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Lebbe geht weider

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Wenn es um Frauenquote geht, kommen Männer ins Hyperventilieren. Doch sie werden sich daran gewöhnen müssen wie ans Dosenpfand oder ans Rauchverbot: Lebbe geht weider.

Feudalismus ist Geschichte! Foto: Jo RöttgersNichts bringt Männer mehr auf die Palme als die Quote. Egal, ob sie nun in Redaktionsstuben sitzen, in der Wirtschaft oder in der Politik. Ausgesprochen steil ist die Palme, die zum Internationalen Frauentag ein "Spiegel"-Redakteur erklommen hat. "Streichelzoo-Journalismus", keift er nun von oben herab. Was bitte, ist eigentlich passiert? Hunderte Journalistinnen rufen in einem Brief in Erinnerung, dass immer noch kaum Frauen auf Chefposten in Funk- und Verlagshäusern sitzen, und mahnen: "Es ist Zeit, etwas zu verändern." Biologisch wird sich das Problem eh lösen, weil Frauen in den Journalistenschulen längst in der Mehrheit sind. Doch es spricht nichts gegen gezielte Frauenförderung, um etwas schneller im 21. Jahrhundert anzukommen.

Sie wirken seltsam altbacken, diese männlichen Abwehrkämpfe, die gebetsmühlenartig zum Besten gegeben werden, wenn es um die Förderung von Frauen geht, sei es in der Wirtschaft, in den Medien oder in der Politik. Aber es hilft nichts, Männer, da müsst ihr durch. Ihr habt schon gelernt, mit Dosenpfand und Rauchverbot zu leben. Da wird es auch gelingen, sich an eine Frau als Chefin zu gewöhnen. "Lebbe geht weider", sagte schon der einstige Trainer von Eintracht Frankfurt, Dragoslav Stepanovic. Vielleicht hilft dieser Trost aus berufenem Munde.

Und wenn die Aufregung gar zu groß wird, dann rate ich zur Tüte. Wer hyperventiliert, so habe ich bei einem Notfall gelernt, muss sich eine Plastiktüte über den Kopf ziehen. Das hilft auf jeden Fall.

Gesellschaften ändern sich nun mal, das zeigt ein kurzer Blick in Geschichtsbücher. Der Feudalismus ist auch Geschichte. Sicher gibt es auch heute noch verarmte Landadlige, die ihren verlorenen Fisch- und Jagdrechten nachheulen. Aber wirklich sexy sind solch vorgestrigen Zuckungen nicht.

Die Quote hingegen schon. Das hat die EU-Kommissarin Viviane Reding erkannt. Sie will den Frauenanteil europaweit in Vorständen und Aufsichtsräten erhöhen. Sie sei kein Fan der Quote, sagt die Justizkommissarin, "aber ich mag sehr, was Quoten bringen". Mehr Frauen in führenden Positionen in der Wirtschaft. Und mehr als die obligatorischen Rosen zum Internationalen Frauentag auf jeden Fall.

Volle Zustimmung, Frau Reding. Nur eine kleine Widerrede: Ich bin ein großer Fan der Quote. Zum einen beschleunigt sie die gesellschaftliche Entwicklung, die eh nicht aufzuhalten ist. Und zum anderen hat die Pawlow-artig folgende Diskussion einen hohen Heiterkeitswert. Dafür sorgen schon die Geschlechter-Taliban in Vorstandsetagen, in Redaktionsstuben oder im Parlament.

Schönen Frauentag allerseits!


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