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Nein zu Nestlé

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Nestlé ist eines der 50 weltgrößten Unternehmen und berühmt vor allem für seine menschenverachtende Wasserpolitik. Die Katholische junge Gemeinde (KjG) hat im Juni 2019 einen Nestlé-Boykott beschlossen. Und der kommt an, sagt Julia Niedermayer von der Bundesleitung.

Frau Niedermayer, wie kam es im vergangenen Jahr zur "Nestlé-adé"-Aktion? 

Bei der KjG beschäftigen wir uns schon lange mit Fragen des kritischen Konsums. Auch um letztlich dem Auftrag nachzukommen, die Schöpfung zu bewahren. Im konkreten Fall von Nestlé kam die Idee des Boykotts von einer Ortsgruppe in Essen. Die hat ihr Anliegen über den Diözesanverband Essen auf deren Diözesankonferenz eingebracht und das Anliegen wurde dort positiv verabschiedet mit dem Auftrag, es in die Bundeskonferenz zu tragen. So ist es dann passiert und wir haben den bundesweiten Boykott beschlossen. Wir haben beschlossen, dass wir auf allen unseren Veranstaltungen auf Nestlé-Produkte verzichten. Wir haben uns verpflichtet, dass sich die Diözesanverbände dafür stark machen, überall da, wo sie Mitträger von Häusern sind oder Einfluss in Trägergremien haben, den Boykott voranzutreiben. 

War da längere Überzeugungsarbeit notwendig?

Das war sogar ein sehr deutlicher Beschluss. Die Grundüberzeugung, sich darum zu kümmern, wie Dinge produziert werden, die wir nutzen, ist ja bereits da. Wir debattieren immer wieder darüber. Es war letztlich ein Aushandlungsprozess, wie genau sich der Boykott gestalten soll, also welche Kritikpunkte wir anbringen und welche Forderungen wir aufstellen. Man hat gemerkt, dass es den Leuten wichtig ist, einen Boykott zu beschließen. 

Was kritisieren Sie an Nestlé? 

Wir haben in unserem Antrag konkret den freien Zugang zu sauberem Wasser als Menschenrecht gefordert. Wir sprechen uns gegen die Rodung von Wäldern für Palmöl-Plantagen aus. Es geht allgemein um eine umweltbewusste Produktion und um die Wahrung der Rechte der lokalen Bevölkerung vor Ort, also dort, wo Fabriken stehen. Und es geht um die Wahrung von ArbeitnehmerInnenrechten. Wir fordern von Nestlé die Umsetzung und die Anerkennung dieser Punkte. 

Warum gerade Nestlé? 

Weil es einer der weltgrößten Konzerne ist und dann auch noch ein europäisches Unternehmen. Das heißt für uns nicht, dass es der einzige Großkonzern ist, bei dem man hinschauen muss. Wir wollen ja insgesamt auf einen kritischen Konsum verweisen. Zum Nestlé-Boykott hat der Diözesanverband Münster eine Broschüre herausgebracht, in der man beispielsweise nachlesen kann, welche Firmen zum Konzern gehören. Darin werden aber auch Handlungsempfehlungen gegeben, wie kritischer und nachhaltiger Konsum in Ortsgruppen umgesetzt werden kann. Oder auch von Einzelpersonen, klar. Wir versuchen Alternativen aufzuzeigen, bei Produkten, aber auch im Einkaufsverhalten an sich.

Und wenn einen doch mal ein KitKat anlächelt? Ist ja schon lecker, oder? 

Ja, klar. Grade bei Süßkram fällt es manchmal nicht so leicht. Aber das ist ein Lernprozess. Wir wollen dafür sensibilisieren, sich mit diesem wichtigen Thema auseinanderzusetzen, gerade weil nicht immer ersichtlich ist, wer bestimmte Dinge produziert.

Nestlé ist auf die KjG zugekommen und hat Sie kürzlich zum Gespräch eingeladen. Wie kam es dazu? 

Wir haben natürlich Öffentlichkeitsarbeit für unseren Boykott betrieben. Pressemitteilungen herausgegeben und den Boykott-Beschluss über soziale Medien veröffentlicht. Der Post dazu ging reichweitenmäßig durch die Decke. Offenbar ist das auch Nestlé aufgefallen. Weil wir unter anderem auch festgelegt haben, dass wir zu unseren Kritikpunkten mit Nestlé ins Gespräch kommen wollen, haben sie den Kontakt zu uns gesucht und uns eingeladen.

Ein echter Erfolg. Offenbar hat die KjG einen hohen Verbreitungsgrad. 

Ja, natürlich! Es hat uns bestätigt, dass wir eine hohe Wirksamkeit mitbringen, wenn wir Haltung zeigen. Wir sind mit 80.000 Mitgliedern einer der größten katholischen Jugendverbände in Deutschland. Wir können uns auf eine breite Basis verlassen, das ist schon toll.

Wie war das Gespräch? 

Es war wenig überraschend, vermutlich für beide Seiten. Aber es war gut, mal an einem Tisch zu sitzen und darzulegen, welche Standards man im Bereich Nachhaltigkeit erwartet. 

Und? Was sagt die Firma? 

Wir wissen, dass es bei Nestlé diverse Projekte in verschiedenen Sparten gibt, um die Nachhaltigkeit zu verbessern. So ist die Firma in Sachen Wasserquellen bemüht, transparent zu machen, wie es vor Ort aussieht. Das ist erstmal zu begrüßen. Aber: Das reicht uns nicht. In Nachhaltigkeits-Zertifizierungsprogrammen gibt es verschiedene Stufen, die man erreichen kann. So wie wir das bei diesem Konzern wahrnehmen, geht es vor allem darum, erstmal die allererste Stufe zu erreichen. Aber der Maßstab muss immer die höchste Stufe sein, so sehen wir das als Verband. Wir als KjG sind Mitglied bei Transfair e.V.. Wir sind über unseren Dachverband Mitglied bei Gepa und da ist relativ klar, was wir für Standards an den Tag legen, an welchen Standards wir unser Konsumverhalten messen und welche Produkte wir bei unseren Veranstaltungen weiter nutzen. Da möchten wir auch nicht hinter zurück. Wir würden uns von Nestlé mehr Einsatz wünschen. 

Wie geht's nun weiter? 

Das war auf jeden Fall ein guter Gesprächseinstieg. Aber für uns steht weiterhin fest, dass wir als Verband Nestlé-Produkte boykottieren und dass es uns weiterhin ein Anliegen ist, kritisch zu hinterfragen, unter welchen Bedingungen Waren produziert werden und welche Lieferketten hinten dran stehen. Wir werden weiterhin Aufmerksamkeit dafür schaffen, dass die Produktionsbedingungen dieses Konzerns nach unserem Verständnis anders sein müssen, damit wir deren Produkte guten Gewissens nutzen können.


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2 Kommentare verfügbar

  • Helmut Detrich
    am 15.02.2020
    Antworten
    In Indien -wo die mangels Kanalisation Fäkalien grossflächlig verteilt werden- hat man die Wahl zwischen Wasser aus privaten "Tiefbrunnen " von einigen Metern oder gereinigtem, nach modernen Standards überwachtem Wasser. Welches würden sie lieber konsumieren ? Es nicht nur schlecht was Nestle macht,…
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