <link http: www.bosch-do-it.de _blank>diamantbesetzten Stahlbohrer holen. Die blauen Rohre sind der erste Teil jenes blauen Wunders, das uns den Anschluss an die Moderne verspricht: Mit mehr Leistung noch schneller in Ulm, Zehntausende neuer Arbeitsplätzchen, zehntausende Quadratmeter Cityflächen, alles der Grundstücksspekulation entzogen, ja gar in eine Stiftung überführt, Erhaltung der Frischluftschneise für die Innenstadt. Und ein Muss als Plus: Alles ökologisch, familien- und kinderfreundlich, mehrgenerationengerecht, barrierefrei und zu erschwinglichen Preisen - das pure Paradies. Als Non-Plus-Ultra: "Die Bäume im Schloßgarten bleiben erhalten". Mancher Mensch muß eben erst mit dem Kopf gegen einen Baum rennen, sagte meine Omi Glimbzsch aus Zittau, eine Frau aus hartem Holz. Und jetzt der Juchzer vom Nesenbach - die volle Härte: "Es dürfen nur diejenigen Bäume gefällt werden, die ohnehin wegen Krankheiten, Altersschwäche in der nächsten Zeit absterben". Logisch: "Die Gäubahn bleibt aus landschaftlichen, ökologischen und verkehrlichen Gesichtspunkten erhalten" - selbst wenn " "37 % mehr Züge fahren als heute". Aber halten sie auch beim 30-Minuten-Takt im Fernverkehr?

"Richtig ist, dass die Politik bei diesem Projekt in der Vergangenheit viel versäumt hat. Richtig ist auch, dass es der Politik nicht gelang, eine Kommunikation hinzubekommen, die die Menschen mitnimmt. Und richtig ist auch, dass in den letzten Jahren im Zuge dieser Versäumnisse eine ganze Menge an Vertrauen kaputtging, sagte der Angeklagte. So viele städtebauliche Chancen im innersten Kern für eine Großstadt gab es in Deutschland nur ein einziges Mal, meinte Stefan begütigend betonte: "Wir wollen keine Grundstücksspekulationen, wir wollen keine Gigantomanie, und wir wollen keine seelenlose Architektur." Hut ab vor Taksim 21 - es tut gut, am Vorabend des 15. Juni "an die Politik" zu erinnern.


Peter Grohmann ist Kabarettist und Gründer des Bürgerprojekts Die Anstifter.


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