KONTEXT:Wochenzeitung
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Hurra, wir tippen noch!

Hurra, wir tippen noch!
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Unser Wetterer Peter Grohmann trägt Krawatte, und auch uns ist ganz feierlich zumute: Hier geht die 500ste Kontext online. Wir sind ein bisschen fassungslos und ein bisschen stolz zugleich. Und widmen die Jubiläumsausgabe dem Thema, das eines der drängendsten ist: der weltweiten Klimaerhitzung.

Ja, hurra, wir tippen immer noch! Als Kontext zwei Jahre überlebt hatte, haben wir erleichtert gefeiert. "Man könnte meinen, daraus spricht die Angst der Eintagsfliege", sagte Festredner Joe Bauer 2013 im Theaterhaus, "der bleibt bekanntlich wenig Zeit für Partys zwischen Taufe und Beerdigung." Der Spötter von einst ist inzwischen unser Kolumnist, gute Sache finden wir, denn er passt zu uns.

500 Mal Kontext. Manchmal staunen wir selbst darüber. Jeden Mittwoch im Netz, jede Woche samstags in der taz, und keine Rede mehr von Eintagsfliege. Aber immer wieder die Frage, ob es gelungen ist, was wir uns vorgenommen haben: einen unabhängigen, kritischen Journalismus, der denen eine Stimme gibt, die etwas tun für eine gerechtere Welt, und denen, die nicht im hellen Licht stehen. Der versucht, der Wahrheit möglichst nahe zu kommen, wohl wissend, dass es den Stein der Weisen nicht gibt. Der Position bezieht, sich um Aufklärung über Zusammenhänge und Fakten bemüht, damit sich jede und jeder eine Meinung bilden kann. Der auch fragt, was aus der Aufregung geworden ist, wenn schon die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird. Die Latte hängt also hoch, und wir springen nicht immer drüber.

Aber so ganz falsch können wir nicht liegen. Immerhin wurden wir mit einem Text von Anna Hunger nominiert für den renommierten Theodor-Wolff-Preis. Unsere Meinung ist gefragt, wenn es um gemeinnützigen Journalismus geht. Und wenn ab und zu das Staatsministerium ins Schwitzen gerät, wie taz-Kollege Peter Unfried bei seiner Recherche zur 350. Kontext herausgefunden hatte, dann müssen wir wohl das eine oder andere richtig machen.

Das haben wir nicht alleine geschafft, auch wenn jede und jeder in der Redaktion mit Herz und Leidenschaft dabei ist. Wir haben das geschafft mit unseren AutorInnen, die sich, gemeinsam mit der Redaktion, für knappe Honorare und mit großem Engagement ins Zeug legen. Wir haben es geschafft mit unseren SpenderInnen, die wissen, dass guter Journalismus unerlässlich ist für eine demokratische Gesellschaft – und außerdem auch Laune machen kann. Die wissen, dass dieser dritte Weg zwischen Kommerzmedien und öffentlich-rechtlichem Rundfunk ein steiniger ist. Die uns auch in Corona-Zeiten weiter die Treue halten, weil es gerade jetzt eines Journalismus bedarf, der wachsam bleibt und sich nicht auf Kurzarbeit zurückzieht.

500-fachen Dank an sie alle. "Die Guten müssen zusammenhalten, damit sie weiter böse sein können", schrieb uns einst der Kabarettist Max Uthoff ins Poesiealbum. Und zu den Guten gehört auch und nicht zuletzt die Berliner taz, die der kleinen Schwester aus dem Süden Platz in ihrer Wochenendausgabe schuf und ihr von Anfang an unter die Arme griff. Danke nach Berlin.

Ja, wir tippen noch. Und wir wollen das feiern, indem wir unseren LeserInnen und unsere UnterstützerInnen etwas schenken: ein weiteres Dossier und eine umfangreiche Jubiläumsausgabe, die sich demselben Thema widmen: der Erderhitzung.

Die ist längst in Baden-Württemberg spürbar geworden, wo sich die Vegetation verändert und Stadtplaner überrascht sind, dass der Klimawandel kommt. Hätte man schon mal früher mitbekommen können, schließlich gibt es seit seit Jahrzehnten eine Umweltbewegung, die auf Öko-Probleme hinweist (zum Beispiel Franz Alt und Hermann Scheer), und deren Anhänger heute mitunter an der Spitze von Ministerien sitzen. Da wirkt es ernüchternd, wenn das Land eine Millionen Bäume pflanzen will und daran kläglich scheitert. Bitter auch, wenn die nicht allzu grüne Agrarlobby ihre Interessen in der EU vollumfänglich durchzusetzen weiß. Und zuletzt ist da der Elefant im Raum: Wie kann es sein, dass die Wissenschaft seit Jahrzehnten auf eine existenzielle Gefahr für die gesamte Spezies hinweist und sich der globale Trend immer schneller steigender Emissionen ungebrochen fortsetzt? Die Gastautoren Christoph Burger und Michael Weingarten beleuchten diese Frage aus einer psychologischen und einer philosophischen Perspektive.

Jetzt bitte nicht in Depressionen verfallen! Dagegen helfen die Illustrationen von Oliver Stenzel und unser Politcomic Ökodiktator. Von Peter Unfried (Text) und Björn Dermann (Zeichnungen) gewohnt gut in Szene gesetzt. Es darf gelacht werden!

Auch über das S-21-Denkmal des Anarchokünstlers Peter Lenk, das vor wenigen Tagen vor dem Stuttgarter Stadtpalais aufgestellt wurde. Nach zähem Verhandeln und aufreibendem Hindernislauf. Es wäre auch zu blamabel gewesen für den scheidenden grünen OB, wenn sich für die von SponsorInnen finanzierte Skulptur, die die Stadt nicht einen Euro gekostet hat, kein Platz gefunden hätte. Susanne Stiefel und Joachim E. Röttgers haben das Making-of begleitet.

Wir wünschen Vergnügen und hohen Erkenntnisgewinn.


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3 Kommentare verfügbar

  • Thomas Renkenberger
    am 29.10.2020
    Antworten
    Mit Tucho/Peter Panter, zweierlei:
    Begeisterung, Freude am Beruf und „Liebe“ –: So soll es sein!
    Lasset uns denn weiterhin unbeeinflußt von der Klüngelei kleiner Gruppen...das sagen, was wir .... zu sagen haben.
    Und mit Rosa: Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat.
    Bleibt dran!
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