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Ach, Männer

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Es gibt auch gute Nachrichten in diesen Zeiten, zumindest für kaufwütige Jungs: Seit dieser Woche ist bezahlter Beischlaf wieder erlaubt in Stuttgart. Zeitgleich informierte die Stadtverwaltung lustigerweise darüber, dass auf bestimmten Plätzen donnerstags, freitags und samstags ab 23 Uhr kein Alkohol getrunken werden darf, und dass jetzt in der Innenstadt auf der Straße Maske getragen werden muss. Ist die Schlafzimmertür des Bordells geschlossen, kann die Maske runter. Jedenfalls wenn nicht mehr als zwei Menschen im Raum sind. Da werden sich die Männer freuen, die über unseren Artikel "Prostitutionsverbot? Gute Idee" noch geschäumt haben. Veranlasst sah sich die Stadtverwaltung zu diesem Schritt durch das Verwaltungsgericht Mannheim. Das hat vorige Woche einer klagenden Karlsruher Bordellbetreiberin Recht gegeben. Das Verbot sei unverhältnismäßig, weil schon zu lange in Kraft, befand das Gericht. Zudem konnte es nicht erkennen, dass Bordelle zu Corona-Verbreitung beitrügen. Da werden im Rotlichtviertel bei Zuhältern und Barbesitzern die Korken geknallt haben. Aber nicht vergessen: Draußen vor der Tür wieder rauf mit der Maske.

Das mag ein Lichblick sein im ansonsten bitteren grauen Herren-Alltag. Denn schon wieder droht der Männerwelt schweres Ungemach: Natürlich von einer Frau. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, SPD, hat einen Gesetzentwurf zum Sanierungs- und Insolvenzrecht komplett im generischen Femininum, sprich: in der weiblichen Form verfasst. "Geschäftsführerin", heißt es da, "Schuldnerin", "Verbraucherin". Und was ist mit den Kerlen? Die jaulen auf und fühlen sich benachteiligt. Zu Unrecht.

Überhaupt: Benachteiligungen und Ungerechtigkeiten gegen Männer lauern doch hinter jeder Ecke. Das scheint auch der Stuttgarter CDU-OB-Kandidat Frank Nopper zu befürchten. Jedenfalls war er nicht bereit, sich einfach so den Fragen von Stefan Siller zu stellen. Vielmehr wollte er die Fragen vorher schriftlich und keine einzige über diesen Kanon hinausgehende zulassen. Das widerspricht sämtlichen journalistischen Gepflogenheiten. Dem Kollegen Siller ist das in seiner journalistischen Laufbahn nur einmal passiert: Beim kubanischen Botschaftler. Auch da entschied er wie bei jetzt bei Nopper: Dann eben nicht.

Dreistigkeit und Dummheit sind übrigens geschlechtergerecht verteilt. Jüngst in Bühl redeten auf einer "Querdenker"-Veranstaltung die AfD-Rechtsaußen-Landtagsabgeordnete Christina Baum sowie der querdenkende Ex-Polizist Eduard Meßmer vor allem viel Unsinn. Den Ober-"Querdenker" Michael Ballweg, der sich gerne überparteilich gibt, irritiert der Auftritt der AfDlerin nur am Rande. Er ist gerade damit beschäftigt, eine vermeintliche Diskriminierung (lauert eben überall!) seiner selbst anzuprangern. Er schlägt mit Hilfe seiner Online-AnhängerInnen zurück und stört so eine der raren Veranstaltungen zur OB-Wahl für Jugendliche.

Dabei hätten Jugendliche jetzt viel Zeit, um am Bildschirm Wahlveranstaltungen zu verfolgen. Denn vor allem gegen sie richten sich die neuen Stuttgarter Corona-Verbote abends kein Alkohol kaufen und draußen trinken dürfen. Diese Alkoholverbotsverordnung erlischt übrigens am 1. November. Die Parole lautet also: Durchhalten. Eine Parole, die wir hier übrigens auch der Bundesjustizministerin zurufen.
 

In eigener Sache: Im Theaterhaus werden derzeit sonntags OB-KandidatInnen interviewt. Am kommenden Sonntag, 18. Oktober, 11 Uhr, stellt sich CDU-Kandidat Frank Nopper den Fragen von Kontext-Autorin Johanna Henkel-Waidhofer. Übrigens ohne vorab die Fragen anzufordern. Die Reihe ist allerdings nur für Theaterhaus-Mitglieder, sowie First Friends & Friends of Gauthier Dance. Anmeldung unter 0711 40 20 7-20 /-21 /-22 /-23 . Und weiter geht’s mit Kandidaten-Interviews: Am 1. November befragt Kontext-Chefredakteurin Susanne Stiefel den OB-Kandidaten Marian Schreier, am 8. November nimmt sich Kontext-Redakteurin Gesa von Leesen Hannes Rockenbauch vor.


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