Das Thema klingt unverfänglich, die Namen von Referent und Organisation erscheinen unverdächtig: Am 20. April sollten Interessierte in Stuttgart mehr über die neue Seidenstraße erfahren, dem von Chinas Machthaber Xi initiierten Entwicklungsprogramm. Mit 900 Milliarden Dollar will die kommunistische Wirtschaftsmacht die alten Handelsrouten zwischen Asien und Europa wiederbeleben, durch den Bau eines Netzwerks an Straßen, Eisenbahnen, Häfen und Flughäfen. Dieses gigantische Vorhaben sollte im Bürgerzentrum Ost ein "Alexander Hartmann, Schiller-Institut, Wiesbaden" erläutern, auf Einladung des angesehenen Stuttgarter Vereins Asien-Haus.
Dabei lohnt es sich, Referent und erst recht das Institut, das sich mit dem Namen des berühmten Dramatikers schmückt, näher zu beleuchten. Hartmanns Linkedin-Profil weist ihn als Chefredakteur von "Neue Solidarität" aus, einer Wochenzeitung, die von der "E.I.R. GmbH, Nachrichtenagentur und Verlag" in Wiesbaden herausgegeben wird. Deren Online-Auftritt verrät, dass die "Neue Solidarität" das deutschsprachige Kampagnenblatt der internationalen LaRouche-Bewegung ist, einem politischen Netzwerk mit einer Vielzahl von Vereinen und Unternehmen um den US-Amerikaner Lyndon Hermyle LaRouche und dessen deutsche Ehefrau Helga Zepp-LaRouche. Zugleich zeigt das Profil, dass Hartmann Landesvorsitzender der BüSo-Partei in Hessen ist. Doch dazu später.
"Das Ehepaar LaRouche und seine Anhänger produzieren Verschwörungstheorien, die von Tarnorganisationen verkauft und von den Parteien des Kultes als politische Programme vertreten werden", heißt es etwa beim Bundesverband Sekten- und Psychomarktberatung. "Die LaRouches und ihre Anhänger behaupten, die Welt sei auf dem Weg in die Sklaverei, versklavt von einer Gruppe von Menschen, die wahlweise Finanzoligarchie, Britannien, synarchistische Internationale, Weltfinanzsystem oder auch zionistische Lobby genannt wird", beschreibt der RefRat, der Studierendenausschuss der Berliner Humboldt-Universität, die Bewegung.
Lyndon LaRouche habe dies erkannt, und nur er könne die Menschheit in eine freie Welt führen, laute die Doktrin der Bewegung. Tatsächlich habe die Vorstellung davon, wie diese Welt aussehen soll, aber nicht im Geringsten etwas mit Freiheit zu tun, warnen die RefRat-Autoren: "Vielmehr schwebt LaRouche eine faschistoide Gesellschaft vor, die den angeblich unterdrückten natürlichen Drang der Menschen nach produktiver Arbeit wieder herstellen soll, und in der unter der Führung von LaRouche die Menschen zu einer arbeitenden Masse von BefehlsempfängerInnen verkommen."
Das Patentrezept parat
In der Tat kann der inzwischen 95-jährige Lyndon LaRouche eine schillernde Vita vorweisen. Von 1949 bis 1963 war er Mitglied der Socialist Workers Party (SWP), einer trotzkistisch eingestuften US-amerikanischen Kleinstpartei. Nach seinem dortigen Ausscheiden versuchte er unter dem Pseudonym Lyn Marcus drei Jahre lang erfolglos eine neue Organisation aus Trotzkisten Europas sowie der SWP aufzubauen.
Es folgten Vorträge an der von ihm ins Leben gerufenen "Freien Hochschule", die Zulauf vor allem von Studierenden der New Yorker Columbia-Universität hatte. Daraus bildete sich Ende 1967 innerhalb der Studentenvereinigung "Students for a Democratic Society" (SDS) das erste "Labor Committee" (LC). Als Folge von Kontroversen über die Rolle der Rockefeller-Familie in der New Yorker Schulpolitik – LaRouche sah die Unternehmer-Dynastie als Beherrscher der Weltwirtschaft – wurden er und sein Labor Committee aus der SDS verbannt. Nach einigen Machtwirren innerhalb des LC gelang es LaRouche, dieses stärker auf seine Person auszurichten. 1971 erfolgte die Umbenennung in National Caucus of Labor Committees (NCLC).
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kannicheuchnichtsagen
am 04.10.2019ich möchte mich anschließen - dieses Institut ist mir bekannt. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass diese Gruppe Ihre Aktivitäten in den arabischen Raum verlagert. Ich komme aus Düsseldorf - SIe wissen, dass Düsseldorf seit jeher eine stramme Rechte hat (allerdings in Anzug und…