KONTEXT:Wochenzeitung
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Läddagschwätz

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Heieiei, da hat sich doch glatt einer mit einem anderen über Klimaschutz unterhalten. Wäre eigentlich zu begrüßen, wenn es auf der einen Seite nicht jugendliche Schulschwänzer von Fridays for Future (FfF) und auf der anderen Seite kreuzgefährliche Linksextremisten gewesen wären – solche von "Ende Gelände" etwa ("Kohle stoppen. Klima schützen!"). Nä! Ist das denn die Möglichkeit? Das war am vergangenen Freitag in den "Stuttgarter Nachrichten" zu lesen – Titelseite unten, Pole-Position und damit auch in allen Partnerzeitungen der Region. Die absolut hochbrisanten Infos aus der Schülerszene hat StN-Profilautor Nils Mayer aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage von Daniel Rottmann, Landtags-AfD, extrahiert. Rottmann wollte wissen, inwieweit "Linksextremisten" die FfF-Bewegung infiltrieren. Geht so, antwortete das Innenministerium, Rottmann macht es dennoch "fassungslos", schreibt Mayer, der seinen Beitrag standesgemäß mit "Linksextremisten unterwandern Fridays for Future" betitelt.

Das wird gern gelesen vom StN-Publikum, das klingt schön gefährlich, so total nach RAF 2.0, so voll Umsturz und kurz vor Kommunismus und linksextremer Übermacht, die – natürlich gewaltbereit – versucht, Luft vor Kohleverpestung, Bäume vor dem Tod und die Gesellschaft vor dem turbokapitalistischen Burnout zu retten.

Mayer verweist in seiner Suada auch auf den Verfassungsschutz. Nicht unbedingt die verlässlichste Quelle, wenn man bedenkt, dass dem Amt unter Umständen schon die Teilnahme an einem Erwerbslosenbrunch reicht, um als linksextrem zu gelten.

Apropos extrem: Extrem spendenfreudig waren bisher die Fans von Bildhauer Peter Lenk. 50 000 Euro für seinen S-21-Laokoon sind mittlerweile erfolgreich gecrowdfundet. Und damit die Hälfte der Kosten für das Denkmal, das Stuttgart verschönern soll. 100 000 Euro braucht Lenk insgesamt, wer noch spenden möchte, kann hier klicken.

Und dann der Günther Oettinger. Zum Interview mit Stefan Siller in der vergangenen Kontext-Ausgabe hielt sich der ehemalige Ministerpräsident noch bedeckt, was seine post-EU-kommissarische Zukunft betrifft. Nun kam es doch schon vor seinem Brüsseler Amtsende heraus: Er gründet mit Lebensgefährtin Friederike Beyer die Oettinger Consulting, Wirtschafts- und Politikberatung GmbH. Beratungsfelder: "Endlich so schnell sprechen wie ein Maschinengewehr". Wer das Wochenendseminar "Wie mache ich kreative rhetorische Pausen" bucht, kriegt den Workshop "How to high perform in Läddagschwätz" umsonst dazu, und bereits nach einem Monat regelmäßiger Teilnahme sollen so bekannte Klassiker möglich sein wie "Westlich von Pariss gibt’s nur Kühe und Atlantik". Ne, war nur Spaß. Momentan hat Oettinger ganz andere Sorgen und den unabhängigen Ethikausschuss der EU-Kommission am Hacken. Der prüft noch, ob die Consulting-Nummer überhaupt zulässig ist. Wir sind gespannt und verabschieden uns gewohnt beratungsresistent mit einem kräftigen "Wi ar oall sitting in won boht"!


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2 Kommentare verfügbar

  • a dabei
    am 31.07.2019
    Antworten
    Links ist natürlich immer eine Frage des eigenen Standorts. Das gilt eben sowohl für AfD-Rottmann als auch für die StN. Und wohl auch für den Verfassungsschutz. Und wer ganz weit rechts steht, für den sind schon die FfF-Schüler potenzielle Linksextremisten. Und braune Netzwerker, die gelegentlich…
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