"Deutschland ist eine harte Nuss", kommentiert der Kinderarzt die Weigerung bislang jeder Bundesregierung, aus der atomaren Strategie der Nato auszuscheren. Zwar ist die Bundesrepublik keine Atommacht. Doch auf dem deutschen Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz lagern amerikanische Atombomben vom Typ B61. Friedensaktivisten gehen davon aus, dass es bis zu 20 Bomben sind. Weitere amerikanische A-Bomben lagern auf Nato-Stützpunkten in Belgien, den Niederlanden, Italien und in der Türkei.
Moderne Atombomben erreichen auf Trägerraketen von Abschussbasen an Land oder von U-Booten aus ihr Ziel. "In Büchel handelt es sich um völlig veraltete Atombomben, die militärisch keinen Sinn haben", betont Rosen. "Konkret handelt es sich um Gravitationswaffen, die im Kriegsfall deutsche Tornado-Piloten im Rahmen der innerhalb der NATO vereinbarten nuklearen Teilhabe über dem Ziel abwerfen müssten", erläutert er.
Viel Zeit, sich mit dem Hinweis auf veraltete Waffensysteme aus der atomaren Geiselhaft zu befreien, wie es Rosen nennt, bliebe jedoch nicht. Noch unter Barack Obama wurde ein Modernisierungsprogramm für die Altbomben beschlossen. Nach Informationen amerikanischer Friedensaktivisten könnte die Produktion moderner nuklearer Lenkwaffen in zwei Jahren anlaufen. Mit der Stationierung neuer B61-Bomben in Büchel wäre dann frühestens 2024 zu rechnen. "Ich gehe nicht davon aus, dass man auf deutscher politischer Ebene den USA bis dahin einen Strich durch die Rechnung macht", sagt Rosen nüchtern.
Die aktuellen politischen Entwicklungen stützen diese Einschätzung. Für die potenziellen GroKo-Partner sind Atomwaffen auf deutschem Boden kein Thema. Atomare Abrüstung und die Ächtung der Waffen fanden bei den Koalitionsverhandlungen keine Erwähnung, obwohl das europäische Parlament, der Bundestag und laut Umfragen auch 93 Prozent der Bevölkerung sich dafür aussprachen.
Guido Westerwelle setzte sich gegen Atomwaffen ein
Bei den vorangegangenen Jamaika-Sondierungen waren die Waffen wenigstens noch ein Thema. So stand der Abzug der taktischen US-Atomwaffen im Wahlprogramm der Grünen zur Bundestagswahl. Sie hofften auf Unterstützung durch die Liberalen. Denn der ehemalige FDP-Chef Guido Westerwelle hatte sich als Außenminister vehement für den Abzug der Nuklearwaffen stark gemacht und dies 2009 auch in dem mit den Unionsparteien geschlossen Koalitionsvertrag festgeschrieben. Doch davon wollten die Liberalen unter Parteichef Christian Lindner nichts mehr wissen. Auch die Unionsparteien waren nicht bereit, die US-Atomwaffen in Deutschland für Jamaika in Frage zu stellen. Bereits in der Koalition mit der FDP hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegenüber Washington signalisiert, dass man an der nuklearen Teilhalbe nichts ändern wolle, trotz der anderslautenden Vereinbarung im Koalitionsvertrag.
Den Großteil der Arbeit haben die Friedensaktivisten damit noch vor sich. "Ich bin die letzten zehn Jahre für einen Atomwaffenverbotsvertrag durchs Land gezogen, nun müssen wir ihn mit Leben füllen", sagt Rosen. Er gibt sich nicht geschlagen. Es gelte, eine gesamtgesellschaftliche Friedensbewegung zu mobilisieren, um Druck auf die Bundesregierung zu machen. Frau Merkel müsse den Vertrag unterzeichnen, ratifizieren und ihn als Instrument zur Ächtung und Abschaffung von Atomwaffen anerkennen.
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Ulf Cihak
am 07.02.2018