Ein guter Innenminister sollte das Grundgesetz aus dem Effeff kennen, einen herausragenden schmückt darüber hinaus – oder stattdessen? – ein siebter Sinn. Wir reden von Bundesgroßinnenminister Horst Seehofer. Der verkündete vor einigen Tagen, eine Studie zu Racial Profiling bei der Polizei werde es nicht geben, das sei nicht sinnvoll. Seitdem ist die Verwunderung groß; zuvor hatte er eine solche Studie noch befürwortet. Seehofer indes ließ zur Begründung verbreiten, seine Entscheidung sei unter anderem damit verbunden, dass Racial Profiling bei der Polizei ja verboten sei. Was soll man dann schon untersuchen? So bestechend diese Argumentation in ihrer Zirkularität ist, sie verstellt womöglich den wahren Grund für die Neupositionierung: Wahrscheinlich hatte Seehofer mit seinem siebten Sinn einfach in die Polizei hineingehört, hineingefühlt, seine Chakren maximal geöffnet, und da war kein Zweifel mehr: Racial Profiling, Rassismus gar, das gibt es bei der Polizei nicht.
Mit wohl weniger guten Antennen ausgestattete Zeitgenossen wie der Anwalt Mehmet Daimagüler oder der stellvertretende Stuttgarter Polizeipräsident Thomas Berger, die beide kürzlich in Kontext zu Wort kamen, sollten dies akzeptieren, auch Leute wie Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, der notorisch miesmachende Hamburger Polizeiwissenschaftler Rafael Behr, der Bund Deutscher Kriminalbeamter, der Seehofers Nein kritisierte oder Kontext-Autorin Johanna Henkel-Waidhofer.
2 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 09.07.2020Das Grundgesetz braucht _niemand_ aus dem Effeff kennen.
Zu erkennen ist lediglich, für welche Gegebenheiten im Grundgesetz nachzulesen ist – Recht verstehen, das _muss_ dazu auch ermöglicht sein!
Nun erleben wir, dass…