Seltsam finden kann man das schon: Ausgerechnet im ökoliberalen Freiburg, ausgerechnet an einer Schule, deren Musik im Kern von Weltoffenheit und Internationalität lebt, repräsentiert ein Funktionär der AfD den Förderverein. Und niemand in der lokalen Kultur- und Politikszene scheint sich daran zu stören. Öffentlich diskutiert wurde das Thema in Freiburg bisher jedenfalls nicht.
Erst als eine Schlagzeug-Schülerin der Jazz- und Rockschulen im vorigen Jahr Mitglied des Fördervereins werden wollte, kam zumindest intern etwas Bewegung in die Sache. Die Frau, die in diesem Text lieber anonym bleiben möchte, stieß auf den Namen des Vorsitzenden: Michael Dyllick-Brenzinger. Der Name ist in der Stadt nicht ganz unbekannt: Dyllick-Brenzinger, 72, ist ein Freiburger Bauunternehmer, er war lange in der FDP und gehörte 2013 zu den Gründern des AfD-Kreisverbands, der damals noch stark von professoraler Euro-Kritik geprägt war. Doch während seine Gründungskollegen die Partei nach deren weiterem Rechtsruck 2015 meist wieder verließen, blieb Dyllick-Brenzinger im Vorstand, als Schatzmeister. Bis heute.
Absurde Kombination von Ämtern
"Ein AfD-Mann als Chef des Fördervereins der Jazz- und Rockschulen – das fand ich absurd", erzählt die Schlagzeug-Schülerin. Sie ist kulturpolitisch interessiert und gut vernetzt. Ihr sei gleich eingefallen, dass die Landes-AfD voriges Jahr gefordert habe, den Ausländeranteil an staatlichen Bühnen in Baden-Württemberg zu ermitteln. Und die Zuschüsse für den Studiengang Weltmusik an der Pop-Akademie Mannheim zu streichen. Und sie wusste auch, dass Dyllick-Brenzinger in Freiburg gemeinsam mit Dubravko Mandic im AfD-Kreisvorstand sitzt. Mandic ist einer von zwei Freiburger AfD-Stadträten und bundesweit bekannter Vertreter des extrem rechten Parteiflügels. Er hatte unter anderem angekündigt, Freiburgs Oberbürgermeister werde es "wirklich an den Kragen gehen", er werde ihn "aus dem Amt jagen". Erst Anfang Januar hatte Mandic bei einer Demo gegen den SWR in Baden-Baden den Redakteuren gedroht, man werde "sie aus ihren Redaktionsstuben vertreiben".
"Ich habe dann mal angefangen, ein bisschen herumzufragen, wie so etwas zu den Jazz- und Rockschulen passt", erzählt die Schlagzeug-Schülerin. Sie sprach mit ihrem Lehrer und dem Geschäftsführer, mit ein paar Kommunalpolitikern und anderen Kulturleuten. Sie findet, nicht nur das Image der Jazz- und Rockschulen könnte leiden. Sie fürchtet vor allem, die AfD könne durch solche ehrenamtlichen Posten in unverdächtigen Organisationen profitieren – und sich durch das Engagement in der Stadtgesellschaft ein bürgerliches Image zulegen, so wie es die Partei ja in Strategiepapieren tatsächlich plant. "Meine Sorge ist, dass diese Strategie funktioniert, weil es allen anderen egal ist", sagt sie.
Im Verein wird jetzt diskutiert
Christian Pertschy teilt diese Sorge anscheinend nicht. Der Geschäftsführer der Jazz- und Rockschulen gibt bereitwillig Auskunft. Er betont, dass der Förderverein eigenständig sei und räumt freimütig ein: "Eine Schülerin hat uns voriges Jahr auf das Thema aufmerksam gemacht, dann haben wir auch angefangen, darüber zu diskutieren." Dyllick-Brenzinger engagiere sich schon seit 2013 bei den Jazz- und Rockschulen, er habe sich parteipolitisch immer völlig zurückgehalten und nie für die AfD agitiert. Es habe auch nie Probleme gegeben, im Gegenteil: Dyllick-Brenzinger habe die Projekte der Jazz- und Rockschulen etwa mit Vorbereitungsklassen für Flüchtlinge unterstützt und sich persönlich dafür engagiert, dass ein Junge aus einer Roma-Familie seinen Musikunterricht bezahlen konnte.
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