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Hochwasserkatastrophe im Ahrtal

Bescheidener werden

Hochwasserkatastrophe im Ahrtal: Bescheidener werden
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Im Juli ist etwas in den deutschen Alltag hereingebrochen, was für die meisten bisher weit weg war: die Flutkatastrophe im Ahrtal. Es bedarf immenser Veränderungen, wenn wir solche schrecklichen Ereignisse in Zukunft vermeiden wollen.

Allein in Rheinland-Pfalz starben 134 Menschen bei dieser Flutkatastrophe ungekannten Ausmaßes. Insgesamt gab es im Westen Deutschlands rund 180 Tote. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) fasste die Erschütterung in Worte: "Die Flutkatastrophe hat Rheinland-Pfalz ins Mark getroffen. Die Zerstörungen und das Leid der betroffenen Menschen vor allem im Ahrtal sind unvorstellbar groß und haben eine Dimension, die es in der Geschichte der Bundesrepublik so noch nie gab."

Schnell war die Politik mit Erklärungen dabei: Unvorhersehbar sei das gewesen, sozusagen ein Schicksalsschlag. Aber das stimmt nicht. Die Katastrophe war im Grunde menschengemacht. Der Klimawandel und das Bauen an riskanten Plätzen gehören zu den Ursachen.

Es werden weitere Katastrophen folgen, wenn es keinen konsequenten Klimaschutz gibt. Ein Vorzeichen waren schon die Sturzfluten fünf Jahre zuvor in Baden-Württemberg, als der Ort Braunsbach in Hohenlohe verwüstet wurde. Auch damals wurde vor weiteren Starkregen mit fatalen Folgen gewarnt.

Zu Jahrestagen wird immer an die schlimmen Ereignisse erinnert, aber die Appelle, konsequenter in Sachen Klimaschutz zu handeln, werden am Ende doch nicht so richtig ernst genommen. Das mag daran liegen, dass hierzulande die Probleme gerne mit dem gelöst werden, was wir in Deutschland noch im Überfluss haben: Geld.

Globale Krisen werden nicht durch Almosen gelöst

Katastrophen in fernen Ländern geraten oft nach ein paar Wochen in Vergessenheit und von den vielen versprochenen Milliarden für die Opfer kommt häufig nur ein Bruchteil an. Die Menschen in fernen Ländern, die weiterhin von viel größeren Katastrophen und viel existenzieller betroffen sind, unterstützen wir natürlich gerne: Am Ende des Jahres werden regelmäßig Spendenrekorde verzeichnet, auch die Bundesregierung verteilt Hilfsgelder. Impfstoffe, die wir nicht benötigen, werden gerne an die Länder gespendet, die wenig davon haben.

Ausgabe 539, 28.7.2021

Hochwasser fallen nicht vom Himmel

Von Rainer Lang

Unser Autor arbeitet seit 20 Jahren in der Katastrophenhilfe. Eines weiß er sicher: Naturkatastrophen, wie jüngst das Hochwasser im Westen Deutschlands, sind menschengemacht. Der technische Fortschritt hat uns überheblich werden lassen.

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Dabei sollten wir eigentlich wissen, dass der Klimawandel oder die Corona-Pandemie nur durch globales solidarisches Handeln und nicht durch Almosen für die Armen zu überwinden sind. Aber der Sinn dafür scheint auch in der Politik wenig ausgeprägt zu sein. Die verspricht uns, dass wir Klimaschutz betreiben können, ohne unseren Wohlstand in irgendeiner Weise einschränken zu müssen. Selbst ein Tempolimit ist für die Grünen inzwischen verzichtbar, wir dürfen weiter auf Autobahnen rasen – ein Zeichen des Aufbruchs ist das nicht. Umsteuern sieht anders aus. Zugegeben, gute Ansätze sind da, aber Lieferkettengesetze, Öko-Zertifikate, der Ausbau alternativer Energien und Vorgaben für saubere Luft reichen nicht, wenn wir immer mehr verbrauchen. Wir sollten einfach bescheidener werden.


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